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25.09.2024 Messetipp: Int. Süsswarenmesse ISM 2025 ISM - weltweit grösste Messe für Süsswaren und Snacks, 2.-5.2.2025 in Köln. Mehr als 1500 Aussteller aus 70 Ländern Report Druckansicht 17.01.2014 Wie kann man Bündnerfleisch noch verbessern? Von der Fleischkonserve zur Delikatesse und zum Exporthit: Wie Bündnerfleisch entsteht und was man dabei noch verbessern kann.
In den Schweizer Alpen, zwischen 800 und 1800 Metern über Meer, wird seit Urzeiten eine Delikatesse hergestellt, das Bündnerfleisch. Begonnen hat die Produktion zu Zeiten, als die Wintermonate hart und lang waren und kein Weg in die abgelegenen Bergdörfer führte. Um während dieser entbehrungsreichen Zeit genug zu essen zu haben, galt es Vorräte anzulegen. Im Herbst, nach den Alpabzügen, schlachteten die Bauern einen Teil ihrer Herde, luden zu «Metzgeten» ein und tischten ihren Gästen die leicht verderblichen Nierli, Leberli, Blutwürste etc auf. Die schönsten und magersten Stücke vom Rind hingegen machten sie haltbar mit Pökelsalz und würzten sie mit Pfeffer, Knoblauch, Wacholder und Lorbeer. Sie hängten die Stücke dann vor ihren Heimetli auf, damit der stetige Wind, der den Tälern entlang streicht, das Fleisch trocknete. Die Herstellung von Bündnerfleisch ist ein Handwerk, das viel fachliches Können, Geduld und Leidenschaft erfordert. Der Prozess umfasst viele manuelle Arbeitsschritte. In einem handwerklichen Betrieb wird bei der Produktion jedes Stück Fleisch bis zu 70 Mal in die Hand genommen. Wie Bündnerfleisch heute hergestellt wird Das Rohmaterial gibt immer wieder Anlass zu Diskussionen. Ein Punkt ist dabei die Herkunft des Schlachtviehs. Soll man nur Milchkühe aus den Bündner Bergen und dem Schweizer Mittelland verwenden oder auch Rinder und Fleischkühe aus Argentinien und Brasilien? An dieser Stelle scheiden sich die Geister über die geschmacklich bessere oder die ökonomisch sinnvollere Variante. In der Schweiz verkauftes Bündnerfleisch stammt häufig von Bündner und Schweizer Kühen stammt, die Exportware dagegen von südamerikanischen Kühen. Einig ist man sich dagegen über die zu verwendenden Muskelpartien. Es sind die vier Muskelstücke des Stotzen: Unterspälte (Unterschale), runder Mocken (Fisch, Schlüsselriehmen), Eckstück (Oberschale) und Vorschlag (runde und flache Nuss), alles magere Muskelstücke. Pökeln Die gekühlten Fleischstücke werden von Fett und Sehnen befreit, mit Pökelsalz, Alpenkräutern und einer Gewürzmischung, deren Zusammensetzung als Geheimnis gehütet wird, behandelt und während einiger Zeit bei tiefen Temperaturen gelagert. Nur wenige kleine Hersteller verzichten auf den Pökelstoff Salpeter (E252), der auch die schöne, rötliche Färbung im Fertigprodukt garantiert. Nach dem Pökeln werden die Stotzenstücke kompakt in grosse Bottiche geschichtet, in sogenannte Standen aus Kunststoff oder Stahl. Die grossen Stücke liegen unten, die kleineren oben. Die Fleischstücke verlieren in dieser Produktionsphase Wasser, und es bildet sich eine Eigenlake. Je nach Produktionsart gewährleistet regelmässiges Umschichten oder Übergiessen der Stücke eine optimale Pökelung in der Lake.
