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SAISON: vielseitige Kastanien – Wissenswertes und Tipps

Die Kastanie ist sehr vielseitig: man kann sie nicht nur geröstet oder gekocht essen. Am besten bekannt sind Marroni als Rohstoff für Vermicelles und Marrons glacés, oder glasiert als Beilage zu Wildgerichten. Aus frischen Kastanien kann man edlere Vermicelles und Patisserie produzieren als aus Standard-Tiefkühl-Püree. Aus dem Mehl entsteht trendiges Brot und Gebäck, aber auch Teigwaren und Bier.

Kandierte Kastanien sind eine Spezialität in mehreren Confiserien aber besonders der Tessiner Konditorei von Sandro Vanini, welche übrigens dieses Jahr das 50-Jahr-Jubiläum feiert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Marrons Glacés in Handarbeit im hinteren Teil einer kleinen Werkstatt hergestellt, heute kommen moderne Methoden zum Einsatz. Die Früchte werden gekocht und in eine Zuckerlösung getaucht, welche sehr langsam in die Maronen eindringt. Sind die Früchte fertig kandiert, werden sie zum Abtropfen auf spezielle Gitter gelegt. Danach erfolgt das Überziehen mit einer Zuckerglasur.

Die Kastanie war früher das wichtigste Grundnahrungsmittel des Tessins bis Mais und Kartoffel sie verdrängten. Das Interesse an der Kastanienkultur hat in den letzten Jahren aber wieder zugenommen. Die Fläche der Kastanienwälder beträgt heute wieder über 2000 Hektaren. Weniger als ein Zehntel wird tatsächlich genutzt.

Wenig Fett und kein Gluten

Im Volksmund sowie botanisch werden die Kastanien den Nüssen zugeordnet. Verglichen mit anderen Nussarten enthalten Esskastanien wenig Fett, d.h. nur 1,9%. Sie sind verhältnismässig kalorienarm und haben einen sehr hohen Vitamin C-Gehalt. Kastanien sind glutenfrei, das Mehl kann deshalb von Zöliakie-Patienten verwendet werden.

Da Nüsse meist sehr fett- und kalorienreich sind, werden folglich auch Kastanien landläufig als Dickmacher betrachtet. Doch zu unrecht. Sie gleichen in ihrer Nährstoffzusammensetzung mehr den Stärkebeilagen wie Kartoffeln und Getreideprodukte. Sie sind fettarm, kohlenhydrathaltig und nahrungsfaserreich. Dies bedeutet natürlich nicht, dass sie in beliebigen Mengen verschlungen werden können - auch zu viele Kohlenhydrate können dick machen. Eine vernünftige Portion entspricht in etwa 100 bis 150 Gramm. Edelkastanien können roh und gekocht gegessen werden. Gekocht sind sie jedoch leichter verdaulich und schmecken auch besser, da sich erst durch die Hitzeeinwirkung das volle Aroma entwickelt.

Tipps und Tricks

Sind die Kastanien reif und fallen vom Baum, verderben sie schnell. Werden sie nicht innerhalb von zwei Tagen aufgelesen, werden sie von Würmern und Schimmel befallen. Um die Kastanien haltbar zu machen, legt man sie während 45 Minuten in ein 50 Grad Celsius heisses Wasserbad und kühlt sie anschliessend mit kaltem Wasser ab. Diese Prozedur dient der Entwurmung.

Für die Herstellung von geschälten Kastanien lässt man sie trocknen. Damit die Kastanien als gebratene Marroni gegessen werden können, legt man die Früchte nach dem Warmwasserbad über Nacht in kaltes Wasser und lässt sie dann an einem warmen Ort trocknen. Somit können die Marroni bei einer Temperatur unter 10 Grad Celsius bis zu vier Monaten gelagert werden.

Wer selber Edelkastanien sammelt, der sollte darauf achten, dass die Früchte schwer und fest sind, die Schale soll glatt und glänzend sein. Ein weiteres Zeichen dafür, dass sie frisch sind: Im Wasser schwimmen sie nicht, sondern fallen herunter. Für die Zubereitung müssen die Kastanien auf der einen Seite eingeschnitten und dann im Ofen geröstet oder im Wasser gekocht werden. So lässt sich auch die ledrig-hölzerne Haut unter der Schale entfernen.

Kastanien kann man zwar auch roh essen, dazu müssen sie zuvor von ihrer Schale und der darunterliegenden Samenhaut befreit werden. Sie haben einen leicht nussigen, aber sehr dezenten Geschmack und gelten als eher schwer verdaulich und blähend. Ein kulinarisches Vergnügen sind sie also nicht unbedingt. Das typische Aroma und die Süsse bilden sich erst beim Rösten oder Kochen.

Wer selber einen Edelkastanienbaum in der Nähe hat, kann die Früchte einsammeln – sie sollten nicht zu lange liegen bleiben –, sie 45 Minuten lang in ein heisses Wasserbad einlegen und anschliessend mit kaltem Wasser wieder abkühlen. So werden die Marroni entwurmt. Dabei zeigt sich auch, welche Marroni nicht mehr geniessbar sind: Nämlich diejenigen, die an der Wasseroberfläche schwimmen. Die Marroni können dann an einem warmen Ort getrocknet und anschliessend gebraten werden. Frische Kastanien in der Schale kann man bei Raumtemperatur eine Woche aufbewahren und in einem perforierten Placticbeutel einen Monat im Kühlschrank. Tiefgekühlt halten sie bis sechs Monate.

Die besten Kastaniensorten

Die bei uns bekannten Marroni sind eine besonders edle Form der Edelkastanien. Die Abgrenzungskriterien sind aber eher kommerzieller als botanischer Art und unterscheiden sich von Land zu Land. Bei den Kastanien-Sorten gibt es Unterschiede: Wissenschafter der Eidgenössischen Forschungsanstalten Changins (RAC), Wädenswil (FAW) sowie Birmensdorf (WSL) untersuchten den Einfluss des Röstprozesses auf die Zusammensetzung und die degustative Qualität von Edelkastanien. Im Test wurden drei Lokalsorten aus dem Tessin «Lüina», «Pinca» und «Torción negro», die italienische Handelssorte «Marrone di Cuneo» sowie die französische Sorte «Marigoule», berücksichtigt.

Wie bei anderen Früchten spielt auch bei Kastanien der Zuckergehalt beziehungsweise die Süssigkeit eine entscheidende Rolle für die Akzeptanz beim Konsumenten. Die italienische «Marrone di Cuneo» erhielt im Test die höchste Note, dicht gefolgt von der Tessiner Lakolsorte «Lüina». Als ungenügend eingestuft wurden die zwei übrigen Tessinersorten «Pinca» und «Torción negro» sowie die französische «Marigoule». 36 geschulte Degustatorinnen und Degustatoren beurteilten die gerösteten Marroni hinsichtlich der Kriterien Schälbarkeit, Aroma, Süssigkeit, Fruchtfleischbeschaffenheit und Akzeptanz mit Hilfe einer 10 Punkte-Skala.

Hierzulande wachsen die Marroni vor allem im Tessin und vereinzelt südlich des Genfersees und in der Zentralschweiz. Ein Edelkastanienbaum kann bis zu 500 jährig werden. Bis der Baum erstmals Früchte trägt, vergehen meist 10 bis 15 Jahre. Danach vergehen weitere Jahrzehnte, bis er seine volle „Leistung“ erreicht. Der Kastanienbaum braucht ein mildes Klima. Er ist im Mittelmeerraum und in Kleinasien beheimatet. In diesen Gegenden gehörte die Edelkastanie lange Zeit zu den Grundnahrungsmitteln wie beispielsweise bei uns die Kartoffel.

Rosskastanien sind ungeniessbar

Erstaunlicherweise gehören Rosskastanie und Edelkastanien (Castanea sativa) nicht zur selben botanischen Familie, was bei Betrachtung der beiden Bäumen jedoch schnell ersichtlich wird. Die Rosskastanie gehört zu den Rosskastaniengewächsen, die Edelkastanie zu den Buchengewächsen und ist damit verwandt mit Buchen und Eichen. Die Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) ist ein bei uns weit verbreiteter Park- und Alleebaum.

Schön anzuschauen sind beide Früchtearten, doch zum Gaumenschmaus eignet sich nur die Edle. Der Verzehr einer Rosskastanie kann sich hingegen unangenehm rächen. Die Samen enthalten reichlich Saponine, welche Übelkeit, Bauchschmerzen und Erbrechen auslösen können. Auch Hautrötungen, erweiterte Pupillen, Angstgefühle, Muskelschwäche, Bewusstseinstrübung und Schläfrigkeit wurde nach Verzehr von Rosskastanien beschrieben. Als kritische Dosis wird eine Kastanie betrachtet. Wurde eine einzelne Rosskastanie gegessen bzw. verschluckt, muss viel Wasser getrunken werden. War die Kastanie sehr gross oder waren es mehrere Stück, sollte ein Arzt aufgesucht werden. (Text: LID / SGE, BZfE)
(gb)

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