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Zweimal fritieren und weitere Fritier-Tricks
Warum Pommes zweimal fritieren? Warum schmecken industrielle Chips und Fasnachtschüechli meistens besser als handgemachte?

Fritieren ist ein Gar- und Trocknungsprozess, bei dem wasserhaltige Lebensmittel bei Temperaturen von 140 bis 180 Grad Celsius vollständig in Speiseöl oder -fett eintauchen. Fettstoffe haben eine hohe Wärmekapazität und können Wärme effizient bei Temperaturen weit über 100 Grad auf das Fritiergut übertragen.

Das Wasser im Lebensmittel wird infolge der Verdampfung in der Randzone sukzessive aus dem Inneren nachgeliefert. Solange Wasser austritt, herrscht in der Verdampfungszone eine Temperatur von rund 100 Grad. In einer ersten Phase bildet sich eine dünne Kruste, deren Struktur die Fettaufnahme und Knusprigkeit entscheidend beeinflusst.

Beim zweistufigen Fritieren von Pommes gart man die Kartoffelstücke in der ersten Phase bei 140 Grad und bräunt sie in der zweiten bei 175 Grad. Dazwischen kühlt oder frostet man sie. Dadurch verhindert man, dass sie zu dunkel werden und gleichzeitig innen halb roh bleiben, was beim einstufigen Fritieren geschähe. Erst wenn kein Wasser mehr aus dem Innern in die Randschicht wandert, steigt die Temperatur auch innen allmählich auf über 100 Grad. Dabei entsteht das typische Fritieraroma, die Knusprigkeit und die goldgelbe Farbe.



Es gibt Produkte, für deren Qualität die Industrie bessere Voraussetzungen besitzt dank grossen kontinuierlichen Anlagen, z.B. bei Fasnachtschüechli.


Pommes gehören zu den wenigen Industrieprodukten, die meistens den handwerklichen überlegen sind. Noch deutlichere Beispiele sind Pommes Chips und Fasnachtschüechli – alles fritierte Produkte. Was macht die Industrie, was Köche und andere Handwerker nicht können?

Eine geschlossene Fritieranlage mit 5000 Liter Öl im Kreislauf und aussenliegendem Wärmetauscher sorgt für besseren Wärmeübergang auf das schwimmende Fritiergut und schont andererseits das Öl. Beides macht sich bei der Produktqualität bemerkbar. Dies gilt vor allem für Kartoffelchips, die heutzutage nicht einmal mehr von Spitzengastronomen selbst hergestellt werden, oder wenn dann mit geringerem Erfolg.

Ausserdem: Die Ölqualität fritierter Produkte aus der Industrie ist oft besser und konstanter als jene von Kleinbetrieben. Die Gründe liegen meistens in der Friteusenkontruktion oder im Ölqualitätsmanagement. Aber auch Handwerker können viel tun, um ihre fritierten Produkte zu verbessern.


Moderne Grossfriteusen sind ölschonend konstruiert, und in der Industrie werden sie mit weniger Unterbrüchen betrieben. Ausserdem pflegen Grossbetriebe das Fritieröl oft sorgfältiger, indem sie es filtrieren oder sogar kühlen nach Betriebsende. Aber auch Kleinbetriebe können und sollten moderne Friteusen einsetzen unter dem Aspekt der Qualitätskonstanz und Kosteneinsparung. Eine ölschonende Konstruktion bedeutet eine aussenliegende Heizung, eine maximale Heizflächen-Temperatur von 200 Grad und eine geringe Hitzebelastung pro Flächeneinheit. Das Öl zirkuliert zwischen Fritiergut, Heizung und Filter.

Novafrit GmbH in Dortmund baut eine solche Kreislauf-Friteuse auch für gewerbliche Betriebe und erhielt dafür eine Innovationsprämie: Dieser LoopFryer besitzt nur vier Liter Ölvolumen aber gemäss Angaben der Firma die Leistung einer 24-Liter-Friteuse: Das Fett wird dadurch doppelt so rasch umgeschlagen, was den Auffrischeffekt stark erleichtert.

