Foodfachzeitung im Internet
Admin aufrufen
Mittwoch, 12. November 2025
Report
Druckansicht 07.03.2024
Innovatives Biertreber-Upgrading
Die Appenzeller Brauerei Locher stellt aus einem Nebenprodukt der Bierproduktion mit dem Extruder neue und vielseitige Lebensmittel her. Ausgehend von einem texturierten, pflanzlichen Eiweiss mit Eigenschaften ähnlich wie Fleisch: Brewbee.

I Biertreber (Bild) ist ein proteinreiches Nebenprodukt der Bierproduktion, das meistens Tieren verfüttert wird. «Es kann doch nicht sein, dass die ganzen guten Nähr- und Ballaststoffe nicht so verwertet werden, wie sie es verdienen», überlegte sich Karl Locher, Inhaber der Brauerei Locher in Appenzell.

Schon öfters hat die Brauerei innovative Ideen umgesetzt und sich mit dem «Quöllfrisch» oder dem «Vollmondbier» einen Namen gemacht. Jetzt hat sie sich zum Ziel gesetzt, die Bierproduktion nicht nur vielfältiger, sondern auch nachhaltiger zu machen. Der eiweissreiche Biertreber soll Grundlage für schmackhafte Lebensmittel werden. Brewbee heisst die neue Marke der Brauerei Locher. Dazu gehören vor allem Pizzas, Tschipps, Trellini, Müesli, pflanzenbasierte Produkte wie Ghackets oder Birrattone, ein Dessert. All diesen Produkten gemeinsam ist, dass sie Bier-, auch Malztreber genannt, enthalten.

Zuerst mussten die Ideen entstehen, zur Umsetzung brauchte es dann auch die entsprechende Technik. Eine Schlüsselmaschine bei der Produktion ist der Extruder. Auffallend ist der grosse Trichter, um das Trebermehl und Zutaten wie Linsen- oder Weizenmehl einzugeben. Zwei lange Schrauben oder Wellen, die sich wie in einem Fleischwolf gegeneinander drehen, fördern das befeuchtete Gemisch unter hohem Druck zu einer Düse.


«Brewbee Ghackets» aus dem Extruder


Innerhalb von 20 Sekunden erreicht der Teig eine Temperatur von 180 °C, erklärt Konrad Munz, der die Maschine bis ins Detail kennt. In diesem kontinuierlichem Kochprozess lösen sich die Eiweisse der zugegebenen Komponenten auf und werden zu neuen Eiweissen verbunden. Schliesslich pressen die Schrauben den Teig durch eine Düse, wo er geformt, anschliessend geschnitten und schnell abgekühlt wird. «Es entsteht ein texturiertes, pflanzliches Eiweiss mit Eigenschaften ähnlich wie Fleisch», erklärt der Technologe.

Vielseitig einsetzbare Produkte

In der Küche neben dem Maschinenraum hat Produktionsleiter Yves Habermacher die Zutaten für das «brewbee Ghackets» zubereitet. Geschnittene Rüebli, Zwiebeln, Sellerie, Knoblauch, Tomatensauce und etwas Wein. Er weicht das «Ghackets» ca. fünf Minuten lang in warmem Wasser oder in Bouillon ein. Dann lässt er die Flüssigkeit in einem Sieb abtropfen und brät das Produkt vermischt mit den Zutaten in einer Pfanne. «Ich mache es genauso wie beim Hackfleisch», sagt der Koch.

Schliesslich richtet er die Bandnudeln, die ebenfalls vor allem aus Biertreber bestehen, mit dem «Ghackets» an. Der Gast stellt keinen Unterschied zu einer normalen Sauce Bolognese fest. Auch anderen sei es gleich ergangen, erzählen die beiden brewbee-Tüftler. Das Tolle an den Brewbee-Produkten sei, dass sie vielseitig einsetzbar seien, erklärt Valeria Vio, Assistentin der Geschäftsleitung bei der Brauerei Locher.

Die Treber-Produkte sind reich an Protein und nehmen den Geschmack der Zutaten gut an. «Diese bestimmen den Geschmack», betont Vio. 100 Gramm getrocknetes Brewbee-Ghackets kosten rund drei Franken, daraus entstehen beim Aufquellen mit Wasser etwa 400 g. Der Eiweissgehalt vom «Ghackets» liegt bei 24 % in der Trockensubstanz und ist damit ähnlich wie bei Rinds-Hackfleisch, dessen Gehalt im frischen Fleisch bei 28 % liegt.


Eine Schlüsselmaschine bei der Brewbee-Produktion ist der Extruder


Begonnen hat die Entwicklung von treberbasierten Lebensmitteln mit den Tschipps, die fast zu 40 % aus Malztreber bestehen. Die Rohlinge aus dem Extruder eignen sich noch nicht zum Reinbeissen. Die Rohfaser im Treber macht die Rohlinge hart, aber schützt die Tschipps später vor dem Zerbröckeln. Nach einem Bad in der Fritteuse werden sie locker und knusprig. Schliesslich werden sie mit einer Gewürzmischung wie Paprika, Rosemarin, geräuchertem schwarzem Pfeffer oder mit Meersalz überzogen. Die brewbee-Tschipps enthalten mehr Ballaststoff, aber weniger Fett als Kartoffelchips.

Die Pizzas enthalten mit etwa 20% Anteil weniger Malztreber, dafür aber eine Mischung aus Sauerteig und Hefe. Für die Lebensmitteltechnologen ist es eine Herausforderung, die richtige Mischung mit anderen Zutaten zu finden. «Wir verwenden so viel Treber wie möglich, aber die Produkte müssen geschmacklich und qualitativ überzeugen», sagt Habermacher. Mit einer tiefgekühlten Lasagne möchte die Brauerei Locher ein weiteres Produkt der brewbee Linie lancieren.

Von den etwa 30 Tonnen Treber, die durchschnittlich pro Tag in der Brauerei anfallen, gehen etwa 15 bis 20% in die Lebensmittelproduktion. Der Rest geht als Viehfutter in die Landwirtschaft. Das soll sich mit steigender Nachfrage ändern. Auch möchte die Brauerei Locher andere Brauereien dazu animieren, ihren Biertreberfür die Lebensmittelproduktion zu nutzen. Abnehmer der brewbee Produkte werden im Detailhandel und in der Gastronomie angeboten, bis jetzt vor allem dort, wo das Appenzeller Bier getrunken wird. (LID)
(gb)

Report – die neuesten Beiträge
09.11.2025
dRomanesco: vitaminreicher farbenfroher Türmchenkohl
28.10.2025
dKürbis: Eine uralte Kulturpflanze im Hoch
20.10.2025
dHerbstliche Quitten richtig verarbeiten
13.10.2025
dOffiziell beste Regionalprodukte 2025
07.10.2025
dWas genau sind hochverarbeitete Lebensmittel?
29.09.2025 dSchweizer Wildfleisch – stark gefragt aber meist importiert
16.09.2025 dHigh-Protein: oft mehr Schein als Sein
09.09.2025 dSaisonales Obst und Gemüse einfrieren
31.08.2025 dVor- und Nachteile von Käse aus Milch oder vegan
22.08.2025 dETH verbessert Laborfleisch aus Rindsmuskelfasern
13.08.2025 dVielseitige gesunde proteinreiche Erbsen
03.08.2025 dSchweizer Fleischersatz aus Pilzprotein und Zuckersirup
25.07.2025 dTrendige Algen als vielseitiger, nachhaltiger Rohstoff
18.07.2025 dJetzt vielfältige heimische Strauchbeeren
09.07.2025 dHygieneregeln zum Vorkochen für mehrere Tage
02.07.2025 dSo wirken Hefe und Sauerteig
22.06.2025 dTop-Gemüse zum Grillieren
15.06.2025 dViel wissenswertes über Küchenkräuter
06.06.2025 dHerkunftsdeklaration mit Zukunft trotz Gegenwind
29.05.2025 d1.Juni ist Weltmilchtag – Wissenswertes zur MIlch
21.05.2025 dProteinbedarf decken mit guten Kombinationen
14.05.2025 dWas Familie Schweizer kauft und isst
29.04.2025 dJetzt Schweizer Soargeln
22.04.2025 dBierkultur in der Schweiz
13.04.2025 dDas richtige Eier-Handling
04.04.2025 dBetörende Tonkabohnen
26.03.2025 dMassgeschneiderte Geliermittel: Tipps und Trends
17.03.2025 dÜber exotische Pseudogetreide Amarant und Quinoa
07.03.2025 dZürcher Slowfoodmarkt 2025 im Rückblick
02.03.2025 dWein und Sekt ohne Alkohol im Trend
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland