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Sbrinz: gebrochen, gerollt und neu als Sbrinzwurst
Gebrochen, nicht geschnitten. Oder gerollt. Besser als Parmesan und ideal als Wurstzutat.


Gebrochen oder gerollt, nicht geschnitten – so passt Sbrinz zu Wodka-Martini, geschüttelt, nicht gerührt. Die Rollen sehen nicht nur schön aus sondern ersparen auch dank ihrer dünnen Schicht den Kaumuskeln einen Kraftakt.


Der edle Innerschweizer Extrahartkäse Sbrinz wird oft unterschätzt. Er hat mehr zu bieten als Pasta zu verfeinern. Er eignet sich auch gut als dekorative Komponente. „Sbrinzmöckli und -rollen passen hervorragend aufs Fleischplättli, da sie Fingerfood-tauglich sind“, sagt Markus Baumann, Geschäftsführer der Sbrinz Käse GmbH. Sbrinz-Produkte für das Ladensortiment sind Möckli und die attraktiven Hobelrollen, vorverpackt in Schalen zu 2 kg und zwei Monate haltbar, sowie vorverpackter Reibkäse.

Preislich liegt Sbrinz zwischen Parmesan Reggiano und Grano Padano. «Der Preis ist heute kein Argument mehr gegen Sbrinz», betont Baumann. Notabene: je älter und reifer der Sbrinz wird, desto teurer, jedoch auch edler ist er.

Der Urschweizer muss sich oft den Vergleich mit Parmesan gefallen lassen, und dieser ist mit dem Italianita-Trend ein Modeprodukt geworden. Mehrere Vorteile sprechen aber für den Innerschweizer: «Sbrinz ist frei von Zusatzstoffen, enthält auch kein Lysozym E 1105 und ist absolut lactosefrei», erklärt Baumann. Lactosefreie Produkte sind im Trend und wichtig bei Milchzucker-Unverträglichkeit.

Lysozym ist ein antibakterielles Enzym, das auch im Eiklar vorkommt und für dessen gute Haltbarkeit sorgt. Hersteller der weniger edlen Parmesansorte Grano Padano setzen der meist pasteurisierten Milch Lysozym zu, das im Käse unerwünschte Blähungen verhindert. Dieser Zusatz ist nötig, weil die Kühe im Grana Padano-Gebiet (Poebene) mit Silofutter gefüttert werden.

Der Konsum des billigen Grano Padano ist in der Schweiz viel höher als der Konsum von Sbrinz oder vom teuren Parmigiano Reggiano DOP. Dieser stammt aus der Region von Parma und wird aus silofreier Rohmilch hergestellt.

Parmesan ist eine Sbrinz-Imitation

Aber auch beim Geschmacksvergleich mit der edleren Parmesansorte punktet der Sbrinz, was kürzlich der bekannte Käse-Guru Rolf Beeler (Bild) im «Echt-Magazin» erläuterte: «Guter, ausgereifter Sbrinz nimmt es mit jedem Parmigiano Reggiano auf, sein Aroma ist voller und weniger salzig. Italianita mag ja lustig sein, aber Sbrinz ist einfach das bessere Produkt.» In der Tat ist der Salzgehalt von Sbrinz sogar tiefer als jener von Emmentaler.

Parmesan ist gemäss Beeler nicht interessant, weil die Kühe zu 80 Prozent Kraftfutter erhielten und das ganze Jahr im Stall stünden; deshalb sei der Käse so farblos. Sbrinz hingegen sei als Naturprodukt schön gelblich. Ausserdem: Sbrinz ist historisch älter als Parmesan und der älteste Hartkäse Europas. Jahrhunderte lang war er der Exportschlager der Innerschweiz. Die Schweizer brachten den Käse auf Säumerpfaden nach Italien und tauschten die Laibe gegen Wein.

Beeler erklärt: «Die Italiener haben früher den Sbrinz in der Schweiz geholt und über die Alpen transportiert. Um die vielen Reisen zu vermeiden, haben sie eines Tages den Sbrinz kopiert und daraus den Parmesan gemacht.»

Sbrinz ist ideal für die Käsewurst

Und nun zeigt sich ein neues Talent des Innerschweizers: er eignet sich hervorragend als Zutat für Roh- und Brühwürste: „In der Rohwurst – ein ideales Snackwürstchen – kommt das typische Sbrinz-Aroma schön zur Geltung“, meint Metzgermeister Josef Niedermann, bei der Gewürzfirma Pacovis für die Produktentwicklung zuständig. Zur Wurst-Herstellung werden fein zerkleinerte Sbrinzstücke verwendet. Am Ende der Rohwurst-Reifung entstehe zusammen mit dem Sbrinz-Aroma ein rundes Geschmacksprofil.

Auch in der Brühwurst beweist der Sbrinz laut Niedermann im Vergleich zu anderen Käsesorten erhebliche Vorteile: Als lang gereifter, gut abgetrockneter und fester Käse werde er beim Brühen wohl weich, laufe oder öle jedoch nicht aus. Gleiches gelte für die Sbrinzwurst auf dem Grill: „Der Sbrinz wird angenehm weich, wirkt jedoch weniger heiss als Schmelzkäse oder weicher Schnittkäse“, so Niedermann. „Sich beim Genuss von Käsewürstchen den Mund zu verbrennen, gehört mit der Sbrinzwurst der Vergangenheit an.“

Für die Herstellung de neuen Wurstsorten benötigt man geeignete Rezepte (erhältlich bei Pacovis) und das richtige Sbrinz-Produkt. Baumann sucht derzeit interessierte Metzgereien und empfiehlt, Randstücke des Sbrinz zu verwenden, welche als Wurstzutat die ideale Konsistenz haben (erhältlich bei Emmi). (Text: Erika Schumacher / GB)



Sbrinz-Steckbrief: Vollfetter Extrahartkäse mit fester, trockener, goldgelber, glatter Rinde und elfenbeinfarbigem bis hellgelbem Teig. Sein Durchmesser beträgt 45 bis 65 cm, sein Gewicht 25 bis 45 kg. Sbrinz wird aus frischer Rohmilch, Salz und Lab hergestellt. Für einen 45 kg schweren Laib braucht es über 600 Liter.


Wie der Tilsiter hat der Sbrinz ein Handicap im Marketing: Es gibt keine Ortschaft namens Sbrinz (und Tilsit liegt in Russland). Zum Vergleich: Der Appenzeller wird mit der touristisch gut bekannten und professionell vermarkteten Ortschaft Appenzell identifiziert. Und der Greyerzer sowie der Emmentaler mit den gleichnamigen Regionen.

Vor zehn Jahren suchte daher die Sbrinz-Sortenorganisation eine Ortschaft im Ursprungsgebiet, die bereit gewesen wäre, sich in «Sbrinz» umzutaufen. Aber keine war bereit, nicht einmal die Stadt Brienz, die im Mittelalter Hauptumschlagsplatz für Sbrinz war und nur ein S hätte voranstellen müssen. Anders beim Tilsiter: Das Thurgauer Dorf Bissegg wollte dem Tilsiter eine neue Heimat geben und stellte am Dorfeingang ein Tilsit-Ortsschild auf (was die Post allerdings ignoriert). Dafür hat der Sbrinz Chancen auf eine neue Karriere in den Metzgereien. (GB)

Strenge Anforderungen

Heute wird Sbrinz in 21 Tal- und neun Alpkäsereien produziert. Seit gut zehn Jahren ist er „geschützt“. Das Label AOP Appellation d’origine protégée – 2011 löste es die Bezeichnung AOC Appellation d'Origine Contrôlée ab – garantiert, dass Sbrinz ausschliesslich in seinem Ursprungsgebiet hergestellt wird: In den Kantonen Luzern, Schwyz, Ob- und Nidwalden, Zug, und in den angrenzenden Regionen der Kantone Aargau, Bern und St. Gallen.

Sbrinz-Käser arbeiten nach strengen Richtlinien. Das AOP-Pflichtenheft, hinterlegt beim Bundesamt für Landwirtschaft, verlangt von ihnen den „Nachweis der lokalen, redlichen und gleich bleibenden Verfahren“. So darf ausschliesslich Milch aus der Region verkäst werden – das Vieh weidet maximal 30 km von der Käserei entfernt – und der fertige Käse ist im Ursprungsgebiet zu lagern.



Den offiziell besten Sbrinz AOC macht derzeit Käsermeister Guido Wolfisberg, Dorfkäserei, 6055 Alpnach Dorf. Er war Kategoriensieger an den Swiss Cheese Awards 2012.


Die Kühe fressen im Sommer nur Gras und im Winter Heu, beides muss ebenfalls aus dem Gebiet stammen. Silofutter, Futtermittel tierischen Ursprungs, Zusatzstoffe oder gentechnisch veränderte Organismen sind verboten. Die in die Käserei gelieferte Milch ist höchstens 15 Stunden alt, wird hier auf ihre Qualität geprüft, gelangt ins traditionelle Kupferkessi oder in den modernen Kupferfertiger und muss innerhalb weniger Stunden verarbeitet werden.

Der fertige, gepresste Laib liegt mindestens fünfzehn Tage im Salzbad, viel länger als jeder andere Schweizer Käse, und wird dann mit einem rauen Lappen oder einer Bürste abgerieben; dabei entsteht die typische, glatte Oberfläche des Sbrinz. Anschliessend verbringt er mehrere Wochen bei 18° Celsius im so genannten Abschwitzlager, wo er viel Fett und Wasser verliert, bevor ihn der Käser schliesslich in den kühlen Lagerkeller verfrachtet. Hier lagert der Käselaib hochkant auf Brettern aus Weisstannenholz und nimmt sich viel Zeit zum Reifen, derweil er regelmässig kontrolliert und gepflegt wird.

Bis der Sbrinz für den Verzehr freigegeben wird, muss er 18 Monate reifen. In diesem „jungen“ Alter lässt er sich zu feinen Rollen hobeln. Bis er sein volles Aroma entwickelt hat, dauert es allerdings zwei bis drei Jahre. Dann riecht er fruchtig, würzig, mit leicht gerösteten Noten – so beschreibt ihn der Verband der Sbrinz-Produzenten. Im Geschmack ist er salzig, sauer und süsslich, unterstrichen mit einer fruchtigen und gerösteten Note von Chicorée.



Den Sbrinz in Tranchen zu schneiden ist verpönt: man bricht mundgerechte Möckli aus dem Laib mit einem kleinen Sbrinzstecher. Ein bisschen Kraft gehört schon dazu für einen extraharten Käse.


In Möckli gebrochen – schneiden ist verpönt! – kommt der Sbrinz nun auf die Käseplatte oder wird zum Apéro gereicht. Vielfältig ist sein Einsatz als Reibkäse, er schmeckt in und auf Älplermagronen, Gnocchi, Soufflées und Omeletten, im Auflauf und in der Lasagne. Generell gilt: Je älter ein Sbrinz, desto aromatischer ist er. (Text: Erika Schumacher)

(gb)

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