Foodfachzeitung im Internet
Admin aufrufen
Donnerstag, 10. Juli 2025
News, Tipps, …
Druckansicht 02.08.2023
KOMMENTAR: Nachhaltigen Lebensmittelkonsum vereinfachen

Wie der europäische Lebensmittelkonsum gesünder und nachhaltiger werden kann, haben Wissenschaftler:innen aus ganz Europa in einer Arbeitsgruppe für die Europäische Kommission zusammengefasst. Jutta Roosen, Professorin für Marketing und Konsumforschung an der Technischen Universität München (TUM), hat an diesem Report mitgewirkt. Die Ergebnisse sollen die EU-Kommissare bei der Überarbeitung der Farm to fork-Strategie unterstützen. Prof. Jutta Roosen spricht im Interview über Kennzeichnung, Werbung an Kinder sowie weitere mögliche Wege zu nachhaltigerem und gesünderem Lebensmittelkonsum:

Lebensmittel einzukaufen ist eine sehr einfache Kaufentscheidung. Wir setzen uns damit nicht lange auseinander und tätigen häufig Gewohnheitskäufe. In unserer Überblicksarbeit für die EU-Kommission haben wir festgestellt, dass es viele Elemente in der näheren Verbraucherumwelt gibt, die die Lebensmittelauswahl mit beeinflussen, wie zum Beispiel die Preise, das Angebot oder in welchem sozialen Kontext man steht. Vor allen Dingen muss man versuchen, in dieser Umwelt Anreize zu schaffen, damit gesündere und nachhaltigere Produkte ausgewählt werden.

Die Einstellungen zu nachhaltigen Lebensmitteln aus den Umfragen widerspiegeln sich häufig nicht im Kaufverhalten. Man spricht von der Einstellungs-Verhaltens-Lücke, also, dass Konsumenten nachhaltigen Produkten grundsätzlich sehr positiv gegenüberstehen, dies aber bei der Kaufentscheidung nicht umsetzen. Dafür gibt es viele Faktoren, die Zahlungsbereitschaft, aber auch, dass es gar nicht die Auswahl gibt. Bei Tierwohlprodukten haben wir zum Beispiel festgestellt, dass die Erhöhung der Anzahl an Tierwohlprodukten es wahrscheinlicher macht, dass Kunden Produkte mit höheren Standards auswählen.

Was muss passieren, damit nachhaltige und gesunde Ernährung gefördert wird? Der Ansatz unserer Expertengruppe ist es, das gesamte Lebensmittelsystem ins Auge zu fassen. Politikmassnahmen müssen aufeinander abgestimmt werden. Es muss sichergestellt werden, dass nicht einerseits Massnahmen nachhaltige Ernährung fördern sollen, aber gegenläufige Produktionsmethoden subventioniert werden.

Die Verantwortung darf nicht allein den Verbraucher:innen übergeben werden. Die Politik muss diese unterstützen, um ihre Ernährungssicherheit und finanzielle Möglichkeiten sicherzustellen, damit sie sich solche Produkte leisten können. Zudem muss die ganze Ernährungsumwelt darauf ausgerichtet sein, nachhaltigen Konsum einfach zu machen.

Die Konsument:innen müssen dabei unterstützt werden, ihren Einstellungen beim Einkauf Ausdruck zu verleihen. Dafür müssen Gesetze europaweit aufeinander abgestimmt sein. Bei Initiativen der Mitgliedsländer kann die Europäische Union Kohärenz herstellen und für gemeinsame Standards werben. Beispielsweise könnte es Empfehlungen in Bezug auf an Kinder gerichtete Werbung geben . Dann muss nicht jedes Land seine eigenen Standards entwickeln.

Bei der Farm to Fork-Strategie, einer agrarpolitischen Massnahme, die helfen soll, das EU-Lebensmittelsystem nachhaltiger zu gestalten, gibt es verschiedene Ziele. So sind die Verminderung der Lebensmittelabfälle und die Ausdehnung der Bio-Landwirtschaft als Zielsetzung verankert. Um dies zu erreichen, muss Nachfrage erzeugt werden. Die vereinfachte Nährwertkennzeichnung auf der Verpackung kann dazu beitragen, indem sie auf den Bereich Nachhaltigkeit ausgedehnt wird. Für Konsument:innen wird dadurch beim Kauf im Einzelhandel der Produktionsprozess transparenter.

