Foodfachzeitung im Internet
Dienstag, 30. Mai 2023
Tipp
23.05.2023
Messetipp: Metzgereimesse Süffa 2023

Energieeffizienz, verlustarme Technologien und Arbeitsprozesse sind wichtige Themen der SÜFFA 2023. Wie immer mit Neuheiten bei Technik und Rohstoffen. In Stuttgart 21. bis 23. Oktober 2023.
News, Tipps, …
Druckansicht29.06.2021
TIPPS: Gelier- / Verdickungsmittel und -methoden

Von Gelierung spricht man, wenn ein Produkt zwar wasserreich aber dennoch schnittfest ist. Rheologen bezeichnen dies als hohe Fliessgrenze im Gegensatz zu einer hohen Viskosität. Viskose Produkte fliessen unter Scherstress ohne zu brechen, thixotrope dagegen fliessen unter Stress und bilden im Ruhezustand wieder eine Fliessgrenze. Bei Gelen unterscheidet man zwischen elastischer und plastischer Konsistenz, je nachdem, ob sich die Form nach dem Stress zurückbildet oder nicht (auch Zwischenformen kommen vor). Gummibärchen beispielsweise sind elastisch, und Marzipan oder Quark bei fünf Grad sind plastisch.

Sowohl Verdickungs- wie auch Geliermittel immobilisieren bzw binden das Wasser durch Wasserstoffbrücken, aber nur Geliermittel bilden gleichzeitig ein dreidimensionales molekulares Netzwerk aus. Stofflich bestehen sie aus Proteinen oder Polysacchariden (Hydrokolloiden). Sehr dickflüssige Produkte wie Zuckerfondant können kurzzeitig eine Fliessgrenze vortäuschen (pseudo-plastisch), und einige zu niedrig dosierte Geliermittel erhöhen die Viskosität, bevor sie eine Fliessgrenze ausbilden.

In gewerblichen Konditoreien verwendet man zum Gelieren gemäss Angaben der Fachschule Richemont Blatt- oder Pulvergelatine, Agar-Agar in Pulverform, gebrauchsfertige oder konzentrierte Pektingelées, Pektinpulver für Konfitüren und kalt streichbare Geliermittellösungen, wenn der Glanz im Vordergrund steht: Diese Kaltgele sind oft thixotrop und daher weniger formstabil.

Sie basieren gemäss der Zusatzstoff-Firma Smart Trading entweder auf zwei Phasen, die kurz vor der Gelierung gemischt werden (hochverestertes Pektin und als zeitverzögerter «Starter» Säure und Calcium). Oder für einphasige verwendet man Compounds aus niederverestertem Pektin mit Johannisbrotkernmehl (JBKM).

Bei der industriellen Herstellung von Konditoreiwaren werden üblicherweise pektinbasierte Fruchtglasur-Konzentrate von 70 Brix auf 40 Brix verdünnt und durch Sprühen bei 85 Grad appliziert. Für das Gelieren von Cremetorten verwendet die Industrie oft Flüssig-Halbfabrikate basierend auf Carragenan oder Alginat und für das Mundgefühl zwei bis drei Prozent Stärke.

Gewerbliche Konditoren dagegen bevorzugen oft heiss oder kalt lösliche Pulvermischungen. Kaltcremen bestehen gemäss Smart Trading meistens aus Alginaten oder Carragenanen. Alginate gelieren calciuminduziert. Damit die Gelierung zeitverzögert eintritt, komplexiert bzw «beschwert» man das Calcium mit Phosphaten, so dass es verlangsamt abgegeben wird.



Mit Alginat gelierter Erdbeersaft: in der molekularen Küche als Dekorperlen verwendet.


Verdicken statt Gelieren

Oft ist keine Gelierung nötig, sondern eine hohe Viskosität reicht aus, etwa bei Cremeschnittenfüllungen. Dazu verwendet man Alginate und Stärken. Zum Verdicken eignen sich zwar Zutaten (ohne E-Nummern), aber sie wirken nur in wesentlich höherer Dosierung als Zusatzstoffe und belasten dadurch das Rezept mit meistens unerwünschten Kalorien. Beispiele: Fette, Rahm, Eigelb, Stärke und Dextrine. Verdickungsmittel dagegen erzeugen ein cremiges Mundgefühl ohne eine Energiewert-Steigerung.

Stärke besitzt ferner unangenehme sensorische Begleiterscheinungen wie Kleistrigkeit und Sandigkeit bei hoher Dosierung. Aber geringe Stärkemengen ergeben ein cremiges Mundgefühl, und Eigelb liefert ausserdem einen typischen Geschmack, der eine Vanillecreme veredeln kann.

Meistens verwendet man zum Verdicken modifizierte Stärke (vorverkleisterte, teil-abgebaute) mit günstigerem Dosis-Wirkungsverhältnis und besserer Löslichkeit bei tieferen Temperaturen. Trotzdem ist sie gemäss dem Zusatzstoff-Spezialisten Hanspeter Dietrich von der Firma Eurofins kein sinnvoller Ersatz für Geliermittel ausser in einer Clean Label-Rezeptur. Auch Eiweiss hat verdickende Wirkung, ist aber ein Grenzfall: in genügend hoher Dosierung geliert es.

Gelier- und Verdickungsmittel im Überblick

Gelatine: keine E-Nummer, Kollagenprotein aus Schwarte, transparentes Gel, thermoreversibel, wird durch Säure und Proteasen (zB in Ananas) abgebaut

E 400 bis 405: Alginate: kalt löslich, verdickend, gelierend mit Calcium und Säure, pseudoplastisch oder elastisches Gel, teuer, im Gaumen kalt wirkend. Aus Braunalgen

E 406: Agar-Agar: schnell gelierend aber mit variierender Gelierkraft, löslich durch Kochen, geschmacksneutral, empfindlich gegen Säuren und Fett, temperaturstabiles Gel, unverdaulich, aus Rotalgen. Teuer.

E 407: Carragenan: warm löslich, gelierend, pH-empfindlich. Aus Rotalgen

E 410: Johannisbrotkernmehl (, JBKM, Carob, Locust Bean Gum): vollständig löslich bei 80 Grad, verdickend, verdauungsfördernd. Aus Hülsenfruchtkernen

E 412: Guar: kalt löslich, verdickend, pH-empfindlich. Aus Hülsenfrucht.

E 414: Gummi Arabicum: Verdickungsmittel aus dem Harz des afrikanischen Akazienbaums. Verhindert die Zuckerkristallisation.

E 415: Xanthan: kalt löslich, verdickend, säurestabil

E 440: Pektine: aus Obst, transparentesGel, nicht thermoreversibel (behalten die Struktur beim Erwärmen), verestert mit Carboxylgruppen, am stabilsten bei pH 3 bis 4. Hochveresterte Pektine (Veresterungsgrad 50-75%): warm löslich, weich elastisch gelierend mit Säure und Zucker. Nicht thermoreversibel, säurestabil.Niederveresterte Pektine (Veresterungsgrad 7-50%): gelierend mit wenig Säure aber Calium-induziert. Thermoreversibel, säurestabil.

E 461 bis 466: Cellulosederivate: chemisch veränderte Cellulose. Methylcellulose verdickt in der Wärme – eine einzigartige Eigenschaft.

E 1404 bis 1451 oder ohne E-Nummer: Modifizierte Stärken: je nach Typ kalt oder warm löslich, verdickend, aus Getreide oder Knollen.

Text: GB, Quellen: Danisco, Smart Trading, Eurofins Scientific AG
(gb)

News, Tipps, … – die neuesten Beiträge
29.05.2023
dNEWS: Konsumenten bevorzugen Lebensmittel aus der Schweiz
24.05.2023
dTIPPS: Darf man Gepökeltes grillieren?
22.05.2023
dKOMMENTAR: Schmackhaft und trotzdem gesund
21.05.2023
dSAISON: gesunde Artischocke richtig verarbeiten
19.05.2023
dWISSEN: Wie gesund ist Senf? Tipp: do it yourself
17.05.2023dKOMMENTAR: Warum steigen die Lebensmittelpreise?
16.05.2023dTIPPS: Rüstabfälle verwerten statt wegwerfen
15.05.2023dFORSCHUNG: Uni Hohenheim entwickelt veganen Krustenschinken
14.05.2023dNEWS: Nestlé gründet Forschungsinstitut für nachhaltige Lebensmittel
10.05.2023dKOMMENTAR: Vor- / Nachteile von veganem Käseersatz
08.05.2023dFORSCHUNG: Stimmungsaufhellende Substanzen in der Schokolade
07.05.2023dTIPPS: Energie sparen beim Backen
03.05.2023dNEWS: Getränkehersteller reduzieren 10% Zucker bis 2024
02.05.2023dNEWS: weniger Weinkonsum aber mehr Schweizer Wein
01.05.2023dFORSCHUNG: ökologische Proteinsynthese aus CO2 der Luft
30.04.2023dNEWS: Neue Regeln für Nutri-Score bei Getränken
26.04.2023dTIPP: Kräuter-Pesto do it yourself
25.04.2023dNEWS: weltweit innovativste Süsswaren prämiert
24.04.2023dFORSCHUNG: Ursachen von Foodwaste im Haushalt
23.04.2023dKOMMENTAR: Gentechnik im Biolandbau weiterhin «No-Go»
19.04.2023dTIPP: Zerdrückter Knoblauch ist gesünder
17.04.2023dFORSCHUNG: Neue Studie vermutet Nitrosamin-Risiko
16.04.2023dWISSEN: Präbiotika, Probiotika, Postbiotika - was ist der Unterschied?
12.04.2023dKOMMENTAR: Keine Süsswarenwerbung für Kinder reicht nicht
11.04.2023dTIPPS: So behalten Küchenkräuter ihr Aroma
10.04.2023dFORSCHUNG: Gehirn lernt Fett/Zucker-reiches zu lieben
06.04.2023dWarum essen wir am Karfreitag Fisch?
05.04.2023dItalien will Herstellung und Verkauf von Laborfleisch verbieten
04.04.2023dKOMMENTAR: Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft – Vision für 2050
03.04.2023dTIPPS: Eier perfekt kochen oder einfrieren
Ecke für Profis
26.05.2023
.GASTRONOMIE: Zartes Fleisch für Senioren

Die Freude am Essen kann durch altersbedingte Beiss- und Kauprobleme beeinträchtigt sein – vor allem ein Problem bei Fleisch. Langes Schmoren, Niedergaren oder das trendige Zupfen eignet sich für Seniorengerichte.




Navigations-Tipp:
Für die Smartphone-Ansicht klicken Sie auf Druckansicht.



©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland