Foodfachzeitung im Internet
Admin aufrufen
Samstag, 22. März 2025
News, Tipps, …
Druckansicht 29.08.2021
KOMMENTAR: Werbung für dickmachende Kinderprodukte beschränken

Zur neuen Marktstudie „Kindermarketing für Lebensmittel“ von foodwatch e. V. (siehe unten) erklärt Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG): „In Sachen ausgewogener Ernährung für Kinder und Werbeverbot für Dickmacher ist die Zeit scheinbar stehen geblieben. Die Ergebnisse der foodwatch-Marktstudie sind erschreckend und beschämend und bestätigen einmal mehr: Die Strategie der freiwilligen Zuckerreduktion ist gescheitert. Auf ein Einlenken der Lebensmittelindustrie dürfen wir uns nicht länger verlassen. Es ist höchste Zeit zu handeln. Wir brauchen endlich mehr Anreize für eine gesunde Ernährung und weniger Versuchungen für süsse Snacks oder fettiges Fast Food. Ein Verbot von an Kindern gerichteter Werbung für ungesunde Lebensmittel ist längst überfällig.“

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) setzt sich gemeinsam mit dem Wissenschaftsbündnis Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten DANK seit mehr als zehn Jahren dafür ein, dass bevölkerungsweite Massnahmen, wie sie auch die WHO empfiehlt, endlich auch in Deutschland, etabliert werden. Dazu gehören:
• eine Steuerentlastung von gesunden Lebensmitteln und eine Steuererhöhung für Lebensmittel mit hohem Gehalt an Zucker, Fetten und Salz,
• Werbung ungesunder Lebensmittel und Getränke an Kinder verbieten,
• verbindliche Kennzeichnung aller Lebensmittel mit dem im vergangenen Jahr eingeführten Nutri-Score,
• verbindliche Standards für die Kita- und Schulernährung nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Foodwatch: Kaum Verbesserungen der Zahlen im Vergleich zu 2015

Freiwillige Selbstverpflichtungen der Lebensmittelindustrie mit Blick auf Kindermarketing sind unzureichend. Zu diesem Ergebnis kommt eine Marktstudie, die die Verbraucherorganisation foodwatch gemeinsam mit der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) am Mittwoch vorgestellt hat. Demnach enthalten nach wie vor 242 von 283 untersuchten Kinderprodukten (85,5 Prozent) zu viel Zucker, Fett oder Salz. Sie sind nach Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unausgewogen und sollten eigentlich gar nicht erst an Kinder vermarktet werden.

Die Studie umfasst Produkte von insgesamt 16 Lebensmittelkonzernen, die eine Selbstverpflichtung zu verantwortungsvollerem Kindermarketing („EU Pledge“), unterschrieben haben – darunter Nestlé, Danone und Unilever. Bereits 2015 untersuchte foodwatch das Sortiment dieser Unternehmen – mit ähnlichem Ergebnis: Damals verfehlten 89,7 Prozent der Produkte die WHO-Empfehlungen.

„Produkte, die mit Comicfiguren, Online-Gewinnspielen und Spielzeugbeigaben an Kinder beworben werden, sind in erster Linie Zuckerbomben und fettige Snacks. Daran haben weder die freiwillige Selbstverpflichtung für ein verantwortungsvolleres Kindermarketing noch das Zuckerreduktionsprogramm der Bundesregierung etwas geändert“, erklärte Oliver Huizinga, Kampagnendirektor bei foodwatch.

„Fehlernährung ist bereits im Kindesalter weit verbreitet: Junge Menschen essen deutlich zu wenig Obst und Gemüse und zu viele Süssigkeiten und Snacks. Die Werbung für Lebensmittel hat schädliche Auswirkungen auf das Essverhalten von Kindern und Jugendlichen und fördert die Entstehung von Übergewicht“, erklärt Prof. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit an der Kinderklinik der Universität München.

„An Kinder gerichtete Werbung für Dickmacher ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Gefährdung der kindlichen Gesundheit“, warnte Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), einem Zusammenschluss von 23 wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, Verbänden und Forschungseinrichtungen. „Die Bundesregierung muss sich von der Strategie der Freiwilligkeit verabschieden und in der kommenden Legislaturperiode Werbung für ungesunde Produkte an Kinder gesetzlich verbieten.“

Im Kampf gegen Fehlernährung setzt die Bundesregierung bislang auf freiwillige Vereinbarungen der Industrie. Bereits 2007 haben die grossen Lebensmittelkonzerne Europas mit dem „EU Pledge“ freiwillig vereinbart, ihre Lebensmittelwerbung verantwortungsvoller zu gestalten und kein Junkfood mehr an unter 12-Jährige zu vermarkten. Die Ergebnisse der Marktstudie zeigten jedoch, dass solche Reduktionen nur ein Tropfen auf den heissen Stein seien, kritisierten foodwatch und DANK.

Die Autor*innen der Studie haben alle an Kinder beworbenen Produkte der Unternehmen unter die Lupe genommen, die den „EU Pledge“ unterzeichnet haben. Dabei haben sie die Nährstoffzusammensetzung der Produkte mit den Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation an ernährungsphysiologisch ausgewogene Lebensmittel abgeglichen. Das WHO-Regionalbüro für Europa definiert konkrete Vorgaben, wonach nur noch ernährungsphysiologisch ausgewogene Produkte an Kinder vermarktet werden sollten. Dabei spielen unter anderem die Anteile von Fett, Zucker und Salz, aber auch der Kaloriengehalt oder zugefügte Süssstoffe eine Rolle.

10 der 16 untersuchten Hersteller machen ausschliesslich Kindermarketing für Produkte, die den WHO-Empfehlungen nicht entsprechen. Darunter sind Ferrero, Pepsico, Mars, Unilever und Coca-Cola. Die grösste Anzahl an unausgewogenen Produkten bewerben Nestlé (44 Produkte), Kellogg‘s (24 Produkte) und Ferrero (23 Produkte).

Ein Beispiel ist Kellogg‘s: Die drei zuckrigsten Frühstücksflocken im Test (Frosties, Smacks und Tresor Choco nut) kommen allesamt aus dem Hause Kellogg‘s. Trotz Zuckerreduktionsprogramm bestehen die Frosties und Smacks zu einem Drittel aus Zucker. Das ist mehr als doppelt so viel wie die WHO für Kinder-Frühstücksflocken empfiehlt.

Daten des Robert Koch-Instituts zufolge verzehren Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren im Schnitt nicht einmal halb so viel Obst und Gemüse, aber mehr als doppelt so viele Süsswaren oder Snacks wie empfohlen. Aktuell gelten etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen als übergewichtig und sechs Prozent sogar als fettleibig – ihnen drohen im späteren Lebensverlauf Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Gelenkprobleme, Bluthochdruck und Herzerkrankungen. Etwa jeder fünfte Todesfall in Deutschland ist laut Angabe der OECD insbesondere auf eine ungesunde Ernährung zurück zu führen. (foodwatch, www.foodwatch.org)
(gb)

News, Tipps, … – die neuesten Beiträge
20.03.2025
dNEWS: Fleischangebot im 2024 gestiegen aber Inlandanteil gesunken
19.03.2025
dTIPP: Knoblauch schneiden oder pressen ist Geschmacksfrage
16.03.2025
dWISSEN: gesunder südamerikanischer Mate-Tee
14.03.2025
dSAISON: Spinat – vielseitig, gesund aber wirklich eisenreich?
09.03.2025
dTIPP: Koriander, ein Gewürz mit Charakter
06.03.2025 dWISSEN: Vielseitige gesunde Kartoffeln
03.03.2025 dTIPP: Wein- und Genussmesse Schlaraffia 2025
28.02.2025 dNEWS: Coop lanciert neue Eigenmarke für Nebenstrom-Produkte
27.02.2025 dNEWS: Vitamin D-angereichertes Mehlwurmpulver als Zutat erlaubt
26.02.2025 dWISSEN: Warum die meisten Bitterstoffe positiv wirken
23.02.2025 dKOMMENTAR: Mehr Fleischalternativen auf dem Teller wenn Preise sinken
20.02.2025 dSAISON: Weisskohl – gesund und vielseitig
18.02.2025 dNEWS: Coop wächst und prosperiert
17.02.2025 dFORSCHUNG: Mit Ackerbohnenprotein Mundgefühl verbessern
16.02.2025 dNEWS: Mikrobe des Jahres produziert Umami-Geschmack
14.02.2025 dFORSCHUNG: Neuartige Verbundtinte zeigt Verderb an
11.02.2025 dNEWS: Kern & Sammet gehört neu zu Romer’s Hausbäckerei
10.02.2025 dWISSEN: Modernes Fasten, wissenschaftlich fundiert
07.02.2025 dFORSCHUNG: Zusammenhang von Krankheiten und zuckerhaltigen Drinks vermutet
06.02.2025 dNEWS: Erfolgreiche Süsswarenmesse ISM 2025
03.02.2025 dTREND: „Crispy Rice Salad“ mit vielen Texturen
02.02.2025 dTIPP: IFFA, Fachmesse für Fleisch und Protein 3.-8.5.2025
31.01.2025 dFORSCHUNG: Deklaration fördert kalorienarme Lebensmittel nur wenig
30.01.2025 dWISSEN: Durian, sogenannte Stinkfrucht mit Vanillearoma
27.01.2025 dTIPP: Winterliche Cocktails ohne Alkohol
26.01.2025 dSAISON: Vitaminchampion Nüsslisalat
24.01.2025 dNEWS: Schweizer verzichten vermehrt auf Fleisch
23.01.2025 dNEWS: Migros mit solidem Wachstum im 2024
22.01.2025 dTIPP: Brotbacken im Topf ohne Teigkneten
17.01.2025 dTIPP: Chinakohl – vielseitig und gesund
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland