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Was genau sind hochverarbeitete Lebensmittel?


Beispiele für hochverarbeitete Produkte (ultra-processed foods, UPF) sind hochgradige Conveniencekomponenten wie vorfritierte Nuggets, gefüllte Krapfen, Wurstwaren oder vegane Fleischalternativen. Ihnen ist gemeinsam, dass ihre Rohstoffe viele Verarbeitungsprozesse durchlaufen haben.


Weltweit ist jeder fünfte Mensch im Alter von fünf bis 19 Jahren laut eines UNICEF-Berichts übergewichtig, jeder Zehnte sogar fettleibig. Damit erhöht sich das Risiko für viele Krankheiten. Studien zeigen Zusammenhänge zwischen einem hohen Konsum an hochverarbeiteten Lebensmitteln (Ultra-Processed Foods, UPF) und Adipositas, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes und kardiovaskulären Erkrankungen auf.

Aber welche Lebensmittel gehören eigentlich in die Kategorie „hochverarbeitet“? Und welche Einteilung eignet sich sowohl wissenschaftlich als auch als Grundlage für politische Entscheidungen und für die Kommunikation in der Ernährungsbildung und -beratung? Auf der diesjährigen Arbeitstagung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) am 18. September 2025 versuchten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diesen Fragen zu nähern.

Eine einheitliche Definition zu „hochverarbeitet“ existiert bislang nicht. Die aus Mangel an Alternativen häufig angewandte, aber kritisch betrachtete NOVA-Klassifikation teilt Lebensmittel nach ihrem Verarbeitungsgrad, der Menge der Zutaten und Zusatzstoffe oder der Art der Verpackung ein und geht von 1 (unverarbeitet) bis 4 (hochverarbeitet). Knackpunkt: Sie berücksichtigt ausschliesslich die industrielle Verarbeitung von Lebensmitteln. Die Küchenpraxis zu Hause wird vernachlässigt.

Dabei zeigen Beispiele, dass sich angewandte Verarbeitungstechniken durchaus ähneln. Prägnant nachvollziehbar ist das beim Apfelmus aus gewerblicher Produktion versus selbst gemachtem Apfelmus. Ersteres landet in NOVA Kategorie 3 oder 4, also stark verarbeitet. Selbst gekocht dürfte es sich mit NOVA 1 schmücken.

Und auch die Frage, welche Gruppen von Lebensmitteln denn wirklich die genannten gesundheitlichen Risiken erhöhen, könnte in der NOVA-Klassifikation stärker herausgearbeitet werden. Dazu müssten die hochverarbeiteten Lebensmittel (Gruppe 4) stärker differenziert betrachtet und in Subgruppen unterteilt werden.

Mit dem Blick auf den steigenden und nachvollziehbaren Einsatz von Alternativprodukten (Fleisch-, Milch- und andere Produkte) im Haushalt, aber auch in der Gemeinschaftsverpflegung und immer weniger frisch verwendeten Lebensmitteln brauchen wohl Wissenschaft und Forschung andere Definitionen und mehr Daten. Verbrauchende hingegen sind auf verständliche Kommunikation und Entscheidungshilfen angewiesen.

Wie nachhaltig denn UPF eigentlich sind, darauf wird bislang kaum eingegangen und das ist auch forschungsseitig unterrepräsentiert. Hier geht es zum Beispiel um den Energieeinsatz und die Herkunft der Rohstoffe. Da in die DGE-Ernährungsempfehlungen solche Aspekte eingeflossen sind, würde man sich hierzu auch im Verarbeitungssektor mehr Erkenntnisse und Verantwortung wünschen.

Doch unabhängig davon, welche Einteilung man zugrunde legt: Die ständige Verfügbarkeit und Vermarktung von zuckerhaltigen Getränken, salzigen und süssen Snacks sowie Fast Food, einschliesslich hochverarbeiteter Lebensmittel und Getränke sieht UNICEF als Haupttreiber vieler Erkrankungen. Besonders im Fall der Erfrischungsgetränke decken verschiedene Studien diese Einschätzung. Für alles andere gibt es viel zu tun. (BZfE)

NOVA-Klassifizierung

Gruppe 1 «unverarbeitete oder minimal verarbeitete Lebensmittel»: rohe und vorgerüstete Lebensmittel aber auch gekochte, getrocknete, vergorene oder tiefgekühlte.

