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Österreich kulinarisch betrachtet
Ende April hat Österreich in Zürich wieder an eine Produktepräsentation eingeladen. Grund genug, einmal die österreichischen Schmankerl, wie Delikatessen dort heissen, zu durchleuchten.



Apfelstücke in den Strudelteig füllen.


Österreichische Lebensmittel haben Niveau, dies belegen auch Blinddegustationen und fundierte Sensoriktests der deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft DLG, welche regelmässig Qualitätsprodukte prämiert. Die Zahl der Medaillen hängt zwar auch vom Wettbewerb-Beteiligungsgrad ab, aber die Österreicher gewannen wesentlich mehr als die Schweizer. Immerhin ein Trost: Schweizer Köche kochen besser. An der letzten Olympiade der Köche im 2012 erreichte die Schweizer Koch-Nati den 5. Platz während unsere östlichen Nachbarn jenseits der ersten 35 landeten.

Trotzdem: die österreichische Küche ist schmackhaft und schenkte der Welt einige Hits. Man denke an Wiener Schnitzel, Apfelstrudel, Linzer- und Sachertorte. Die Küche wird von den ehemaligen Kronländern der k.u.k. Monarchie geprägt. Aus jeder Nation flossen Rezepte ein und gelangten vom kaiserlichen Hof über die Fürstenschlösser bis in die bürgerlichen Haushalte. Vor allem Böhmen und Ungarn hinterliessen Spuren wie beispielsweise das Gulasch. Und in vielen Rezepten ist Paprika der Hauptgeschmacksgeber.

Dabei gibt es zwischen Vorarlberg und dem Neusiedlersee an der ungarischen Grenze grosse Unterschiede. Durch die lange Zugehörigkeit zum ungarischen Teil der österreichischen Monarchie ist die Küche des Burgenlands stark von Ungarn beeinflusst. Typische Gerichte sind Paprikapoulet, Gans (vor allem zu Martini am 11.November) und Gänseleber, sowie Zander aus dem Neusiedler See (Fogasch). Beilagen sind Krautroulade, gefüllte Paprika, Bohnen- und Krautstrudel. Ein typisches Gericht an Weihnachten ist Karpfen.

Auch aus Norditalien stammen viele Einflüsse. Die Österreicher verschmelzten unterschiedliche Ansätze mit der regionalen Tradition, harmonisierten Gegensätze und assimilierten Fremdes. Überkandideltes wurde vereinfacht, zu Rustikales wiederum verfeinert. Bei den Zubereitungsarten spielt das Fritieren eine wichtige Rolle, in Österreich Backen genannt. Bei den Zutaten fallen die Beliebtheit von Innereien und Pilzen auf („Schwammerl“), und Fleisch steht im Mittelpunkt der meisten klassischen Gerichte.



Wiener Schnitzel, ein Evergreen auf jeder Speisekarte und weltweit bekannt. Zitronensaft unterstützt übrigens die Verdauung von Eiweiss und Fett.


Des Österreichers Lieblingsgericht ist Wiener Schnitzel. Das klassische stammt von der lombardischen Costoletta alla milanese ab, wird aber vom Kalbsstotzen geschnitten und nicht in Butter sondern im Schweinefett fritiert. Dieses verleiht den unverkennbaren Geschmack. Dazu serviert man einen Zitronenschnitz und Salzkartoffeln oder Kartoffel- mit Kopfsalat. Fritiert wird wird aber auch vieles andere wie Poulet (Backhendl), Leber, Blumenkohl (Karfiol) und Steinpilze.


Backhendl, ebenfalls fritiert mit dem obligaten Zitronenschnitz


Über die Grenzen hinaus bekannt ist auch Tafelspitz, d.h. Siedfleisch, der als des Kaisers Leibspeise galt und in Wien Kultstatus besitzt. Er wird mit Meerrettichcreme (Kren) gegessen, eine ideale Harmonie und Alternative zu Senf. Österreich ist auch ein Wurstland. Rund die Hälfte des Fleisches wird zu Wurst oder Schinken verarbeitet. Bekannte Produkte sind zum Beispiel die Frankfurter Wurst oder der Tiroler Speck. Unser Wienerli existiert in Österreich jedoch nicht in derselben Machart: «Wiener» ist eine pikante Schnittwurst, während Wienerli "Frankfurter" heissen. Handkehrum gibt es «Berner Würstel», die man bei uns vergebens sucht.


Tafelspitz mit geriebenem Meerrettich (Kren) im Zürcher Restaurant Werdgut (Zunfthaus zur Hard), wo der Küchenchef Österreicher ist und seine Landesspezialitäten auf echte Art kocht und serviert.


Und ein fester Bestandteil der österreichischen Fast-Food-Angebote sind Käsekrainer (in Wien «Eitrige» genannt – kein Witz). Es sind leicht geräucherte Brühwürste mit grobem Brät aus Schweinefleisch und 10 bis 20 % Käse (z. B. eine österreichische Emmentaler-Imitation) in kleinen Würfeln. Sie werden aus dem Wasser gezogen oder grilliert und mit Senf und frisch geriebenem Kren serviert.