«Dank dem Fritiergut-Fritierölmengen-Verhältnis von 1 : 2,6 erreicht das Öl einen Gleichgewichtszustand bei nur 10% Polarstoffen», verspricht man bei Novafrit. «Die Acrylamidwerte bleiben ebenfalls tief». Die Polarstoffe sind ein Mass für den oxidativen Verderb, und gegen Acrylamid bestehen toxikologische Bedenken. Auch der Schweizer Friteusen-Konstrukeur Rolf Saurenmann baute seine Gewerbefriteuse «RoRo2000» nach diesem Prinzip.

Die Konstrukteure von Tauchheizungs-Friteusen preisen ebenfalls Ölschonung an: Roger Hohl von Gastrofrit AG weist auf die «grosse Heizfläche hin sowie auf eine Sparschaltung und abnehmbare Heizstäbe. Diese können dadurch täglich auf einfache Weise gereinigt werden». Bei Franke betont man, dass die «frifri-Heizkörper glatte Oberflächen haben, an denen nichts anbrennen kann».


Keller Bäckereimaschinen offeriert eine «selbstreinigende Friteuse» mit erzwungener Fettzirkulation innerhalb der Fritierwanne, wodurch die Wärme besser ans Fritiergut übertragen. Als Option bietet die Firma einen Durchlauffilter, der während des Betriebs Feinpartikel von hundert Mikrometer aus dem Öl-Vollstrom entfernt. Dank diesen zwei technischen Verbesserungen entstehen kaum Ablagerungen von polymerisiertem Fett, die sonst schwer zu entfernen sind. Und die Öl-Standzeit verdoppelt sich.

Professionelles Ölqualitätsmanagement

In der Gastronomie sind die Anforderungen an die Friteuse am höchsten im Vergleich zu Bäckereien und Metzgereien, weil Köche dasselbe Ölbad für sehr unterschiedliche Lebensmittel nutzen. In der Industrie jedoch werden Durchlauffriteusen eingesetzt mit wenig Sortenwechsel und seltenem oxidationsförderndem Heisshalten auf Fritiertemperatur, daher weisen Industrieprodukte oft eine bessere Ölqualität auf. Dies müssen sie auch, weil der Handel bei vorverpackten Produkten hohe Anforderungen an die Haltbarkeit stellt.

Gemäss den Jahresberichten der Kantonschemiker sind vor allem in der Gastronomie Fritieröl-Beanstandungen ein Dauerthema, denn aus Kostengründen werden Fritierfette in Kleinbetrieben oft bis zum Toleranzwert genutzt. Doch Fette sind Zutaten und haben eine Lebenskurve. Diese besitzt einen unterschiedlichen Verlauf für den Gesundheitswert und den Geschmack: Frischöl ist gesundheitlich am besten, geschmacklich aber fad. Im Bereich von 10-20% polaren Substanzen (oxidierte Fettmoleküle sind polar) erreicht der Geschmack seinen Höhepunkt. Dann ist aber der Gesundheitswert schon vermindert.

Je höher die polaren Anteile, desto mehr leidet die Bekömmlichkeit, und das Fritiergut nimmt zuviel Fett auf. Ein Fritierfett knapp unterhalb des Toleranzwertes von 27% polaren Substanzen mag akzeptabel sein, ist aber nicht gut. Man darf nicht vergessen, dass das Gesetz nur Mindestanforderungen stellt. Wer das Fett richtig bewirtschaftet, erreicht mehrere Ziele gleichzeitig: Konstant guten Geschmack, Kostensenkung und keine Beanstandungen.


Wer viel Pommes fritiert, erreicht auch durch Auffrischen, dass die Polarstoffe in ihrer Bandbreite bleiben: Saurenmann hat berechnet, dass man für 20 kg Pommes täglich 1.5 Liter Öl nachspeisen muss: «Dies reicht, um die Polarstoffe weit unter 27% zu halten, sofern man das Öl schont».

Dabei ist eine 9-Liter-Füllung in sechs Tagen sukzessive «umgeschlagen»: robuste Öle halten dies aus, wenn man alle Regeln der Kunst beachtet. Die Mischung pendelt sich unterhalb von 20% Polarstoffen ein und kann weiter aufgefrischt werden: es fällt kein Altöl an. Notabene: beim Fritieren darf man durchaus frisches Öl ins gebrauchte mischen. Tut man dasselbe aber beim Aufbewahren, wird das frische vom gebrauchten «angesteckt».

Moderne instrumentelle Schnellmethoden

Die polaren Anteile können zwar nur in einem Labor direkt analysiert werden, aber für die Betriebskontrolle stehen mehrere instrumentelle Schnellmethoden zur Verfügung. Die auf Fritieröl-QS spezialiserte Firma Gastro-Hygiene Anstalt in FL-Schaan empfiehlt den Food Oil Sensor CapSens 5000, welches die Dielektrizitätskonstante misst. Die Anzeigen erfolgen in Prozent polaren Anteile. «Die Korrelation zur Labormethode beträgt 99,9%», so Firmenchef Hans Enzler, der früher als Lebensmittelinspektor mit diesem Gerät arbeitete. «Das Gerät ist genau und sehr zuverlässig».

Die Messung erfolgt Offline mit einem Tropfen Öl. Für eine Inline-Messung eignet sich Testo 265, das gleichzeitig die Temperatur misst und somit den Thermostaten überprüft (im Angebot bei Pitec). Und die Friteusenkonstruktionsfirma Gastrofrit AG baut ein ähnliches Messinstrument direkt in ihre Friteuse ein. Allerdings zeigt es nicht Messwerte sondern Grün-Gelb-Rot-Stufen an.

Fritieröl schonen

Fett ist wasserabstossend, aber beim Fritieren entsteht Wasserdampf. Das Fritierfett bremst dessen Abtransport, doch diese Regel gilt aber nur für Frischöl. Gebrauchtes hingegen enthält polare Substanzen, die es durchlässiger machen. Dafür kann es besser ins Lebensmittel eindringen.


Fritieröl schonen heisst zum Einen regelmässige Kontrollen sowie die richtige Behandlung und zum Andern eine schonende Friteuse. Wer das Öl schont, fördert die Qualität und spart Kosten.


Verdorbenes Fritierfett nimmt das Wasser demzufolge schnell auf, und das Fritiergut trocknet zu stark aus. Die Folge: Pommes können im Innern hohl werden, und Poulet bleibt innen roh. Übernutztes Fett ist auch zähflüssiger: Das Fritiergut kommt fettiger heraus.

Aber bei der hitzebedingten Fettspaltung entstehen auch Geschmacksstoffe. Frischöl ist anfangs noch fad, erst ab 10 Prozent Polarstoffe nimmt es Geschmack an. Gleichzeitig sinkt die Haltbarkeit der fritierten Produkte mit zunehmendem Polarstoffanteil. Beim sofortigen Verzehr kommt Geschmack vor Haltbarkeit: Polarstoffe von 10 bis 20 Prozent sind ideal. Bei höheren Werten überwiegen die Nachteile der gesteigerten Fettaufnahme und der Unbekömmlichkeit.

Achtung aber, wenn Fritiertes vorproduziert und später regeneriert wird. Oder bei lagerfähigen Produkten: Der optimale Gehalt liegt unter 13 Prozent, wenn man Kartoffelsnacks herstellt.

Um das Öl zu schonen gelten einfache Sorgfaltsregeln: täglich filtrieren und nicht unnötig heisshalten – sonst bilden sich ranzige statt Röst-Aromen. Auch Temperaturen über 175 Grad beschleunigen nur den Fettverderb und die unerwünschte Acrylamid-Bildung, nicht aber den Garprozess. Wichtig ist daher, den Thermostaten mit einem Handthermometer zu kontrollieren.
(gb)

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