Foodfachzeitung im Internet
Sonntag, 20. April 2025
News, Tipps, …
Druckansicht16.07.2023
FORSCHUNG: Unterschiedlich allergene Proteine in Weizen, Dinkel und Einkorn

Die fünf Weizenarten Einkorn, Emmer, Dinkel sowie Hart- und Weichweizen und ihre Sorten unterscheiden sich deutlich in der Zusammensetzung ihrer Proteine. Dies ist das Ergebnis einer grossangelegten Studie der Universität Hohenheim in Stuttgart und der Universitätsmedizin Mainz. Die Forschenden identifizierten in 150 Mehlproben insgesamt 2.896 verschiedene Proteine. Neben dem Anbauort spielt vor allem die jeweilige Sorte eine Rolle. Das liesse sich nutzen: Proteine, deren Vorkommen vor allem von der Sorte abhängt, könnten durch zielgerichtete Züchtung beeinflusst werden – für eine bessere Backqualität, für bessere Erträge, aber auch für eine bessere Verträglichkeit.

Weizen ist ein wichtiges und in der Regel gesundes Grundnahrungsmittel für die menschliche und tierische Ernährung. Zusammen mit Ballaststoffen, Mineralien und Vitaminen liefert er bei einem Verzehr von 100 bis 150 g Weizenmehl täglich rund 20 Prozent der täglich benötigten Menge an Eiweiss. Gleichzeitig sind die Proteine im Weizenmehl wichtig für seine Backqualität (Gluten). Deshalb ist die Kenntnis über die Gesamtheit aller im Getreide gebildeten Proteine, das sogenannte Proteom, von grosser Bedeutung – sowohl für die Wahl der richtigen Sorte als auch für die weitere zielgerichtete Züchtungsforschung.

Weizen ist jedoch nicht gleich Weizen. Auch wenn sie botanisch eng miteinander verwandt sind, unterscheiden sich die Inhaltsstoffe von Brot- oder Weichweizen (Triticum aestivum ssp. aestivum) und Hartweizen (Triticum turgidum ssp. Durum – für Teigwaren) sowie von Dinkel (Triticum aestivum ssp. spelta), Emmer (Triticum turgidum ssp. dicoccum) und Einkorn (Triticum monococcum ssp. monococcum). Bislang gab es für einen direkten Vergleich jedoch nur wenige aussagekräftige Daten.

Deutlich weniger allergene Proteine in Einkorn

„Bis zu zehn Prozent der Menschen, die mit Weizenmehl hergestellte Produkte essen, klagen hinterher über Beschwerden. Die im Weizen enthaltenen Proteine führen bei ihnen zur sogenannten Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität (NCWS), die bisher weniger gut definiert war, neben der Zöliakie – einer entzündlichen Dünndarmerkrankung, die durch Glutenproteine im Weizen hervorgerufen wird, oder einer klassischen (Soforttyp) Weizenallergie. Daneben gibt es aber auch eine viel häufigere Weizenallergie vom verzögerten Typ, insbesondere bei Patienten mit der Diagnose Reizdarm“, erklärt Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan von der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Dabei unterscheiden sich die untersuchten Weizenarten deutlich in der Menge ihrer potenziell allergenen Proteine. Weichweizen und Dinkel weisen in etwa die gleiche Gesamthäufigkeit an Allergenen auf. Im Vergleich dazu sind diese bei Hartweizen und Emmer circa um das Zweifache und beim Einkorn um das 5,4-fache reduziert. Eine Erklärung für dieses Phänomen haben die Forschenden bislang nicht.

Vor allem die Menge an sogenannten ATIs (Alpha-Amylase/Trypsin-Inhibitoren) unterscheidet sich erheblich. „Sie stehen im Verdacht, für Entzündungsreaktionen verantwortlich zu sein“, erläutert Prof. Dr. Stefan Tenzer vom Institut für Immunologie der Universitätsmedizin Mainz. „Im Vergleich zu den anderen Weizenarten weist Einkorn eine deutlich geringere Menge an ATIs auf.“ Die Forschenden weisen jedoch darauf hin, dass sie das allergene Potenzial ausschliesslich durch Abgleich mit Datenbanken, die auch mögliche allergene Proteine auflisten, abgeschätzt haben. Ob diese Ergebnisse auch klinisch relevant sind, müssten gezielte Studien zeigen.

Einkorn als nachhaltige Kulturpflanze für Grenzertragslagen

Neben der geringeren Menge an potenziellen Allergenen enthält Einkorn im Vergleich zu Weichweizen mehr Eiweiss und deutlich höhere Mengen an sekundären Pflanzenstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen. Auch aus landwirtschaftlicher Sicht sei Einkorn interessant: „Er besitzt eine fast vollständige Resistenz gegen Pilze. Ausserdem kann er wahlweise vor oder nach dem Winter ausgesät werden, was bei anderen Getreidearten nicht der Fall ist“, erklärt Prof. Dr. Longin.

Allerdings liefert Einkorn unter guten Bodenbedingungen einen sehr viel geringeren Ertrag als Weichweizen. „In Grenzertragslagen jedoch, wie sandigen Böden, höheren Lagen in Gebirgsregionen oder dort, wo der Einsatz von Stickstoffdünger nicht möglich ist, werden mit Einkorn gute Ergebnisse erzielt, während die Produktivität von Weichweizen sinkt“, beschreibt der Wissenschaftler ein mögliches Einsatzgebiet. (Unis Hohenheim und Mainz)

Stichworte: .Bäckerei: .Ernährung:
(gb)

News, Tipps, … – die neuesten Beiträge
19.04.2025
dNEWS: Bund legt Ernährungsstrategie 2025-2032 fest
17.04.2025
dFORSCHUNG: Hafer als nachhaltige vegane Proteinalternative
16.04.2025
dNEWS: Grössere Löcher im Emmentaler dank Heublumenpulver
15.04.2025
dTIPP: Brunnenkresse – pfeffriges, gesundes Wildkraut
11.04.2025
dNEWS: 65 Mio CHF Investition für Tobleronefabrik in Bern
09.04.2025dNEWS: Schweizer Bonbon- und Guetzlihersteller exportieren weniger
08.04.2025dWISSEN: Rhabarber – Gemüse oder Frucht?
07.04.2025dKOMMENTAR: Cannabidiol im Trend – nutzlos, riskant, illegal
01.04.2025dTIPPS: Die besten Delikatessen zum 1.April
31.03.2025dWISSEN: Mild-aromatischer Senfkohl «Pak-Choi»
28.03.2025dTIPP: Pudding do it yourself
27.03.2025dKOMMENTAR: Viel Misstrauen gegenüber Biolebensmittel
25.03.2025dNEWS: Migros mit erfolgreichem Geschäftsjahr 2024
24.03.2025dFORSCHUNG: neuartige Elektrokatalytische Sterilisierung
23.03.2025dWISSEN: gesunder Chicorée aus der Dunkelkammer
20.03.2025dNEWS: Fleischangebot im 2024 gestiegen aber Inlandanteil gesunken
19.03.2025dTIPP: Knoblauch schneiden oder pressen ist Geschmacksfrage
16.03.2025dWISSEN: gesunder südamerikanischer Mate-Tee
14.03.2025dSAISON: Spinat – vielseitig, gesund aber wirklich eisenreich?
09.03.2025dTIPP: Koriander, ein Gewürz mit Charakter
06.03.2025dWISSEN: Vielseitige gesunde Kartoffeln
03.03.2025dTIPP: Wein- und Genussmesse Schlaraffia 2025
28.02.2025dNEWS: Coop lanciert neue Eigenmarke für Nebenstrom-Produkte
27.02.2025dNEWS: Vitamin D-angereichertes Mehlwurmpulver als Zutat erlaubt
26.02.2025dWISSEN: Warum die meisten Bitterstoffe positiv wirken
23.02.2025dKOMMENTAR: Mehr Fleischalternativen auf dem Teller wenn Preise sinken
20.02.2025dSAISON: Weisskohl – gesund und vielseitig
18.02.2025dNEWS: Coop wächst und prosperiert
17.02.2025dFORSCHUNG: Mit Ackerbohnenprotein Mundgefühl verbessern
16.02.2025dNEWS: Mikrobe des Jahres produziert Umami-Geschmack
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland