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KOMMENTAR: (Un)gute Mariages mit Schokolade

Mariages sind in Mode, werden heute aber öfters «Food Pairings» genannt. Gemeint sind Kombinationen von zwei oder mehr Delikatessen, die gemeinsam genossen zu einem besonderen Gourmet-Erlebnis führen. Klassische Mariages sind Wein, Käse und Brot, aber auch in der süssen Welt findet man traditionelle Beispiele.



Schokolade wird mit vielem kombiniert: Liqueur, Schnaps, Milch, Erdbeeren, Kaffee und nun auch Wein. Welche Mariages sind sensorisch sinnvoll und welche eher marketingmässig?


Patrick Zbinden, Sensoriker und Food-Journalist schreibt in seiner Website «patrickzbinden.ch»: «Rum, Cognac, Whisky aber auch Schnäpse verschiedener Sorten, wie z.B. Birnenschnaps oder Kirsch bilden zusammen mit Schokolade fast immer Traumpaare. Auch das Aroma von Kaffee und Tee in Kombination mit Schokolade ergibt fast ausnahmslos eine exquisite kulinarische Vereinigung».

Zbinden führte an einer Berner FBK-Messe Mariage-Seminare mit Couverture und Wein durch und zwei Jahre früher dasselbe mit Kaffee. Das Hotel Seedamm Plaza in Präffikon SZ offerierte Prosecco-Truffes: «Feinste Grand Cru Schokolade in herrlicher Verbindung mit dem spritzigen Prosecco ergibt eine wunderbare Harmonie», war auf der Hotel-Website zu lesen.

An einer Schlaraffia-Messe in Weinfelden taten sich die Confiserie Wellauer mit der Distillerie Fassbind zusammen und demonstrierten den Besuchern das Traumpaar von Schokolade mit Single Malt Whiskys. Schokolade und Edelbrände sind traditionelle Mariages aber Wein ist relativ neu. «Wein & Schokolade" ist nicht nur als Dessertkombination gedacht, sondern findet als genussvoller Doppelpack genauso Akzeptanz», schrieb auch der deutsche Agrarinformationsdienst aid in seinem Newsletter.

Kommentar der Redaktion

Früher hätten sowohl Weinhändler wie auch Confiseure den Gedanken einer Wein-Schokolade-Mariage weit von sich gewiesen - nur Edelbrände galten als harmonisch. Dies hatte einen triftigen Grund, der auch heute noch zutrifft: die fettreiche Schokolade kann mit wasserreichen Lebensmitteln im Gaumen keine innige Emulsion bilden, welche Voraussetzung für einen gleichzeitigen Geschmackseindruck wäre. Die Zunge nimmt statt dessen abwechslungsweise Fettnoten und wässerige Stoffe wahr.

Nur mithilfe von Alkohol oder Emulgatoren kommt eine Vereinigung zustande. Schnäpse besitzen genug Alkohol, der die Fettlöslichkeit der Mischung im Gaumen verbessert. Dasselbe gilt für Milch, welche den Emulgator Lecithin enthält.

Ein weiterer Grund für die sinnvolle Edelbrand-Schokolade-Mariage ist ein Ergänzungseffekt: Fett und Zucker vermögen die Alkoholschärfe abzustumpfen. Oder umgekehrt gesagt: der Alkohol verleiht der starken Fett/Zucker-Note ein Gegengewicht. Weine dagegen besitzen nur einen Drittel soviel Alkohol wie Spirituosen, daher ist eine angemessene Mariage physikalisch nur möglich, wenn man entsprechend wenig Schokolade mit dem Schluck Wein im Gaumen kombiniert. Allerdings übertrumpfen dann die stärkeren Säuren des Weins die eleganten dezenten des Kakaos.

So oder so ist das gleichzeitige Verkosten trickreich: den dünnflüssigen Wein kann man kaum zeitgleich mit der dickflüssigen Schokolade schlucken – die Mariage wird eher ein Nebeneinander als ein Miteinander. Und es stellt sich eine weitere Grundsatzfrage: ist es sinnvoll, zwei intensiv schmeckende edle Produkte gleichzeitig in den Mund zu nehmen, die beide einen Soloauftritt verdient hätten? Das eine stiehlt nämlich dem andern die Show, und der Genuss weicht einem eher irritierenden Erlebniseffekt.

Wein harmoniert jedoch gut mit Käse und Wurst, welche sowohl eine Fett- wie auch eine Wasserphase aufweisen. Der Fettgehalt ist nicht unbedingt geringer als in Schokolade, aber das Fett ist wie in der Milch gut emulgiert. Und Schokolade harmoniert bei Kaltgetränken am besten mit Milch dank deren Lecithingehalt und weil ihr Geschmack so dezent ist, dass sie die Edelschokolade nicht konkurrenziert sondern ergänzt. Sie kann aber auch mit heissen Getränken wie Kaffee kombiniert werden. In diesem Fall sorgt die höhere Temperatur für eine verbesserte Fettlöslichkeit.

Konkurenzkampf im Gaumen

Dennoch stellt sich auch beim Kaffee die Frage, ob es nicht schade um zwei Gourmetprodukte sei, die einander im Gaumen die Show stehlen. Ausserdem sind beide bitterkeitsbetont – bei einer Mariage sollte man die Bitterkeit des Einen eher mit Lieblichkeit des andern ausgleichen und nicht verstärken. Ausser man sei einer der seltenen Bitter-Liebhaber.

Noch besser als ein heisses Kaffeegetränk passt pürierter Mahlkaffee als Zutat zum Schokoladerezept: Wenn man Mahlkaffee zusammen mit Kakaomasse und Zucker walzt, wird er so fein, dass man keine Sandigkeit mehr spürt, und die Schokolade erhält eine interessante Aromatisierung.

Solche Massiv-Moccaschokoladen wurden in der Schweiz von gefüllten Tafeln verdrängt, meistens mit reiner Fettfüllung und daher mit dominanter Fettnote. Was dem Markt dagegen fehlt sind nebst massiven Moccaschokoladen gefüllte mit Mocca-Canache. Und von Champagner-Truffes ist der Sprung zu Weincanache-Truffes dann auch nicht mehr weit.

Verkaufserfolg wegen oder trotz der Mariage?

Auch wenn Mariages sensorisch betrachtet Liebhabereien sind, so können sie doch marketingmässig Erfolg haben. Zum Einen kann der weltoffene Confiseur mit kombinierten Empfehlungen für herkunftsreine Schokolade und dazu passenden Weinen oder Edelbränden Kompetenz demonstrieren und zum Andern zwei Produkte gleichzeitig als Varietypack verkaufen.

Welche Sorten zueinander passen ist Geschmackssache abgesehen von der Regel, dass man nicht eine edle dezente Komponente mit einer weniger edlen dominanten verheiraten sollte. Aber die andern drei Kombinationen sind sinnvoll und üblich:

Eine dezente wie Milch passt ideal zu einer edlen kräftigen wie Grand cru-Schokolade (Bild). Eine edle kräftige wie Kaffee kann es mit einer ebenfalls edlen kräftigen wie Schokolade aufnehmen. Dasselbe gilt für reifen Sbrinz und alten Balsamico. Auch zwei dezente edle führen eine harmonische Ehe, etwa Vanille mit Eigelb in einer Glace. Oder weisse Spargeln mit Sauce Hollandaise.


Nicht sinnvoll und bei Gourmets als barbarisch gilt unedles Kräftiges mit Edel-Dezentem, etwa Kaviar oder Rauchlachs mit Zitronensaft und Zwiebeln. Ausser man sei ein Zwiebel-Liebhaber und verwende Kaviar als Würzung, aber dazu reicht auch der billige Seehasenrogen. Für Beluga wäre diese Muss-Heirat zu schade.

Bourbon-Vanille und frische Erdbeeren?

Um wieder in die Confiseriewelt zurückzukehren: Macht es eigentlich Sinn, einer kräftigen dunklen Schokolade die dezente edle Bourbon-Vanille zuzugeben? Noch vor zehn Jahren verwendete man Vanillin. Geübte Gaumen stellen sicherlich einen Unterschied fest, aber Vanille-Liebhaber bevorzugen ihren Bourbongeschmack in einer Glace oder Creme, wo er seinen Soloauftritt haben darf. Marketingmässig ist jedoch die Deklaration Bourbonvanille auf jeden Fall erfolgsversprechender als das synthetische Vanillin.

Eine erfolgreiche Mariage ist die frische ganze Erdbeere in Schokolade trempiert. Sensorisch bedeutet sie allerdings eine Gratwanderung, weil die wasserhaltige Erdbeere den Schmelz der Schokolade stört. Solange der Überzug dünn ist, liegt das Gleichgewicht auf der Beeren- bzw Wasserseite, und der Konkurrenzkampf fällt nicht stark auf.

Aber grundsätzlich eigenen sich halbkandierte, mit Schnaps marinierte oder getrocknete Früchte mit tieferem Wassergehalt besser für eine Schoggi-Mariage – jedenfalls sensorisch betrachtet. Aus Marketingsicht ist wiederum die frische reife Erdbeere mit Grand cru-Couverture das Non plus Ultra. Um bei den Schweizer Früchten zu bleiben: auch halbierte Aprikosen und Zwetschgen sind vielversprechende Kandidaten. (GB)
(gb)

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