Foodfachzeitung im Internet
Freitag, 20. Juni 2025
Ecke für Profis
Druckansicht18.05.2025
.ERNÄHRUNG: Protein-Angereichertes macht noch keine Diät
Neue Studie zeigt: auch „High Protein“-Produkte verleiten zum Überkonsum. Man isst zu viel, zu schnell, zu kalorienreich.



Auch proteinreiche Produkte fördern Übergewicht


Müesliriegel für den Muskelaufbau, Fitnesspizza oder Proteinpudding: Immer mehr Lebensmittel im Supermarkt werben mit dem Zusatz „High Protein“ und vermitteln den Eindruck, gesünder zu sein oder beim Abnehmen zu helfen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Ein Forschungsteam der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) hat nun untersucht, ob proteinangereicherte Fertigprodukte einen Unterschied machen und kommt zu einem klaren Ergebnis:

Auch diese Produkte führen zu Überessen, wenngleich in etwas abgeschwächter Form. „Hochverarbeitete Lebensmittel haben Eigenschaften, die auch bei Anreicherung mit zusätzlichem Eiweiss weiterhin eine zu hohe Energieaufnahme fördern – und damit das Risiko für Übergewicht steigern“, betont Professorin Anja Bosy-Westphal vom Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde.

Für die Studie wurden 21 junge Erwachsene in sogenannten Stoffwechselräumen untersucht. Dort konnten die Forschenden die aufgenommene und verbrauchte Energie präzise messen. Die Teilnehmenden erhielten nacheinander zwei Diäten mit hochverarbeiteten Lebensmitteln: einmal in normaler, einmal in proteinreicher Variante. Essen konnten sie so viel sie wollten. Bei der proteinreichen Variante lag die tägliche Kalorienaufnahme zwar rund 200 Kilokalorien niedriger und der Energieverbrauch war rund 130 Kilokalorien höher. „Dennoch blieb ein deutlicher Überschuss – es wurden rund 18 Prozent mehr Kalorien gegessen, als der Körper verbrauchte. Bei der normalen Variante waren es sogar 32 Prozent“, berichtet Dr. Franziska Hägele.

Hochverarbeitete Lebensmittel wie Fertiggerichte, Snacks, aromatisierte Joghurts oder proteinreiche Riegel zeichnen sich durch eine Reihe typischer Eigenschaften aus: Sie enthalten viele Kalorien pro Gramm, sind besonders schmackhaft und lassen sich oft schnell und ohne viel zu Kauen essen. „Diese Kombination macht es schwer, rechtzeitig mit dem Essen aufzuhören“, erklärt Anja Bosy-Westphal.

Warum helfen dann proteinreiche Varianten zumindest ein bisschen? Zum einen benötigt der Körper mehr Energie, um Eiweiss zu verdauen – ein Teil der Kalorien verpufft also gleich wieder. Zum anderen beeinflusst Eiweiss das körpereigene Hungergefühl: Das Hungerhormon Ghrelin sinkt, während Sättigungshormone wie Peptid YY steigen.




„Ausserdem haben wir beobachtet, dass eiweissreiche Produkte langsamer gegessen werden, etwa weil sie eine andere Konsistenz haben“, erläutert Bosy-Westphal. „Das gibt dem Körper mehr Zeit, Sättigungssignale zu senden.“ Doch entscheidend bleibt: Nicht das Eiweiss ist das Problem, sondern die Art des Lebensmittels. „Auch ein angereicherter Pudding lässt sich schnell essen und schmeckt genauso gut wie ein normaler. Also isst man auch davon mehr als man braucht“, fasst Franziska Hägele zusammen.

Für die meisten unnötig, für wenige hilfreich

Etwa die Hälfte der täglichen Kalorienaufnahme hierzulande stammt aus hochverarbeiteten Lebensmitteln. Eiweisszusätze – meist aus kostengünstigem Milcheiweiss – machen diese Produkte nicht automatisch gesünder. Für die breite Bevölkerung ist die zusätzliche Eiweisszufuhr auch überflüssig. „Die meisten Menschen essen mehr als genug Protein“, sagt Anja Bosy-Westphal. Eine Ausnahme sieht sie bei älteren Menschen mit chronischen Erkrankungen, bei Appetitmangel, Untergewicht oder Schluckstörungen. Dann können proteinreiche, leicht essbare Produkte eine sinnvolle Zwischenlösung sein.