Die Abstimmung von Massnahmen aufeinander und umfassende Politikpakete zu schnüren sind in meinen Augen die wesentlichen Ansatzpunkte. Für eine Veränderung des Verhaltens ist es wichtig, die verschiedenen Massnahmen aufeinander abzustimmen und mehrere Ansatzpunkte zu wählen. Nicht nur die Kennzeichnung, sondern ebenso die Auswahlmöglichkeiten in einem Standard-Supermarkt müssen diskutiert werden. Kann man beispielsweise festlegen, dass ein gewisser Anteil an Produkten festgelegten Kriterien folgen muss?

Wie wir mit den neuen Medien umgehen ist ein weiteres Thema. Wenn wir zum Beispiel an Kinder gerichtete Werbung verbieten oder einschränken, können wir kaum verhindern, dass Kinder trotzdem die Werbung auf Instagram oder TikTok sehen. Wir haben hier heute deutlich weniger Eingriffsmöglichkeiten als bei der klassischen TV-Werbung im Kinderkanal. (Technische Universität München)
(gb)

News, Tipps, … – die neuesten Beiträge
08.07.2025
dFORSCHUNG: Forscher entwickeln kompostierbares Einmalgeschirr
07.07.2025
dTIPPS: Grill-Saucen und -Dips do it yourself
04.07.2025
dWISSEN: Tomaten - beliebt in allen Küchen
03.07.2025
dFORSCHUNG: Elektronische Nase gegen Foodwaste
29.06.2025
d TIPPS: Tofu, Gemüse und Pilze richtig grillieren
27.06.2025 dSAISON: Melone als durstlöschendes, süsses Gemüse
24.06.2025 dFORSCHUNG: Wie Fruchtzucker Entzündungsrisiko steigert
20.06.2025 dTIPPS: Grillideen für Feierabend – kreativ und schnell
19.06.2025 dNEWS: Waadtländer Bäcker gewinnt «Bäckerkrone 2025»
18.06.2025 dKOMMENTAR: Nahrungsergänzungsmittel nicht ohne Informiertheit
16.06.2025 dTIPP: FOOD ZURICH! 12.-22. Juni 2025 in Zürich
13.06.2025 dTREND: Geflügel legt weiter zu, Schweinefleisch verliert
12.06.2025 dKOMMENTAR: Umstrittene Hybridprodukte mit Zucker und Süssstoffen
10.06.2025 dWISSEN: wird Broccoli durch schneiden gesünder?
08.06.2025 dNEWS: DNA-Herkunfts-Check von Proviande hat Ziele erreicht
05.06.2025 dWISSEN: Darum sind Kartoffeln gesund
04.06.2025 dNEWS: Schweizer Fleisch erfüllt neue Deklarationsregeln bereits
02.06.2025 dTIPP: Spitzengemüse Spitzkohl: zart und mild-süsslich
01.06.2025 dWISSEN: Hirse – Nischenprodukt aber grosse Vielfalt
30.05.2025 dTIPP: Exotischer Basilikum schmeckt anders
28.05.2025 dNEWS: Neue Deklarationspflichten für tierische Lebensmittel
23.05.2025 dFORSCHUNG: Künstliche Süssstoffe regen Hunger an
22.05.2025 dTIPP: Kräuterpesto als Ultrafrischprodukt
20.05.2025 dTIPP: Street Food Festival Zürich 11.6.- 6.7. 2025
19.05.2025 dFORSCHUNG: Wenn Hunger die Wahrnehmung steuert
16.05.2025 dKOMMENTAR: Ganzheitliches Konzept für gesunde, nachhaltige Ernährung
15.05.2025 dNEWS: Bund soll Zulassung von Laborfleisch vereinfachen
13.05.2025 dFORSCHUNG: Platterbse – wiederentdeckte proteinreiche Hülsenfrucht
12.05.2025 dTREND: BioSuisse will Bio-Marktanteil auf 15% steigern
11.05.2025 dNEWS: Neue Basiskampagne für «Schweizer Fleisch»
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland