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.LANDWIRTSCHAFT: Eierproduzenten planen Kükentöten abzuschaffen
Der Ausstieg aus dem Kükentöten in der Eierbranche soll dank neuartiger Technologie bis Ende 2025 Realität werden.

Die Schweizer Eierbranche steht an einem Wendepunkt: Der Ausstieg aus dem Kükentöten, ein ethisch stark umstrittenes Thema, das die Branche seit Jahren beschäftigt, ist nun greifbar nahe.

Dank intensiver Bemühungen, innovativer Technologie und einer breiten Zusammenarbeit innerhalb der Branche ist die Schweiz laut Vereinigung der Schweizer Eierproduzenten GalloSuisse auf dem besten Weg, als erstes Land weltweit eine umfassende, branchenweite Lösung zur Beendigung des Kükentötens zu realisieren.

Der Weg zu dieser Lösung war lang und von zahlreichen Herausforderungen geprägt. Bereits 2020 wurde der Beschluss gefasst, das Kükentöten in der Schweiz zu beenden. Doch die Umsetzung dieser Entscheidung erwies sich als deutlich schwieriger als ursprünglich angenommen. Besonders die Einführung der sogenannten In-Ovo-Technologie, die es ermöglicht, das Geschlecht eines Kükens bereits im Ei zu bestimmen, stellte die Branche vor immense Herausforderungen.

So herrschte lange Unsicherheit, ob die In-Ovo-Maschinen schon die Leistungsfähigkeit mitbringen, um insbesondere in den Spitzenzeiten bei den Brütereien die Qualität und Menge den Erwartungen und den Versprechen entsprechend zu liefern. Die Komplexität der Aufgabe und die Notwendigkeit, eine Lösung zu finden, die von der gesamten Wertschöpfungskette – von der Produktion bis hin zu den Konsumentinnen und Konsumenten – getragen wird, machten den Prozess noch anspruchsvoller. Ausserdem agiert die Branche in einem schwierigen Spannungsfeld zwischen Ökologie, Ökonomie und Ethik.

Technologischer Durchbruch mit In-Ovo-Geschlechtsbestimmung

Trotz der Verzögerungen kann GalloSuisse nun einen Durchbruch verkünden: Die In-Ovo-Geschlechtsbestimmung des Münchner Unternehmens Orbem und seines Automatisierungspartners Vencomatic Group steht nun bereit, um in der gesamten Schweizer Eierproduktion eingesetzt zu werden. Diese innovative Technologie, die auf einer Kombination aus beschleunigter Magnetresonanztomographie und Künstlicher Intelligenz basiert, ermöglicht es, das Geschlecht des Embryos bereits am 11. und 12. Tag der Bebrütung zu bestimmen – noch bevor das embryonale Schmerzempfinden nach heutigem Wissenstand einsetzt.




Diese Methode wird in beiden grossen Schweizer Brütereien ab Anfang 2025 schrittweise eingeführt. «Die Entscheidung für ein nicht-invasives Verfahren der Geschlechtsbestimmung im Ei spiegelt die Absicht wider, eine ökologisch, ökonomisch und ethisch sinnvolle Lösung zu finden», erklärt Daniel Würgler. Bis Ende 2025 sollen alle Prozesse eingespielt und voll implementiert sein, sodass das Kükentöten in der Schweiz endgültig der Vergangenheit angehört.

Gewisse Risiken bleiben noch

Ein Restrisiko, gerade was die Funktionstüchtigkeit der Technologie respektive der Maschinen betrifft, bleibt aber. Orbem verspricht heute eine Geschlechtsbestimmung von 3’000 Eiern pro Modul und Stunde: «Sollte die Maschine aber plötzlich stillstehen, können wir die Eier nicht einfach ein paar Tage später noch bestimmen, wenn das Problem behoben ist», erklärt Daniel Würgler. Die Branchenlösung sieht aber eine gewisse Pufferzone vor, sodass bei allfälligen Fehlern die Küken ausgebrütet werden, dann aber als Spezialfutter beispielsweise in Zoos landen, so wie bis anhin schon jeweils rund eine halbe Million Küken in diesem Kanal gelandet sind.