Wer sich jedoch ausgewogen ernähren und sein Gewicht im Griff behalten möchte, braucht keine speziell angereicherten Produkte. Hülsenfrüchte, Quark, Fisch oder Joghurt liefern genauso viel Eiweiss. Entscheidend ist oft auch die Textur: Was gekaut werden muss, macht meist schneller satt. „Die Menschen sollten sich nicht von Etiketten wie ‚High Protein‘ täuschen lassen“, rät die Ernährungswissenschaftlerin. „Denn auch eine proteinangereicherte Fertigpizza bleibt am Ende eben doch eine Kalorienbombe.“ (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)
(gb)

Ecke für Profis – die neuesten Beiträge
17.06.2025
d.BÄCKEREI: Vollkornbrot aus gesunden Farbweizensorten
11.06.2025
d.HYGIENE: Lebensmittel beeinflussen Überleben von Listerien im Magen-Darm
03.06.2025
d .METZGEREI: Metzgerhuus Stadt & Land eröffnet
27.05.2025
d .ERNÄHRUNG: Warum sind Hafer und Gerste gesund?
18.05.2025
d.ERNÄHRUNG: Protein-Angereichertes macht noch keine Diät
09.05.2025d.METZGEREI: IFFA-Messe 2025 im Rückblick
01.05.2025d .TECHNOLOGIE: Alternative Proteine – gesund und nachhaltig?
23.04.2025d.METZGEREI: Studie zur Emotionsarbeit im Schlachthof
10.04.2025d.CONFISERIE: Kakaopreise verteuern Schokoladeherstellung
30.03.2025d .ERNÄHRUNG: Trends 2025 - Nachhaltig, gesund, individuell
21.03.2025d LANDWIRTSCHAFT: Menschlicher Kontakt beeinflusst Fleischqualität
12.03.2025d.BÄCKEREI: Brot-Herkunftsdeklaration: Mehr Transparenz, mehr Aufwand?
04.03.2025d .LANDWIRTSCHAFT: Milchproduktion parallel mit saugendem Kalb
21.02.2025d .GASTRONOMIE: weniger Fleisch in Kantinen dank Nudging
13.02.2025d.MOLKEREI: CHEESEAFFAIR 2025 im Rückblick
05.02.2025d .LANDWIRTSCHAFT: Warum immer mehr Milchbauern aufhören
29.01.2025d.BÄCKEREI: Wer sollte Weizen meiden und warum?
21.01.2025d.MOLKEREI: Warum Herkunftsangaben bei Käse wichtig sind
13.01.2025dDETAILHANDEL: Deshalb bleibt Bio teurer
06.01.2025d .VERPACKUNG: Nachhaltige Verpackungen aus Moorpflanzen
26.12.2024dBÄCKEREI: Verdauungsprobleme mit Backwaren vermeiden
17.12.2024d .ERNÄHRUNG: Pilze für gesunde Vielfalt auf dem Teller
08.12.2024d.TECHNOLOGIE: Füllen mit modernsten Techniken
28.11.2024d .ERNÄHRUNG: Pflanzenöle und ihr Gesundheitswert
20.11.2024d.LANDWIRTSCHAFT: Schweizer Hirsche auf dem Vormarsch
13.11.2024d.BÄCKEREI: Weizen und Dinkel aber auch Gerste, Hafer, Hirse etc
06.11.2024dFrischer und länger haltbar - nicht immer im Widerspruch
29.10.2024d.MOLKEREI: Aroma-Vorhersage bei Käsereifung
22.10.2024dSchweizer Teigwaren enthalten wenig Heimatweizen
15.10.2024d.LANDWIRTSCHAFT: Kulinarische und agrarische Vorteile der Hülsenfrüchte
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland