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Alles vom Grill bis zum Dessert, aber wie genau?
Der Gasgrill eignet sich für alle Arten von Grilladen, sogar für Brot, Heissrauch-Fisch und Desserts. Tipps und viel Wissenswertes vom amtierenden Vize-Grillweltmeister.

Philipp Glauser, Präsident der Swiss Barbecue Association hat kürzlich in Zürich einen Grillkurs für Hobbyköche durchgeführt. Das Themenspektrum reichte vom Apero (Grillwürste und Pizzafleischkäse von Bell) und gefüllten Hamburgern über die Vorspeise (geräucherter Wolfsbarsch, Pollo tonnato, grillierte Zuchetti) und dem Hauptgang (Schweinshals Holzfäller Art, Lammrack, Folienkartoffeln) bis zum Dessert (Rosmarin-Vanille-Flan, Schokoladekuchen).


Philipp Glauser, Metzger, Koch und Präsident der Swiss Barbecue Association gibt Grillkurse in Zürich. Er und sein Team wurden kürzlich an der Grill- und BBQ-WM 2015 in Göteborg Vize-Grillweltmeister.

Die übliche Grilltemperatur ist gemäss Glauser «170 bis 220 Grad. Die Ofentemperatur ist sekundär, wichtig ist die Kerntemperatur. 72 Grad heisst bei jeder Fleischsorte durchgegart. Weitergaren macht das Fleisch nur trockener». Er empfiehlt unbedingt ein digitales Kerntemperatur-Messgerät zu verwenden, das viel genauer sei als die Fingerdruckprobe. Anders bei Würsten, die «nur mittlere Hitze von 170 bis 200 Grad benötigen». Die Grilldauer hängt vom Kaliber ab und von der Sorte: Brühwürste sind vorgegart und schneller grilliert als rohe Bratwürste wie zB Waadtländer Bauernbratwürste. «Wenn sie prall aussehen, sind sie servierbereit», so Glauser.

Direkt oder indirekt grillieren?

Beim echten Grillieren, d.h. mit hohem Infrarotanteil dringt die Strahlung schnell ins Grillgut ein, so dass dieses innerlich nicht austrocknet. Oberflächlich dagegen entsteht die erwünschte Kruste. Die Holzkohleglut erzeugt ihre Hitze vor allem durch Infrarot-Strahlung, die viel mehr Power besitzt als heisse Luft. Ein Stabgrill dagegen überträgt die Hitze anders als ein Holzkohlegrill oder eine Griddleplatte: er liefert auch Heissluft, welche die ganze Grillgut-Unterseite gleichmässig gart. Diese unterstützt den Bräunungsprozess, vor allem ein Vorteil bei Würsten, die keine gerade Auflagefläche haben.


Zum indirekten Grillieren legt man eine Aluschale mit Wasser oder Bier und Kräutern auf die unter den Rost: beim Gasgrill auf die Abdeckung der Gasflamme und beim Holzkohlegrill neben die Glut.

Bei der direkten Grillmethode liegt das Grillgut direkt über der Hitzequelle. Die Temperatur erreicht üblicherweise bis 300 Grad, aber es gibt Hochtemperaturgeräte bis 800 Grad. Die direkte Methode bietet sich für alle Speisen an, die weniger als 25 Minuten benötigen und bräunen sollen wie Würste, Steaks oder Geflügelstücke ohne Knochen. Damit das Grillgut gleichmässig gart, sollte es in der Hälfte der Garzeit einmal gewendet werden.

Beim indirekten Grillieren ist die Hitzequelle (Kohle, Briketts) nicht direkt unter dem Grillgut, sondern seitlich platziert. Hier ist der Anteil der Wärmeübertragung mit der sanften Konvektion (Umluft) höher. Unter dem Grillgut über den Kohlen liegt eine mit Wasser gefüllte Aluschale. Diese fängt das heruntertropfende Fett auf. Die Hitze steigt nach oben und zirkuliert um das Grillgut. Der geschlossene Deckel reflektiert die Hitze, so dass sie auch von oben kommt. Zugleich verdunstet das Wasser und umgibt bei geschlossenem Grill-Deckel die Speisen auf dem Rost als heisse feuchte Luft. Dadurch trocknen sie aussen kaum aus.

Die indirekte Methode empfiehlt sich für alle Speisen, die länger als 25 Minuten garen müssen, wie Bratenstücke, ganze Fische oder grosse Geflügelstücke. Auch Speisen, die bei der direkten Methode schnell austrocknen oder anbrennen, werden indirekt grilliert. Weitere Vorteile der indirekten Methode sind auch, dass «kein Rauch entsteht und Wenden nicht nötig ist», betont Glauser. Diese schonende Methode eignet sich für Bratenstücke, Geflügel, Gemüse und Brot.

Temperatur-Regeln für Fleisch

Das Erhitzen von Fleisch bezweckt sensorische Verbesserungen (Zartheit, Aromenbildung, Bräunung) sowie eine hygienische Sicherheit. Ab 56 Grad koaguliert das Fleischprotein und ab 65 Grad werden pathogene Keime inaktiviert. Dies ist die minimale Temperatur für eine Pasteurisierung. Da Fleisch im Innern steril ist (sofern nicht angestochen), muss nicht das Innere sondern die Oberfläche pasteurisiert werden. Daher kann die Kerntemperatur nach dem Kriterium der Zartheit gewählt werden.

Um bei 65 Grad eine vollständige Pasteurisierung zu erreichen, ist eine Haltezeit von dreissig Minuten nötig. Bei siebzig Grad verkürzt sie sich auf zehn Minuten und bei 75 Grad auf fünf. Je nach Herkunft ist Fleisch in der Regel frei von Krankheitserregern wie Salmonellen, aber dies ist nicht garantiert, vor allem nicht beim Geflügel.

Einige Highlights vom Grillkurs am 23.6.2015:

Lammrack in der Kruste: zuerst brät man das Rack an, damit sich Röstaromen bilden, dann trägt man die Panade auf aus zerkleinertem Toastbrot, Kräutern, Butter, Senf, Knoblauch und Gewürzen. Indirekt fertig grillieren bei ca. 170 Grad bis zu 60 Grad im Kern (ca 15 Min).


Lammrack kurz angebraten


Auftragen der Panade für den Krustenmantel


Fertig garen mit der Panade. Die Kursteilnehmer schauen nicht nur zu sondern grillieren selber.


Perfekt gegart auf den Rosa-Garpunkt

Schweinshals oder –nierstück nach Holzfäller Art: das Fleisch wird mit Dörrzwetschgen und Knoblauchzehen gespickt, trocken gewürzt, mit Bratspeck umwickelt und Bindfaden gebunden. Garen bei 170 Grad bis 72 Grad im Kern, wenn möglich an einem Drehspiess.


Philipp Glauser gart das bardierte Nierstück auf dem Gasgrill


Die mittlere Grilltemperatur verleiht dem Speck eine attraktive Farbe

Für die Speck-Käse-Folienkartoffeln verwendet man rohe oder vorgekochte Kartoffeln (Sorte wie für Baked Potatoes), schneidet sie mehrmals quer ein und legt in die Schnittfläche abwechselnd eine Scheibe Speck und Käse. Dann gart man sie in der Alufolie und serviert sie mit Feigenquark oder Sour Cream. «Vorgekochte Kartoffeln füllen ist einfacher, sie neigen weniger zum brechen. Sie sind schneller grilliert als rohe», bemerkt Stephan Moor, ebenfalls Grillkurs-Lehrer.


Kartoffeln füllen


Der fertige Hauptgang-Teller mit Lammrack, gespicktem Braten, gefüllten Kartoffeln und Reis. Letzterer wird auf dem Seiten-Réchaud des Gasgrills in der Pfanne gekocht.

Auch Brot kann auf dem Grill gebacken werden mit frischem Teig. Grillweltmeister und Grillbuchautor Ueli Bernold verrät sein Rezept für Focaccia auf dem Gaskugelgrill mit dem Pizza-Chamottestein:

Zutaten für den Teig:
500 g Weizenmehl
20 g Frischhefe
30 g Olivenöl
5 g Salz
ca. 300 g lauwarmes Wasser
für den Belag: 10 g Gemüsegewürz

Für den Teig Mehl, Hefe, Olivenöl, Salz und ca. 300 g Wasser mischen und zu einem glatten Teig kneten. Sollte die Masse zu trocken sein, noch etwas Wasser dazugeben und an einem wärmeren Ort auf das Doppelte aufgehen lassen. Den Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche nochmals kurz durchkneten und zu einem ca. 10 mm dicke Fladen formen. Nochmals 15 Minuten ruhen lassen. Mehrere Vertiefungen in den Teig drücken. Teig leicht einölen. Die Gewürzmischung über die Focaccia verteilen.

