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Vollkornbrote mit Gourmetqualität
Der Konsument ist bereit für Gesundheitsnutzen mehr zu bezahlen, aber er macht beim Genusswert selten Abstriche. Oft stehen diese Eigenschaften im Widerspruch, so auch beim Vollkornbrot. Aber innovative Bäckereien backen heute schmackhafte Vollkornbrote.


Früher war Vollkornbrot eher derb und gummig, klein im Volumen und graubraun. Aber heute gibt es solche, die wie Ruchbrote schmecken. Sie bieten Genuss- und auch Gesundheitswert. Vollkorn-Lebensmittel sind eine wichtige Quelle für Nährstoffe und schützende pflanzliche Stoffe, die in unserer Kost untervertreten sind. Die gesundheitlichen Vorteile verglichen mit Weiss- oder Ruchbrot sind der höhere Gehalt an Nahrungsfasern, Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Umgekehrt gilt: je stärker raffiniert das Mehl, umso geringer der Gehalt an gesunden Inhaltsstoffen. Aber Vollkornprodukte finden keine breite Akzeptanz, auch weil ihnen ein Körnlipicker-Image anhaftet.

In der Schweiz gibt es bereits Vollkorn- und Kleiebrote in Gourmetqualität. Einige Beispiele: Der Zürcher Bäcker Peter Friedrich gewann die Silbermedaille der Swiss Bakery Trophy für sein Peterbrot, ein Vollkornbrot aus sechs Mehlsorten, ohne Backmittel und dezent im Salz. «Fredy’s Backwaren», die Firma des Gipfelkönigs Alfred Hiestand macht Vollkornbrot (erstes Bild) gesünder und schmackhafter mit 100% Vollkornmehl, hoher Teigfeuchte, zwei bis drei Prozent zugesetzten Weizenkeimen und einem zwanzig Stunden gegärten Vorteig. Statt Backmittel verwendet «Fredy’s» Honig und Kartoffelpüree, dadurch bleibt das Brot lange feucht. Und viele Bäcker backen heute Dinkelvollkornbrote: damit vermeidet man das Körnlipicker-Image, denn Dinkel (und das Markenprodukt «Urdinkel») gelten als Gourmetgetreide.

Stark verbreitet sind auch Faserino-Brote, die zwar nicht aus Vollkornmehl hergestellt sondern mit mikrovermahlener Weizenkleie angereichert werden. Aber sie besitzen dadurch sogar höhere Nahrungsfaserngehalte als Vollkornbrote (9 bis 10% statt 6%). Und sie besitzen leicht weniger Kilokalorien als normales Brot, da Nahrungsfasern energiearm sind. Kunden, die Vollkornbrot nicht mögen, erhalten mit «Faserino» eine sinnvolle Alternative.

Die Getreidemühle Haefliger AG entwickelte mit Beratung der ETH Zürich ein Verfahren, um Weizenkleie in eine weniger störende Form umzuwandeln: die Mikrofein-Vermahlung auf eine Korngrösse von vierzig Mikrometer (zum Vergleich: Kleiepartikel von 150 Mikrometer gelten als grob). Dadurch enthält das Brot neun bis zehn Prozent Nahrungsfasern, was bei hundert Gramm Brot immerhin einem Drittel der empfohlenen Tagesaufnahme entspricht.

Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE unterstützt diese Form der Brot-Anreichung, gibt aber zu bedenken, dass Weizenkleie vor allem aus unlöslichen Nahrungfasern besteht. Kleie bzw Vollkornprodukte sollten nicht die einzige Nahrungsfasern-Quelle bilden. Früchte und Gemüse, welche mehr lösliche Fasern enthalten, gehören weiterhin auf den Speisezettel. Denn die wichtigen gesundheitlichen Vorteile beruhen auf einem ausgewogenen Verhältnis von löslichen und unlöslichen Fasern (als ideal gilt 1 : 3). Ausserdem ist gemäss SGE zu berücksichtigen, dass für den gleichen Gesundheitswert unvermahlene Kleie nicht 1 : 1 durch mikrofeine ersetzt werden kann, da das Quellvermögen durch das Mahlen abnimmt. (GB)

Ein Faserinobrot aus hellem Mehl besitzt die Farbe eines Ruchbrotes. Das Feinvermahlen macht die Kleie sensorisch eleganter und das Brot feuchter. Ausserdem ist die Frischhaltung besser, der Geschmack wird kräftiger und die Farbe dunkler.


Vollkornprodukte sollen noch gesünder werden

Neue Formen und Einsatzmöglichkeiten für Vollkorngetreide sucht das EU-Projekt Healthgrain (http://www.healthgrain.org). 200 Getreidesorten wurden von den Forschern durch Kreuzung gezüchtet, verarbeitet und auf ihre gesundheitsfördernde Wirkung untersucht. Die 20 inhaltsreichsten Sorten davon werden auf die Möglichkeiten ihrer technischen Verarbeitung als auch auf ihre Wirkung im menschlichen Stoffwechselprozess überprüft. Ziel des Projekts ist es, auf dieser Basis gesündere Back- und Teigwaren sowie Strategien zu deren besseren Akzeptanz zu entwickeln.

"Die Akzeptanz von Vollkornprodukten ist regional sehr verschieden", sagt Gerhard Schleining, Lebensmitteltechnologe an der Wiener Universität für Bodenkultur (www.boku.ac.at) und Healthgrain-Partner. "In Italien sind etwa gesundheitsbezogene Hinweise auf der Produktbeschreibung weniger gern gesehen als in Finnland, Deutschland oder England." Dementsprechend gering bleibe daher bisher die Nachfrage nach Vollkornprodukten. Schleining lobt hingegen das Bewusstsein in Österreich, Deutschland und der Schweiz. "Es gibt im Handel zunehmend mehr Vollkorn-Produkte dunklen und auch bereits hellen Typs." Auch in Zukunft würde hierzulande der Trend anhalten, weswegen laut dem Wiener Lebensmittelforscher Potenzial für den Absatz neu entwickelter Produkte bestehe.

Eine grosse Herausforderung für die Technologen ist die Qualität der Vollkornprodukte. "So macht etwa der fettreiche mitvermahlene Keim die Vollkornprodukte anfälliger für Oxidationen und somit kürzer haltbar", erklärt Schleining. Weiters entsprechen oft sensorische Wahrnehmungen wie Geschmack, Körnigkeit oder ein geringeres Volumen bei Brot nicht den Konsumentenerwartungen. Viele Probleme konnten jedoch bereits gelöst werden. "Vollkorn-Nudeln kleben heute nicht mehr wie früher und schmecken auch den Italienern gut", betont der Wiener Wissenschaftler.

Bei Vollkornprodukten wird das Korn als ganzes verwendet anstatt es zuvor von den Randschichten oder vom Keimling zu befreien. Damit bleiben wertvolle Ballaststoffe, antioxidativ wirkende Substanzen, Vitamine und andere gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe erhalten. "Beta-Glucane senken etwa den Cholesterinspiegel und die Kohlenhydrate wirken sich durch ihre langsame Verdauung positiv auf den Blutzuckerspiegel und das Wohlbefinden positiv aus", so Schleining. (pte)
(gb)

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