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Druckansicht04.09.2020
Kaufverhalten hält Bioanteil tief beim Schweinefleisch
In der Schweiz gäbe es genügend Schweinefleisch-Produzenten, die bereit wären, auf Bio umzustellen, doch fehlt aktuell die Nachfrage. Der Bio-Anteil liegt beim Schweinefleisch bei nur 1,9 Prozent.


Wenig Platz, kein Auslauf


Die konventionelle Schweinehaltung in der Schweiz sieht gerade mal 0,9 Quadratmeter Fläche pro Schwein vor. Auslauf ist nach Tierschutzverordnung nicht vorgeschrieben. Vorschrift sind jedoch Gruppenhaltung sowie Beschäftigungsmaterial. So lohnt sich Schweinefleischproduktion zumindest einigermassen. Ganz anders sieht es beim Bio-Schweinefleisch aus. Dort liegt der Kilopreis bei gerade mal Fr. 6.80. Doch bräuchte es mindestens Fr. 7.20 pro Kilo, damit die Kosten gedeckt wären. Naheliegend, dass für viele Schweinehalter eine Umstellung auf Bio-Produktion keinen Sinn macht. Die Nachfrage auf der Konsumentenseite ist schlicht nicht vorhanden.

«80% der Teile eines Bio-Schweine werden weiter veredelt zu Charcuterie-Produkten, weil der typische Bio-Fleischkonsument wenig Fleisch isst. Etlichen Konsumenten ist wohl auch der Preis zu hoch», sagt Andreas Bracher. Bio-Schweinefleisch-Produkte ab Hof seien aber durchaus beliebt. Trotzdem: Die Nachfrage liegt noch immer klar unter 2%. In den letzten Jahren ist sie auf sehr tiefem Niveau leicht angestiegen. Aktuell werden etwa 40'000 Bio-Schweine pro Jahr geschlachtet, mehr kann der Markt zurzeit nicht aufnehmen. Dieses Fleisch findet den Weg zum Konsumenten entweder über den Direktverkauf oder über die beiden Fleisch-Verarbeiter Micarna und Bell.

In Zukunft könnte der Bio-Schweinefleischanteil weiter langsam wachsen. «Wir haben junge Konsumenten, welche bewusst einkaufen. Tendenziell essen sie weniger Fleisch, umso mehr sind ihnen die Herkunft und die Haltung der Tiere wichtig», lautet die Einschätzung von Bracher. Aus diesem Grund wird es gemäss seiner Einschätzung zu einem geringen Marktwachstum kommen.

Auch Barbara Früh, Leiterin Tierwohl und Tierhaltung beim Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), geht davon aus, dass die Konsumenten künftig mehr Bio-Fleisch nachfragen werden und die Produktion etwas weiterwachsen könnte. «Die Gesellschaft hinterfragt den Umgang mit dem Tier viel stärker. Bio und artgerechte Tierhaltungssysteme haben Zukunft», ist sie überzeugt. Der Kauf von Bio-Schweinefleisch sei letztlich ein Statement der Konsumenten, welche Art von Landwirtschaft sie haben möchten. Adrian Schütz von Suisseporcs ist diesbezüglich zurückhaltender: «Mit Blick auf die stetig wachsende Weltbevölkerung glaube ich eher, dass künftig effiziente Haltungssysteme betrieben werden».

Teure Bioproduktion

Die Produktion von Schweinefleisch nach biologischen Richtlinien ist teuer. Da es sich um einen ganzheitlichen Ansatz handelt, braucht es nebst grösseren Stallflächen, auch viel Stroh, das ebenfalls aus Bio-Anbau stammen muss. Ebenso muss das Futter aus biologischer Produktion stammen. Dazu kommt er viel grössere Arbeitsaufwand, längere Säugezeiten sowie höhere Kosten beim Zukauf von Tieren. Den Galtsauen muss zudem ein Areal zum Wühlen oder Weiden zur Verfügung stehen. Nicht auf allen Betrieben ist dies von den Gewässerschutz-Richtlinien her überhaupt machbar.


Teure Bio-Schweinehaltung mit hohen Anforderungen


Damit die Schweizer Bio-Schweinefleischproduktion weiter zunehmen könnte, bräuchte es mehr Abnehmer. Es bräuchte mehr Grossverteiler, mehr Gastronomiebetriebe und mehr Detailhändler, welche Bio-Schweinefleisch anbieten und vor allem mehr Konsumenten, welche Bioschweinefleisch kaufen. Voraussetzung dazu ist ein grundsätzliches Umdenken. Deshalb liegt die Hoffnung aktuell auf der nachkommenden Generation, der die Herkunft und Haltung der Tiere ein grosses Anliegen ist. Eine Generation, die grundsätzlich weniger Fleisch isst und wenn doch, dann sehr bewusst. So könnte die Bio-Schweinefleischproduktion längerfristig doch noch zu einem grösseren Marktanteil kommen.

Schweinefleisch kämpft mit Image-Problemen

Seit vielen Jahren gilt Schweinefleisch zu Unrecht als ungesund. Dieses Vorurteil hält sich hartnäckig, obwohl Untersuchungen schon längst gezeigt haben, dass diese Fleischart viel wertvoller ist als bisher angenommen. Konsumenten, aber auch Einkäufer der Gastronomie machen ungebrochen Jagd nach möglichst billigem Schweinefleisch.

Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass Schweine in der Schweiz für den Endkonsumenten kaum sichtbar sind. Kaum jemanden interessiert beim Kauf von Schweinefleisch wie die Tiere vorher gelebt haben. Ganz im Unterschied zu anderen Fleischarten, wo dieser Aspekt immer mehr Menschen zu interessieren scheint. So bräuchte es auch beim Schweinefleisch ein gesellschaftliches Umdenken und ein verändertes Kaufverhalten, um langfristig und nachhaltig etwas verbessern zu können. (Text: LID)
(gb)

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