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Fleisch kontra Ersatzprodukte - gesundheitlich betrachtet


Flexitarier essen sowohl Fleisch wie auch pflanzliche Ersatzprodukte und müssen sich überlegen welche Produktarten und wieviel von welcher Gattung sie in ihrer Kost einplanen sollen.


Die wichtigsten Kriterien für den Konsum von Fleisch bzw dessen Ersatzprodukte sind Gesundheitswert, Ökologie, sensorische Eigenschaften und der Ladenpreis. Bei den letzteren drei sind die Vor- und Nachteile offensichtlich: Ersatzprodukte kosten immer noch mehr als Billigfleisch. Alle tierischen Rohstoffe haben einen schlechteren ökologischen Fussabdruck als die pflanzlichen (ausser Insekten). Beim Geschmack und der Textur nähern sich Ersatzprodukte in schnellem Tempo dem Fleisch an – heute werden sogar vegane Steaks lanciert und in der Gourmetgastronomie feilgeboten. Doch beim Gesundheitswert sind viele umstritten.

Für Fleischersatz stehen zahlreiche proteinreiche Rohstoffe zur Verfügung: Oft verwendet werden Weizen, Soja, Erbsen, Linsen und andere Hülsenfrüchte. Die Nährwerte sind allerdings nur bedingt mit Fleisch vergleichbar. Oft ist der Proteingehalt zu niedrig und der Fett- sowie Salzgehalt zu hoch.

In der Kritik stehen auch die zahlreichen Zusatzstoffe in Industrieprodukten. Die gesetzlich bewilligten gelten zwar als unbedenklich, sind aber nicht für langfristigen Konsum geprüft. Emulgatoren fördern gemäss der Biomedizinerin Eva Vissers von der Universität Löwen chronische Darmentzündungen und somit das Krebsrisiko. Intensive Verarbeitung mit Extrusion oder Kolloidmühlen könnte ausserdem die Mikroorganismen dezimieren, was sich ungünstig auf den Darm auswirkt.

Und die meisten Fleischalternativen gelten als hochverarbeitet. Diese Produkte (ultra-processed food UPF) fallen seit Jahren in Studien negativ auf wegen ihrem Krebsrisiko wie aus einer Studie der Pariser Universität Sorbonne hervorgeht. Und kürzlich gelangte die Krebsforscherin Reynalda Cordova von der Universität Wien zum Schluss, dass UPF-Dauerkonsumenten häufiger an Diabetes leiden.

David Fäh, Ernährungswissenschaftler an der Berner Fachhochschule, gibt zu Bedenken: «Je stärker ein veganes Produkt verarbeitet ist, desto geringer ist der Vorteil der pflanzlichen Machart». Und er meint, Vegi-Fleischersatz sei zwar gesünder als Fleisch, aber industrielle Verarbeitung und Zusatzstoffe würden diesen Vorteil schmälern. Dass dies nicht so sein muss, zeigen die veganen Fleischersatzprodukte von Planted Foods AG, welche nur wenige Zutaten und keine Zusatzstoffe enthalten.


Planted, eine Zürcher Startupfirma, gilt als Innovationsführerin und lancierte kürzlich ein neuartiges fermentiertes Steak auf pflanzlicher Basis


Planted verrät keine technologischen Details, wie sie Zusatzstoffe vermeidet sondern weist nur darauf hin, dass «über 65 F+E-Mitarbeitende in Kemptthal an Produkten und propriäteren Technologien arbeiten». Die verwendete Technik sei die «solid state Fermentation». «Um die Textur unseres Steaks zu erreichen, müssen wir zuerst den «Muskel» richtig hinbekommen, d. h. perfekt zarte Fasern mit Biss», so Firmensprecherin Vicky Kummer: «Hierzu wird die pflanzliche Grundlage wie ein Brotteig mit einer eigens entwickelten Mischung von Mikroorganismen fermentiert». Das Endprodukt sei ein Muskelstück mit saftigen, zarten, bissfesten Eigenschaften.

Umstrittene WHO-Kritik am Fleisch

Nicht nur Fleischalternativen sondern auch Fleisch selber ist heute gesundheitlich umstritten, vor allem rotes. Allerdings ist Frischfleisch durchaus gesund, wenn es haushaltmässig zubereitet wird. Fleischprotein besitzt eine viel bessere biologische Wertigkeit als pflanzliches. Eisen aus Fleisch wird vom Körper besser absorbiert als jenes in pflanzlichen Rohstoffen. Vitamin B12 ist ferner nur in tierischen Rohstoffen enthalten (in den pflanzlichen wird es sinnvollerweise zugesetzt). Die von Gesundheitsexperten empfohlene Zurückhaltung beim Fleisch ist jedoch sinnvoll, damit es nicht Gemüse vom Teller verdrängt (und wegen den ökologischen Nachteilen).

Aber hochverarbeitetes Fleisch steht in der Kritik, vor allem gepökeltes und geräuchertes. Die WHO hat verarbeitetes Fleisch und Wurstwaren als ungesund und krebserregend einstuft. Bei den von der WHO herangezogenen zehn Studien handelt es sich aber um sogenannte Beobachtungsstudien, deren Aussagekraft - ähnlich einem Indizienbeweis - in der Wissenschaft umstritten ist. Für kausale Beweise wären langfristige «Fütterungsversuche» nötig, was man nur mit Tieren machen darf. Erkenntnisse der Ernährungswissenschaften werden regelmässig hinterfragt. Es kommt oft vor, dass zunächst als riskant eingestufte Lebensmittel später rehabilitiert werden, so geschehen bei Butter, Kaffee, tierischen Fetten und Eiern.

Fleischersatz gesundheitlich optimieren

Welche Anforderungen Fleischersatzprodukte gesundheitlich erfüllen müssen, damit es Sinn macht, nennenswerte Mengen davon zu essen, erklärt Stéphanie Bieler, Fachexpertin Ernährung von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE: «Damit ein Produkt wirklich als Fleischersatz gelten kann, sollte der Proteingehalt mind. 10g/100g betragen. Ausserdem wäre es begrüssenswert, wenn der Salz- und Fettgehalt, insbesondere die gesättigten Fettsäuren, relativ gering wäre». Und sie kritisiert die «stark verarbeiteten Fleischersatzprodukte (vegetarische Produkte vom Typ «Schnitzel», «Burger» oder «Wurst»), weil sie häufig viel Fett und nur wenig Protein enthalten. Hinzu kommen oft Geschmacksverstärker und Aromastoffe.


Fleisch besitzt eine viel bessere Proteinqualität als Hülsenfrüchte, aber diese enthalten protektive Stoffe und Nahrungsfasern.


Vorzuziehen seien «natürliche», d. h. wenig oder gar nicht gewürzte Fleischersatzprodukte wie Tofu oder Tempeh nature, texturierte Sojabohnen, Geschnetzeltes auf Erbsen- oder Mykoproteinbasis (Quorn) nature. Die natürlichen besitzen im Vergleich zu Fleisch(produkten) meist einen geringeren Gehalt an gesättigten Fettsäuren. Dafür enthalten die Fleischalternativen gesunde Nahrungsfasern, welche im Fleisch nicht vorkommen.

Gesundheitsregeln für Flexitarier

Zu welchen Anteilen sollen/können Flexitarier Fleisch bzw Ersatzprodukte regelmässig essen hinsichtlich einer gesunden ausgewogenen Kost? Dazu die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE: Eine flexitarische Ernährung entspricht der Schweizer Lebensmittelpyramide, die im Grundsatz nicht mehr als zwei bis drei Portionen Fleisch pro Woche empfiehlt. Neben den drei Milchprodukten pro Tag wird eine Portion eines weiteren proteinreichen Lebensmittels pro Tag empfohlen. Dabei soll zwischen den einzelnen Vertretern (Fleisch, Fisch, Ei, Tofu, Quorn etc) abgewechselt werden.

Hochwertige Fleischersatzprodukte gehören in diese Kategorie und können ebenfalls in den Speiseplan eingebaut werden. Fleischersatzprodukte, die jedoch kaum Protein enthalten, zählen nicht dazu. Sie sollten Lebensmittel, die den Bedarf an Proteinen und anderen Nährstoffen des Körpers decken, nicht vom Teller verdrängen. Und die deutsche Gesellschaft für Ernährung gibt eine konkrete Empfehlung: Eine gesundheitsfördernde und ökologisch nachhaltigere Ernährung besteht zu mehr als ¾ aus pflanzlichen Lebensmitteln und zu knapp ¼ aus tierischen. (GB)

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