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.ERNÄHRUNG: Warum sind Hafer und Gerste gesund?
Viel lösliche Nahrungsfasern, ss-Glucane und ungesättigte Fettsäuren

Bei Haferflocken und bei fast allen anderen Hafererzeugnissen wird der ganze Haferkern verarbeitet: Mehlkörper, Randschichten und Keimling. Entsprechend gut ist das Nährstoffprofil. Hafer hat von allen Getreidearten mit rund sieben Prozent den höchsten Fettgehalt. Positiv ist dabei der hohe Gehalt an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Der Eiweissgehalt wird mit durchschnittlich 13 Prozent angegeben.

Der Gehalt an den Mineralstoffen Calcium, Eisen und Zink ist deutlich höher, als etwa im Weizen. Hafer enthält vergleichsweise hohe Anteile löslicher Ballaststoffe, vor allem ss-Glucane. Diesen schleimbildenden Ballaststoffen wird eine positive Wirkung auf Blutzucker- und Insulinspiegel sowie die Blut-Cholesterinwerte zugeschrieben, die auch mit bestimmten „Health-Claims“ ausgelobt werden dürfen.

In der Backstube spielt Hafer eine untergeordnete Rolle: Als Nicht-Brotgetreide sind seine Proteine nicht zur Kleberbildung fähig, so dass eine alleinige Verarbeitung zumindest schwierig ist. Haferflocken (auch angequetschte Haferkerne) liefern aber als Teigzutat recht gute Backergebnisse. Gerade die Flocken bringen aufgrund der Röststoffe ein interessantes Geschmacksprofil mit und dienen als Topping auf Backwaren. Ein Wachstumsmarkt sind pflanzliche Milchalternativen, bei denen Haferdrinks ihren Anteil haben.

Haferkörner muss man schälen

Hafer (Avena sativa) ist eine der jüngeren Kulturpflanzen unter den Getreidearten. Optisch unterscheidet er sich auf dem Feld deutlich von allen anderen: Der Fruchtstand ist eine 15 bis 30 Zentimeter lange Rispe mit seitlich verzweigten Ästen, die kleine Ähren mit zwei bis drei Körnern tragen. Hafer wird fast ausschliesslich als Sommergetreide angebaut, das heisst, im Frühjahr ausgesät und ab Mitte August geerntet.


Durch den Herstellungsprozess sind alle Haferflockenarten Vollkorn, da sie aus dem vollen Korn gewonnen werden. Ausser dem Mehlkörper bleiben auch der Keimling, die Samenschale sowie weitgehend alle Nährstoffe erhalten. Haferflocken enthalten einen hohen Anteil an Kohlenhydraten (≈70 %), an Proteinen (≈15 %), an ungesättigten Fettsäuren und an löslichen Ballaststoffen (≈10 g/100 g) sowie an Glucanen wie dem Schleimstoff Lichenin, Vitamin B1, B6 und E, Zink, Eisen, Calcium, Magnesium und Phosphor. (Wikipedia)


Neben der Optik hat Hafer eine weitere Besonderheit: Die Körner sind fest von Spelzen umschlossen, die sich im Drusch nicht voneinander trennen lassen. Die Herstellung von Hafererzeugnissen für die menschliche Ernährung ist eine Sache für Spezialisten, denn es sind besondere schälmüllerische Verfahren und Geräte nötig. Es gibt zwar auch „Nackthafer“-Sorten ohne Spelzen, die jedoch nur selten angebaut werden.

Die Körner werden etwa zu (Vollkorn-)Flocken, Grütze, Kleie, Mehl und weiteren Produkten verarbeitet. Haferkörner selbst und -grütze lassen sich ähnlich wie Reis als Beilage, für Aufläufe und als Suppeneinlagen verwenden. Mengenmässig spielen Haferflocken die Hauptrolle: kernig, zart oder löslich. Es gibt kaum ein Fertigmüesli ohne Haferflocken.

Die Flockenherstellung ist eine Kombination aus Dämpfen und Darren mit trockener Hitze unmittelbar vor dem Flockieren. Das Dämpfen sorgt für eine physikalische Veränderung der Haferkerne und ermöglicht so die Verarbeitung in besonderen Walzenstühlen. Das Darren inaktiviert fettspaltende Enzyme (Lipasen) und gewährleistet damit Haltbarkeit und Lagerfähigkeit der Produkte. Zudem bilden sich Röststoffe, die für den typischen, nussartigen Geschmack sorgen.

Gerste für Braumalz, Graupen, Brot, Tierfutter etc

Ernährungsphysiologisch ist insbesondere der hohe Ballaststoffgehalt von Gerste hervorzuheben. Hierbei wiederum sind vor allem ss-Glucane zu nennen. Sie haben nachweislich einen positiven Einfluss auf Blutzucker- und Insulinspiegel sowie die Blut-Cholesterinwerte.




Gerste (Hordeum vulgare) ist wohl die erste vom Menschen kultivierte Getreideart. Ihre frühesten Nachweise im Vorderen Orient lassen sich auf rund 10.000 Jahre zurückdatieren. Hierzulande hatte das robuste Getreide bis ins 16. Jahrhundert hinein eine dominierende Rolle als ertragreiches Viehfutter und sättigendes Nahrungsmittel. Auch heute ist Gerste noch ein sehr wichtiges Getreide und figuriert auf Platz zwei hinter Weichweizen (52 Prozent). Der allergrösste Teil davon geht in den Sektor Tierfutter, an zweiter Stelle steht die industrielle Verwertung, hauptsächlich zu Braumalz, gefolgt vom Energiesektor.

Wie bei Weizen und Roggen gibt es Sommer- und Wintergerste. Letztere ist auf den Feldern am häufigsten anzutreffen, weil sie sich wegen ihres relativ hohen Proteinanteils sehr gut für die Futterproduktion eignet. Sommergerste enthält weniger Protein und mehr Kohlenhydrate und ist deshalb für Brauereien und Brennereien interessant.

Als Speisegetreide ist Gerste in Europa weitgehend in Vergessenheit geraten. Aber es gibt sie noch, die klassischen Gerstenprodukte: Graupen für die Suppe und Grütze – das sind die zerkleinerten, gereinigten und geschälten Gerstenkörner. Sie sind die Grundlage für Breie, süsse und pikante Aufläufe oder auch Einlage für Suppen und Eintöpfe.

Backfähig nur gemischt mit glutenhaltigem Mehl

Es gibt aus Gerste auch Vollkornmehl und Flocken zu kaufen, aber daraus alleine kann man kein Brot backen. Gerste gehört – gemäss den Leitsätzen für Brot und Kleingebäck – deshalb auch nicht zu den Brotgetreidearten, sondern zu „Sonstiges Getreide“. Allen Nicht-Brotgetreidearten ist gemeinsam, dass ihre Proteine keinen Kleber bilden können. Im Backwarenbereich gibt es deshalb nur Mehrkornbrote mit geringen Mengen Gerstenmehl. 20 Prozent ist die Untergrenze, wenn das Produkt noch „Gerste“ im Namen führen soll. Als backtechnische Obergrenze werden 30 Prozent angesehen, wenn die Brote bezüglich Volumen und Krumenqualität die üblichen Anforderungen von Bäckern und Konsumenten erfüllen sollen.

Übrigens: Gersterbrot hat nichts mit Gerste zu tun. Der Name kommt von „gerstern“ oder „gersteln“ – der norddeutschen Bezeichnung für das kurzfristige und nicht flächendeckende Abflämmen der Teigstücke vor dem Backen. Dadurch entstehen charakteristische dunkle Sprenkel und es bilden sich typische Aromastoffe.

Nicht zu vergessen ist der Malzkaffee: Dafür wird die Gerste gemälzt, das heisst in Wasser eingeweicht und zum Keimen gebracht. Dabei wandeln getreideeigene Enzyme die enthaltene Stärke teilweise in Malzzucker um. Die Körner werden danach gedarrt (getrocknet), gemahlen und geröstet. Dadurch karamellisiert der Malzzucker und der kaffeeähnliche Geschmack sowie die braune Farbe entstehen. (BZfE)
(gb)

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