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Druckansicht 28.09.2013
Jetzt ist Sauser-Zeit
Rot oder weiss? Herren- oder Wiiber-Suuser? Auf jedenfall ein echter. Weisser ist eine Rarität.


Am 22.9.2013 hat im Zürcher Winzerdorf Weiningen das traditionelle Sauerfest stattgefunden bei prachtvollem Altweibersommer-Wetter.


Sauser ist eines der wenigen auch heute noch strikt saisonalen Produkte. Pasteurisierter Sauser ist zwar lager- und transportfähig, aber der echte, lebendige (unpasteurisierte) ist quasi ein Tagesfrischprodukt. Verbreitet ist er in den Weinbaugebieten der Schweiz, also praktisch in der ganzen Westschweiz, im Tessin sowie im Zürichbiet und in der Ostschweiz.

Von Sauser spricht man, sobald im frisch gepressten Traubenmost, der bis zu 25 Prozent Zucker enthalten kann, die Gärung beginnt: die Umwandlung des Zuckers in Alkohol unter dem Einfluss von Hefen. Die Temperatur des Sausers steigt, eine riesige Menge an Kohlensäure wird freigesetzt, es saust und braust und blubbert im immer trüberen und alkoholhaltigeren Most (die Trübung stammt von der Hefe).

Je höher die Temperatur, desto schneller verläuft die Gärung, die normalerweise rund eine Woche dauert. Nach dem Abschluss der Gärung spricht man vom jungen, kohlensäurehaltigen Wein, der aber noch längst nicht ausgereift ist.


Der delikate weisse Sauser, eine Spezialität von Weiningen ZH


Der Sauser, den es je nach Traubensorte in milchig-trüber oder rötlicher Farbe gibt, ist ein sehr lebendiges Produkt, wobei die zunehmende Umwandlung des Fruchtzuckers in Alkohol sowohl den Geschmack als auch die Farbe des Sausers fortlaufend verändert. Man unterscheidet dementsprechend drei verschiedene Sauser-Stadien: den „Goofesuser“, den „Wiibersuser“ und den „Herresuser“.

Der noch fast klare Goofe- also Kindersauser hat einen Alkoholgehalt von höchstens einem Prozent. Der Wiiber- also Frauensauser, mit etwa vier Prozent Alkoholgehalt, ist schon ganz trüb und sprudelnd, der Zuckergehalt übertüncht die vorhandene Säure aber noch immer, weshalb er äusserst spritzig wirkt. Den höchsten Alkoholgehalt weist mit rund sechs bis acht Prozent der so genannte Herre- also der Männersauser auf, der einen wesentlich raueren und säuerlichen Charakter aufweist.



"Goofesuser" bis 1% Alkohol, Wiibersuser" bis 4% und "Mannesuser" bis 8%.

Das doppelt U-förmige Glasrohr mit Wasser auf dem Gummistopfen ist ein Ventil: es lässt Gärgas wie Kohlendioxid austreten aber keine Luft eintreten. So lässt sich eine Oxidation des Alkohols durch Sauerstoff zu Essig verhindern.


Neben dem Sauser der mitten im Gärprozess steckt und nur über einen kurzen Zeitraum von wenigen Tagen konsumierbar ist, gibt es seit einigen Jahrzehnten auch pasteurisierten Sauser, bei dem die Gärung künstlich gestoppt wird, indem man den Traubenmost auf über 72 Grad erhitzt, wodurch die Hefen absterben. Der Alkoholgehalt des pasteurisierten Sausers liegt konstant bei etwa 1.5 Volumenprozent und im Gegensatz zum lebendigen Sauser ist er mehrere Wochen haltbar.

Die Produktion beginnt mit der Weinlese „Wümmet“. Sauser wird aus früh reifenden Rebsorten hergestellt. Sobald die Trauben im Keller ankommen, werden sie gewogen und auf ihren Zuckergehalt kontrolliert, was mittels Oechslewaage oder Refraktometer geschieht

Je höher der Zuckergehalt des Traubensaftes ist, desto länger dauert die Gärung und desto höher liegt auch der Alkoholgehalt danach – das gibt volleren, qualitativ besseren Wein. Eine Traubenernte mit hohem Zuckergehalt wird aus diesem Grund kaum für die Sauserproduktion verwendet.

Eine rote Farbe erhalten der Sauser wie auch der spätere Wein nur, wenn die Maische von blauen Trauben vergoren wird. Nur so können sich während der Gärung die nötigen roten Farbstoffe sowie Gerbstoff aus den Beerenschalen lösen. Für einen weissen Sauser oder Wein braucht man dagegen nur den Traubensaft zu vergären; die Beerenhaut, das Fruchtfleisch und die Kernen werden gleich nach dem Mahlen abgepresst und so vom Saft getrennt.

In der Schweiz hat der „lebendige“ Sauser, der also noch mitten im Gärprozess steckt, oft eine rote Farbe und stammt besonders in der Ostschweiz von der Sorte Blauburgunder ab, man findet aber auch milchig-trüben Sauser von RieslingxSilvaner-Trauben.

Der immer mehr aufkommende pasteurisierte Sauser, der den lebendigen zunehmend verdrängt, ist dagegen vorwiegend von roter Farbe. Der Grossteil der Produktion stammt allerdings aus Italien oder Frankreich. Grossproduzenten greifen teilweise auch auf Most aus Südeuropa zurück, der in Tankwagen angeliefert wird.

Mit Vorrücken des Herbstes und fortschreitender Traubenreife kann grundsätzlich jede Rebsorte verwendet werden. In der Regel werden nur solche Trauben zu neuem Wein verarbeitet, die nicht das Potenzial haben, zu einem hochwertigen und lagerfähigen Prädikatswein vergoren zu werden.

Ist der „lebendige“ Sauser ein sehr kurzlebiges Produkt, das im Anschluss an die Weinlese nur über wenige Tage hinweg im Herbst konsumiert wird, kann man den pasteurisierten Sauser, der im Herbst auch im Grosshandel erhältlich ist, problemlos einige Wochen im Keller aufbewahren. Ganz von der Bildfläche verschwunden ist der lebendige Suser aber nicht: Verschiedene Winzer stellen sogar eine steigende Nachfrage fest. In der Schweiz sind die wichtigsten Produktionszentren Wallis, Genf, Waadt, Neuenburg, Zürich, Schaffhausen, Thurgau, St. Gallen, Graubünden.


Sauser ist eine Spezialität des Früh-Herbstes bzw Altweibersommers und wird meistens mit währschaften Speisen kombiniert. In der Romandie heisst er „moût (de raisin)“ im Tessin „mosto(d’uva)“, in Deutschland „Federweisser“ und in Österreich „Sturm“.


Wirtschaftlich gesehen spielt der lebendige Sauser für die Winzer eine untergeordnete Rolle. Die zurückhaltende Sauserproduktion der Winzer hat ihre Gründe. So ist die Sauserzeit auf einige wenige Wochen im Herbst beschränkt, und sofern der junge, angegorene Traubenmost nicht pasteurisiert wird, muss er schnell getrunken werden. Viele Weinbauern verzichten deshalb ganz auf die Sauserproduktion.

Wilde Hefen sind unberechenbar

Sauser ist Traubensaft oder Maische im Gärstadium, wobei der Alkoholgehalt so zwischen 0.5 % und 8 % liegt. Liegt er drunter ist es Traubensaft, und ab 8 % wird die Säure im gärenden Traubensaft immer dominanter, weshalb er kaum geniessbar ist. Weisser Sauser ist mit Hefe versetzter Traubensaft, der sich im Gärstadium befindet. Roter Sauser ist mit Hefe versetzte Maische (Saft, Fruchtfleisch, Haut und Kernen) von blauen Trauben.

Um den Gärprozess im Traubensaft oder der Maische überhaupt in Gang zu bringen, spielen die Hefen eine ganz entscheidende Rolle. Wilde Hefen sind dabei schon auf natürlicher Basis im Traubengut vorhanden. Diese lösen von selbst eine spontane Gärung aus, bei der aber oft ungewiss bleibt, welchen Einfluss sie auf den Gärprozess ausüben. Viele Weinbauern setzen aus diesem Grund Zuchthefen ein, die eine gesteuerte Gärung zulassen. Es kann bei den natürlich im Traubengut vorkommenden wilden Hefen sein, dass sie aus der Hälfte des Zuckers Alkohol produzieren, aber dann plötzlich auf Essig umstellen.



Abfüllen des weissen Sausers bei «Metzger-Heiri» Haug in Weiningen


Ab einem Alkoholgehalt von etwa vier Prozent kann der Sauser verkauft werden. Er gärt weiter, bis der grösste Teil des enthaltenen Zuckers in Alkohol umgesetzt ist, und hat dann einen Alkoholgehalt von etwa elf Prozent. Bedingt durch die schnell fortschreitende Gärung lässt sich der neue Wein auch gekühlt nur kurzzeitig lagern; nach einigen Tagen sollte er aufgebraucht sein. Weil ständig neues Kohlendioxid gebildet wird, dürfen die Gefässe nicht luftdicht verschlossen werden, sie würden sonst bersten.

Unterschiede zum Weinaroma

Der Geschmack des Sausers wird im Gegensatz zum späteren Wein stark von Gäraromen geprägt. Und wegen der bei der Gärung entstehenden Kohlensäure schmeckt Sauser recht spritzig, anfangs wie eine Art Traubenlimonade oder ein süsser Schaumwein. Solange noch reichlich Zucker vorhanden ist, wird durch dessen Süsse der bereits entstandene Alkohol kaschiert, so dass dieser beim Trinken relativ unbemerkt in den Organismus aufgenommen werden kann. Deshalb wird die berauschende Wirkung oft erst mit Verzögerung oder gar nicht registriert.

Roter schmeckt infolge des höheren Gehalts an Gerbsäuren immer etwas herber als der analog hergestellte weisse. Der Sauser enthält zudem Milchsäurebakterien und einen hohen Anteil an den Vitaminen B1 und B2. Er übt einen starken Effekt auf die Funktion des Darms aus. Nach der Gärung wird der Sauser dank Säureabbau und Aromaausbau in einem längeren Prozess zu einem ausgereiften, geniessbaren Wein.

Wissenswertes über die Weinhefe

Weinhefen treten in der Natur überall dort auf, wo auch Zuckerlösungen vorkommen. Die typischen Weinhefestämme sind Saccharomyces cerevisiae, S. bayanus, S. ellipsoides und S. uvarum. Zur Zeit der Weinlese leben die Hefen auf der Oberfläche der reifen Beeren, insbesondere in den mikrofeinen Rissen, an denen der süsse Rebsaft durchsickert.

Die Weinhefen vermehren sich durch Zellsprossung. Sie benötigen Zucker als Energiequelle sowie Stickstoff, Phosphor, Schwefel, Kohlenstoff, Sauerstoff, Mineralien und Spurenelemente, von denen die meisten im Traubenmost vorhanden sind. Sobald der aus den Beeren gepresste Saft zu Wein vergoren ist und somit keinen vergärbaren Zucker mehr enthält, nimmt die Aktivität der Weinhefen ab.

Ab einem bestimmten Alkoholgehalt setzt der komplexe Prozess der Autolyse ein. Dabei sterben die Hefen ab und sinken zu Boden. Bei diesem Prozess werden durch die Aktivität von Enzymen Bestandteile des Zytoplasmas und der Zellwand an den Wein abgegeben, der dadurch an Fülle und aromatischer Komplexität gewinnt.

Weinhefen werden auch zur Herstellung anderer alkoholischer Getränke (z.B. Met, Apfelmost, Obstwein) verwendet. Die zahlreichen im Handel als Reinzuchthefe angebotenen Stämme unterscheiden sich hinsichtlich der von ihnen geförderten Aromen, dem Nährstoffbedarf, der Alkoholtoleranz, dem empfohlenen Temperaturbereich, der Neigung zum Schäumen, dem Gärverlauf, dem Einfluss auf den biologischen Säureabbau und die Erhaltung der Farbe (Rotwein) usw. (Text: kulinarisches Erbe / Wikipedia)

(gb)

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