Gruppe 2 «verarbeitete kulinarische Zutaten»: Zutaten und Halbfabrikate. Prozesse sind Mahlen, Pressen, Raffinierung, Zerkleinern. Beispiele: Butter, Fette, Öle, Zucker, Salz, Rahm, Maisstärke.

Gruppe 3 «verarbeitete Lebensmittel»: aus Gruppe 1 und 2 hergestellte Produkte. Beispiele: Gemüse-, Obst- oder Fischkonserven, gesalzene Nüsse, geräuchertes oder gepökeltes Fleisch, Käse, Frischbrot.

Gruppe 4 «hochverarbeitete Lebensmittel» (UPF): Lebensmittel mit Zusatzstoffen sowie Zutaten, die mehrheitlich nur in der Industrie verwendet werden wie gehärtete Fette, Glukosesirup, isolierte Proteine wie Casein, Molkenprotein, Gluten, Sojaprotein. Typische UPF-Prozesse sind Hydrierung, Hydrolysierung, Extrusion, Frittieren. Beispiele: Süssgetränke, Glacé, Fertigkuchen, Schokolade, Kakaogetränke, Instant-Saucen, Wurstwaren, Nuggets, Burger, Fertigmahlzeiten, pflanzliche Fleischalternativen. Das ursprüngliche Lebensmittel ist häufig nicht mehr als Ganzes enthalten.

Kommentar der Redaktion
Hochverarbeitete Convenience oft ungesund aber nicht immer

Der Begriff «hochverarbeitet» ist etwas irreführend, denn nicht der Verarbeitsgrad als solcher schmälert den Gesundheitswert sondern allenfalls die Art der Verarbeitung und die Zusammensetzung. Berechtigte Kritik trifft die übermässige Verwendung von raffinierten Zutaten, die Verluste an wichtigen Nährstoffen erleiden, allen voran Zucker, Stärke und schwach ausgemahlene helle Mehle.

Auch überzuckerte oder überfettete Produkte sind im Fokus sowie solche mit verpönten Zusatzstoffen, die vor allem in Industrieprodukten vorkommen. Aber bei diesen darf man nicht pauschalisieren: Verdächtig sind zB Pökelstoff, Glutamat, Emulgatoren und Süssstoffe, problemlos jedoch etwa Pektin und Zitronensäure. Die gesetzlich bewilligten gelten zwar als unbedenklich, sind aber nicht für langfristigen Konsum geprüft. Emulgatoren fördern gemäss der Biomedizinerin Eva Vissers von der Universität Löwen chronische Darmentzündungen und somit das Krebsrisiko.

Es gibt stark verarbeitete und dennoch gesunde UPF wie zB Ovomaltine, der Vollkorncracker Darvida und Bio-Birchermüesli von Bio-familia, alle drei ohne Zuckerzusatz. Oder als modernes Beispiel die veganen Pouletimitation von Planted Foods, die aus nur drei Zutaten bestehen: Erbsenprotein, Erbsenfasern, Sonnenblumenöl. Erbsenprotein ist zwar auch raffiniert aber zumindest ist die Zusammensetzung des Endprodukts nicht ungesund: Fett, Zucker oder Zusatzstoffe sind nicht zugegeben.

Ferner gibt es sogar verarbeitete Convenience mit höherem Nährwert als frische oder schwach verarbeitete. Seit langem ist bekannt, dass schockgefrostetes Tiefkühlgemüse in der Regel mehr Vit.C enthält als frisches nach einigen Tagen Kühllagerung. Spezialisiert auf gesunde Reformprodukte ist zB Morga, welche auch UPF von Snacks bis zu Fertiggerichten herstellt sowie Halbfabrikate von Vollkornteigwaren bis zu Pflanzenölen. Viele sind vegan oder bio. (GB)
(gb)

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