Focaccia auf dem vorgeheizten Pizzastein ca. 8 bis 10 Minuten auf höchster Stufe backen. Back- und Pizzablech: Focaccia auf das Blech legen und im vorgeheizten Grill ca. 6 bis 8 Minuten auf höchster Stufe backen. Trichter: Normalposition, Deckel geschlossen. «Falls man den Teig nicht selber machen will: der "Focaccia-Teig von Buitoni ist exzellent», so Bernold.

Auf das fertige Brot kann man Olivenöl und Kräuter geben oder – bei Fladenform – Sauerrahm darauf streichen.


Den fertig gebackenen und noch ofenheissen Teig mit Crème fraîche bestreichen, mit Käse und Schnittlauch bestreuen und mit Salz und Pfeffer abschmecken.


Der Pizzastein wird auf den Warmhalterost gelegt und verteilt die Hitze. Der Warmhalterost dient eher zum gratinieren und backen als zum warmhalten.

Auch fürs Dessert gibt es viele Grillrezepte. Was man im Backofen produzieren kann, geht auch im geschlossenen Gasgrill wie zB ein Flan. Ein klassischer Flan benötigt gemäss Betty Bossi lediglich drei Zutaten: Milch, Eier und Zucker. Schon früh hat man herausgefunden, dass diese Mischung im heissen Wasserbad zu einer festen Masse stockt. Da Eigelb bei 75-80°C die Flüssigkeit bindet, bedarf ein Flan keiner weiteren Bindemittel. Wegen seiner Einfachheit ist der Flan in den Kochtöpfen der ganzen Welt anzutreffen. In Frankreich, Spanien, Portugal und Lateinamerika hat er lange Tradition. Der bekannteste Flan hierzulande ist unbestritten das Caramelköpfli oder korrekt benannt, «le flan au caramel».

Für ein Caramel-Köpfli caramelisiert man als Erstes Zucker und verteilt den daraus entstandenen Sirup gleichmässig in Förmchen. Eier und Zucker werden mit dem Schwingbesen gut gerührt, mit der heissen Milch vermischt und ebenfalls in die Förmchen gefüllt. Die Flans lassen sich im Backofen oder Gasgrill (auf dem Warmhalterost), im Dampfgarer oder im Dampfdruckgarer (Steamer) zubereiten.


Desserts vom Gasgrill: Vanille-Flan mit Rosmarin und Schokoladekuchen (Typ Rührteig)

Wichtig ist, dass man sie nicht zu früh aus dem Ofen nimmt, da sie im Gegensatz zum Pudding nicht beim Abkühlen dank einem pflanzlichen Geliermittel stichfest werden sondern in der Wärme dank dem Ei. Mit dem Fingerdruck kann dies getestet werden. Die Masse sollte leicht elastisch nachgeben. Oder man sticht einen Zahnstocher in die Masse: wenn nichts haften bleibt, ist der Flan bereit zur Abkühlung.

Vor dem Genuss sollten Caramelflans 12 Std. bis 2 Tage im Kühlschrank ruhen. Der Caramelsirup verbindet sich in dieser Zeit mit dem Flan, das Aroma geht in die Masse über, und er erhält seine typisch hellbraune Farbe. Zum Servieren stürzt man das Köpfli und garniert nach Belieben. Flans sind wandelbar und harmonieren mit verschiedenen Aromen, so auch mit Orange oder Kaffee.

Rezept
Caramel-Köpfli

Garen: ca. 15 Min.
Kühl stellen: mind 12 Std
Für 4 Förmchen von je ca. 1dl, kalt ausgespült

Creme:
3dl Milch
1 Vanillestängel, längs aufgeschnitten, Samen ausgekratzt
3 frische Eier
50g Zucker

Heisse Milch langsam unter Rühren mit dem Schwingbesen zur Eimasse giessen. Flüssigkeit in einen Krug giessen, so lässt sie sich gut in die Förmchen verteilen.

Garen im Wasserbad im Ofen oder auf dem Warmhalterost des Gasgrills: ca. 25 Min. Förmchen einzeln mit Alufolie bedecken, auf einen sauberen Lappen in ein ofenfestes Gefäss stellen. Siedendes Wasser bis zu 2/3 Höhe der Förmchen einfüllen. Ca. 25 Min. in der unteren Hälfte des auf 170 Grad vorgeheizten Ofens garen. Herausnehmen, Alufolie entfernen. Köpfli auskühlen, zugedeckt 1–2 Tage kühl stellen. (Quelle: Betty Bossi)
(GB)
(gb)

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