Abhängig von der Grösse der Fleischstücke dauert dieser Vorgang fünf Tage bis fünf Wochen bei zwei bis sechs Grad Celsius. Gemäss dem Pflichtenheft für geschützte geografische Angaben (GGA) sind für die Herstellung von Bündnerfleisch auch moderne Technologien wie die Vakuumtumbler-Technologie und das Injektionsverfahren für die Pökelung erlaubt. Trocknen Nun folgt die Trocknungsphase. Dieser Prozess geschieht bei industriellen Grossproduzenten in klimatisierten Räumen. Es gibt aber einige kleinere Produzenten, die das Bündnerfleisch ausschliesslich an der frischen Bergluft trocknen und die klimatischen Bedingungen mit Öffnen oder Schliessen von Fenstern und durch sporadisches Umhängen regeln. Aber die Fleischstücke werden normalerweise in Trocknungsanlagen gehängt, wo das Fleisch während rund vier Monaten unter konstanten klimatischen Bedingungen trocknet. Der Vorteil des modernen Verfahrens: Bündnerfleisch kann nicht nur während der Wintermonate, sondern auch im Sommer hergestellt werden, wenn die Aussenluft feuchter ist. Als Vorbereitung für die Trocknung werden die Fleischstücke mit einer Bürste unter fliessendem Wasser gewaschen. In der Regel ist dies der Moment, um die Fleischstücke in einen Strumpf oder in ein Netz zu packen, was für das spätere Aufhängen und Pressen praktisch ist. Anschliessend werden die gepökelten Stotzenstücke bei 1 bis 10°C zum Antrocknen aufgehängt. Die Trocknung drei bis sechs Monate bei 12 bis 18°C, je nach Grösse der Stücke, wobei der Prozess in klimatisierten Räumen schneller abläuft. Das Stotzenstück verliert bis zur vollendeten Reife 45 bis 55 Prozent an Gewicht. Bild: Natürliche Trocknung durch Öffnen der Fenster beim gewerblichen Hersteller Brügger Parpan. Pressen und Schimmelreifung Während der Trocknungsphase werden die Binden je nach Grösse und Klima zwei- bis viermal für etwa drei Tage in eine rechteckige Form gepresst. Dies nicht etwa der Formgebung wegen, wie man vermuten würde. Pressen sorgt vor allem für eine regelmässige Verteilung der Feuchtigkeit im Fleisch und verhindert somit die Bildung eines zu harten und trockenen Randes.
Es gibt jedoch einige wenige Kleinbetriebe, die das Bündnerfleisch nicht pressen. Im Verlauf der Trocknungsphase bildet sich ein weisser Edelschimmel auf der Oberfläche, dessen Enzymtätigkeit zum charakteristischen Aroma beiträgt und dem Produzenten gleichzeitig verrät, dass der Reifungsprozess wie erwünscht abläuft. Dieser Schimmelbelag wird vor dem Verkauf meist abgebürstet. Dazu eine Anekdote: das Hauptzollamt Singen wusste dies nicht und meldete Ende Juli 2013, eine Schweizer Firma habe 42 Tonnen minderwertiges Fleisch als Bündnerfleisch deklariert und so steuerbefreit nach Deutschland geschmuggelt. Labortechnische Untersuchungen hätten ergeben, dass eine wichtige Eigenschaft des echten Bündnerfleisches fehle, nämlich der leichte Edelschimmel. Damit handle es sich lediglich um getrocknetes Rindfleisch, das nicht zollbefreit sei und für welches folglich noch ein Zoll von über 250 000 Euro nacherhoben werde. Die Echtheitsbescheinigung des Kantonalen Labors Graubünden und des Bundesamt für Landwirtschaft wurden nicht akzeptiert. Das BLW intervenierte: «Der Edelschimmel entsteht während des Reifungsprozesses, muss aber vor dem Abpacken zwingend entfernt werden. Aus hygienischen Gründen ist es nämlich unmöglich, das Bündnerfleisch abzupacken, ohne vorher den Edelschimmel abzuwaschen», schrieb das BLW. Auch die EU-Kommission übernahm schliesslich diese Interpretation und wies die deutschen Behörden an, das Bündnerfleisch im Rahmen des Nullzollkontingents zum Import zuzulassen. Bündnerfleisch wird nicht geräuchert. Der hohe Wasserverlust durch Salzen und Trocknen reicht aus für die Haltbarmachung. Dies im Gegensatz zu Trockenfleisch wie Mostbröckli, das im Unterland hergestellt wird, wo die Luft feuchter und daher trockener Rauch nötig ist. So jedenfalls in alten Zeiten, als es noch keine Klimakammern gab.