Derweil sollen die nach der Geschlechterbestimmung aussortierten Eier mit männlichen Embryonen wenn möglich weiterverwendet werden und sollen beispielsweise als ebenfalls Tierfutter dienen. «Die Verwendung von tierischen Mehlen ist ja wieder möglich – die Frage ist nun, ob dies auch genutzt wird», sagt Daniel Würgler und ergänzt: «Sollte es keinen Markt dafür geben, werden die aussortierten Eier Biogasanlagen zugeführt und es wird Energie daraus produziert.»

Der Preis des Wandels

Ein zentraler Aspekt bei der Umsetzung der neuen Technologien und Praktiken ist die Frage der Kosten. Die Einführung der In-Ovo-Geschlechtsbestimmung ist nicht nur technologisch anspruchsvoll, sondern auch kostspielig. Laut GalloSuisse belaufen sich die Gesamtkosten der Geschlechtsbestimmung im Ei auf etwa 3 Franken pro weibliches Küken. Diese Mehrkosten sollen transparent in die Preiskalkulationen aufgenommen und entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis zum Verkaufspreis der Eier weitergegeben und so gedeckt werden.

«Es wird erwartet, dass sich die Preise für verkaufsfähige Eier in der Direktvermarktung je nach Kategorie um bis zu 1,5 Rappen pro Ei erhöhen», erklärt Daniel Würgler, betonte jedoch, dass bei der Preisgestaltung weiterhin jede Produzentin und jeder Produzent unabhängig und frei bleibt.

«Die Akzeptanz insbesondere auch der Konsumentinnen und Konsumenten ist entscheidend für den Erfolg dieser Massnahme», unterstreicht der GalloSuisse-Präsident. Die Branche sei darauf angewiesen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher bereit seien, den Preis für eine ethisch vertretbare Eierproduktion mitzutragen. Denn gestiegene Produktionskosten für Futter, Energie und Junghennen stellen eine Herausforderung für die Produzentinnen und Produzenten dar.

Eine Vorreiterrolle für die Schweiz

«Zuletzt haben wir uns aber gemeinsam für den Ausstieg aus dem Kükentöten entschieden und auch wir als Produzentinnen und Produzenten stellen uns dem nun», erläutert Daniel Würgler weiter, «und wir sind uns bewusst, dass das nicht einfach wird.» So seien beispielsweise die Brütereien sowie die Aufzüchterinnen und Aufzüchter von Legehennen dann die ersten, die Geld in die Finger nehmen und Vorleistungen machen müssten. «Es wird ein hartes Stück Arbeit und wird viel Überzeugung brauchen – deshalb wollen und müssen wir gemeinsam solidarisch sein», plädiert Daniel Würgler.

Mit der Einführung dieser umfassenden Lösung ist die Schweiz laut GalloSuisse aber auch das weltweit erste Land, das den Ausstieg aus dem Kükentöten auf branchenweiter Ebene vollständig umsetzt. Und dieser Erfolg sei eben nur möglich dank der engen Zusammenarbeit aller Akteure der Wertschöpfungskette – von den Brütereien über die Eiervermarktungsfirmen und Detailhändler bis hin zu den Konsumentenorganisationen. Die Vertreterinnen und Vertreter der Branche sind aber überzeugt, dass sie «gemeinsam eine tragfähige und glaubwürdige Lösung für ein gesellschaftliches Anliegen» gefunden haben.

Im Bio-Sektor führt ein anderer Weg zum Ziel Während die konventionelle Produktion auf die In-Ovo-Technologie setzt, geht der Bio-Sektor einen anderen Weg. Hier erfolgt der Ausstieg aus dem Kükentöten über die Aufzucht von Bruderhähnen und die Haltung von Zweinutzungshennen. Schon jetzt werden über die Hälfte der Bruderhähne aufgezogen, bis Ende 2025 soll dieser Anteil gemäss den Bio-Richtlinien auf 100 Prozent ansteigen. Zweinutzungshühner, die sowohl Eier legen als auch Fleisch liefern können, ergänzen diesen Ansatz. (LID)
(gb)

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