Kann man Bündnerfleisch verbessern? Die Machart ist heute so weit optimiert, dass beim Rezept oder dem Herstellprozess kaum Verbesserungen möglich sind. Durch das GGA-Pflichtenheft ist die Herstellung ohnehin detailliert vorgeschrieben, d.h. dass ein abweichendes Produkt nicht mehr Bündnerfleisch genannt werden dürfte. Aber beim Rohstoff besteht noch Potenzial: Wer Bündnerfleisch traditionell aus Schweizer Fleischrassen produziert, kann das Slowfood-Label beantragen.
Eine weitere Steigerung ist die Verwendung einer einzelnen Fleischrasse: Traitafina hat im 2013 an der Grünen Woche in Berlin erstmals «SwissPrimAngus Bündnerfleisch» präsentiert. Das Produkt überzeugte mit seinem Geschmack, seiner edlen Verpackung und seiner Rückverfolgbarkeit bis zum Bauernhof sowohl Konsumenten wie auch Fachbesucher. Es war ein Renner und preislich ohne Problem, ist bei Traitafina zu hören. Es ist allerdings eher eine Marketinginnovation, denn geschmackliche Unterschiede zwischen einzelnen Fleischrassen sind kaum systematisch festzustellen.
Eine Steigerung ist auch das Biolabel, das bei Trockenfleisch ebenfalls nicht geschmacklich wahrnehmbar ist sondern den Mehrwert bei der Haltung der Tiere besitzt. Am Rezept ändert sich nicht viel, da Pökelstoff aus Gründen sich Hygienesicherheit auch bei Bioprodukten erlaubt ist. Aber es gibt weitere Vorteile: Von der regionalen Verarbeitung und Vermarktung „profitieren“ die betroffenen Tiere, da sie in der Region geschlachtet werden, auch in Berggebieten. Dadurch entfallen stressige Transporte ins Unterland, was zudem die Fleischqualität positiv beeinflusst. Herausforderung Bio-Bünderfleisch Aber es gibt auch Knacknüsse. Zusammen mit Bio Grischun, die Vereinigung der Bündner Bioproduzenten, wollte Coop mit der Lancierung von Biobündnerfleisch einen Beitrag leisten, um die regionale Wertschöpfung beim Biofleisch zu erhöhen. „Die Produktion von Bündnerfleisch war kein Problem», erklärt Andi Schmid, Geschaftsführer von Bio Grischun. «Sorgen bereitete dagegen der dabei anfallende Rest. Die Kuh besteht ja nicht nur aus Stotzen».
Nur rund zehn Prozent des Tieres lassen sich zu Bündnerfleisch verarbeiten. Die Lösung lag bei so genannten „Koppelprodukten“. Metzgermeister Andy Mark kreierte beispielsweise den „Salgina-Salsiz“, eine magere mit Mostbröckli vergleichbare Rindfleisch-Trockenwurst. Mit weiteren Produkten wie „Chnabberfleisch“ aus Entrecôte und Hobelfleisch aus Schulterstücken konnte eine ganze Produktepalette entwickelt werden. Heute wird Bündnerfleisch vor allem hauchdünn geschnitten als Vorspeise, Zwischenmalzeit oder zum Picknick gegessen. Ursprünglich schnitt man Bündnerfleisch nicht in hauchdünne Tranchen sondern in Würfel, die gut gekaut werden mussten. Das „Hauchdünn-Schneiden“, um die Kaumuskeln zu entlasten, ist erst seit den 1950er Jahren möglich, als die Fleischschneidermaschine erfunden wurde. Aber fein gewürfelt ist Bündnerfleisch auch heute noch eine typische Zutat in traditionellen Bündner Gerichten wie Capuns, Kanedel, Plain in Pigna und andern Mehl- und Kartoffelspeisen. Und harte Anschnitte eignen sich als Geschmacksgeber in einer Gerstensuppe.
Am besten schmeckt es, wenn man es mit den Fingern pickt und zusammen mit einem guten Stück dunklem Brot und einem Glas Rotwein aus Bündner Herrschaft geniesst. Ob man die Bündnerfleisch-Scheiben mit frisch gemahlenem Pfeffer bestreut oder nicht, ist Geschmacksache. Kenner pfeffern nicht. Auch ob man die weisse Edelschimmelschicht vor dem Schneiden und Essen entfernt, ist Geschmacksache. Für die dünn geschnittene Delikatesse gibt es viele moderne Serviervorschläge. Sei es als Carpaccio mit Olivenöl und Parmesansplitter, als Röllchen gefüllt mit Frischkäse oder kombiniert mit Früchten wie Birnen oder Melonen. Bündnerfleisch ist praktisch fettfrei und enthält nur wenige Kohlenhydrat, dafür aber hochwertige Eiweisse. Hinzu kommen Vitamine, Eisen, Mineralstoffe und Spurenelemente. Daher ist Bündnerfleisch deshalb sehr beliebt bei Sportlern oder in der Diätküche. Bündnerfleisch ist das bisher erfolgreichste Exportprodukt der Schweizer Fleischbranche. Die Bündnerfleischproduzenten exportieren rund 2000 Tonnen Bündnerfleisch pro Jahr. 86% der Exporte gehen nach Frankreich, 8% nach Deutschland, 4% nach Belgien und 2% in übrige Länder. Der Grund für die hohe Nachfrage in Frankreich ist der bekannte Ernährungsexperte Dr. Pierre Dukan, der das proteinreiche und fettarme Bündnerfleisch als eines von hundert zugelassenen Lebensmitteln für seine Dukan-Diät anpreist. Marktleader beim Bündnerfleisch ist Albert Spiess, eine Tochter der Orior-Gruppe. Die Firma verarbeitet jährlich über 6500 Tonnen Fleisch und exportiert seit über 40 Jahren Bündnerfleisch. Produktionsbetriebe sind im bündnerischen Schiers und in Davos. Tipps für die Handhabung Bündnerfleisch am Stück hüllt man in ein Tuch oder packt es in ein Wachspapier und lagert es kühl und trocken im Kühlschrank oder im Keller. So lässt es sich über Monate aufbewahren. Unter Schutzatmosphäre verpackt hält es bei zehn bis zwölf Grad Celsius bis zu zehn Wochen, vakuumiert bis zu sechs Monate. Bündnerfleisch hingegen, das vom Fachgeschäft frisch aufgeschnitten wird, sollte noch am selben Tag gegessen werden, weil es dann am gluschtigsten aussieht. Man kann es einen oder zwei Tage später noch auftischen, allerdings wird es sich dann wegen des Kontakts mit Sauerstoff dunkel verfärbt haben. Dem Genuss ist die Oxidation aber nicht abträglich. Damit die Delikatesse ihr volles Aroma entfaltet, sollte man sie eine Stunde vor Genuss chambrieren, (Text: Erika Schumacher, Peter Jossi, kulinarisches Erbe, GB) (gb) Report – die neuesten Beiträge Ecke für Profis
08.10.2024 .LANDWIRTSCHAFT: Comeback der Puschlaver Kastanien Früher waren Kastanien im Puschlav ein Grundnahrungsmittel. Getreide und Kartoffeln verdrängten sie. Krankheiten dezimierten die Bäume. Nun versucht man eine Revitalisierung. |