Bei den Beilagen ist die bekannteste wohl der Knödel – vor allem im Tirol ebenso wie auch im benachbarten Bayern. Es gibt verschiedene Zubereitungen mit zahlreichen pikanten Füllungen. Knödel werden gekocht oder fritiert und allein, in Suppe oder als Beilage gegessen. Sie bestehen meistens aus Brot oder Kartoffelpüree. Es gibt kaum eine Zutat, die nicht in einem Knödelrezept Verwendung findet.



Serviettenknödel in Tranchen geschnitten


Bekannt sind Semmelknödel (gekocht, aus Weissbrot, Milch, Butter, Eier), Serviettenknödel (gekocht, aus Toastbrot, Butter, Milch), gebackene Speckknödel (im Ofen gebacken, aus Kartoffeln, Quark, Mehl, Speck und Zwiebeln) sowie Marillenknödel (Teig aus Quark, Mehl, Zucker, Eier. Aprikose als Füllung). Es gibt aber auch Fleischknödel (gekocht oder gebacken), Käse-, Fisch- und Blunzenknödel (mit Blutwurst) sowie viele mehr. Sie sind auch vorgegart als Convenienceprodukt im Handel.


Mozartkugeln der Grossconfiserie Mirabell in Salzburg. Das Produkt heissen übrigens auf Englisch nicht «Mozart’s balls». Mirabell nennt auf ihrer Website keine englische Bezeichnung. Warum nicht? Unter «balls» verstehen Engländer Hoden.


Bei Lebensmittel-Exportprodukten stehen Konditoreiwaren, Speck und Kürbiskernöl im Vordergrund sowie Wein, Schnaps, Milchprodukte, Konfitüren, Frischfleisch, Wurst und Schinken. Besonders beliebt auf den Exportmärkten ist der österreichische Speck. Kürbiskernöl mit seiner tiefgrünen Farbe und seinem nussigen Geschmack ist eine steirische Spezialität. Im Ausland bekannt sind auch Donauspargeln, Mozartkugeln und vor allem der Energydring Red Bull, eine weltweit sehr erfolgreiche österreichische Marketinginnovation.



Ende April haben die österreichische Botschaft Handelsabteilung in Bern und die österreichische Wirtschaftsdelegation in Zürich zur Veranstaltung „Genussland Österreich“ und zum Austria Showcase Bio-Spezialitäten eingeladen, der sich gemeinsam mit „Österreichs Grossen Weinen“ im Kongresshaus Zürich präsentierte.

Bild: Margit Matzl von der Firma Franks präsentiert ihr Kürbiskernöl.


Nicht unerwähnt sei, dass in Österreich Bio-Produkte eine wichtige Rolle spielen. Unter den beliebtesten finden sich Fleisch, Wurst, Getreideprodukte, Backwaren und Milchprodukte. Rund 20.000 Biobetriebe bewirtschaften knapp 16% der landwirtschaftlichen Fläche Österreichs. Ungefähr 10% der Bioproduktion gehen in den Export. Die Schweiz ist drittgrösster Handelspartner Österreichs und viertgrösster Abnehmer österreichischer Waren. Der Aussenhandel Österreichs mit der Schweiz hat im 2012 mit über 13 Mrd. EUR ein neues Rekordniveau erreicht.

Wo Kaiser Schmarren essen

Österreicher geben ihren Schmankerl oft hierzulande unverständliche oder gar groteske Namen. Haben die österreichischen Kaiser wirklich «Schmarren» gegessen? Oder ist die Bezeichnung Kaiserschmarrn für eine geschnetzelte Omelette nur ein Beispiel für den währschaften Wiener Humor? Gemäss den Sprachforschern stammt das Wort von «schmieren» ab und hatte damals mit der heutigen Bedeutung nichts zu tun. Aber es gibt weitere Namen für Produktarten, die zu probieren Nicht-Österreicher wenig motiviert wären. Wenn nicht ihre Qualität, falls sie der Neugier nachgeben, durchaus überzeugte.


Kaiserschmarrn mit Apfelmus und Zwetschgenkompott. Den Monarchen war der Schmarren solo zu trocken, was auch ihre Untertanen nachvollziehen können.


Käme den Wurstbudenverkäufern etwas Verkaufsförderndes in den Sinn als eine Wurstsorte «Eitrige» zu nennen, müsste man die österreichische Konkurrenz viel ernster nehmen. Eine schmackhafte Wurst mit geschmolzenen Käsestücken im Brät mag an eine eitrige Wunde erinnern, aber man muss viel Humor haben, um sie offiziell so zu taufen. Da können auch die Sprachforscher nichts mehr retten. Trotz diesen linguistischen Hypotheken stehen österreichische Lebensmittel auf hohem Niveau – man öffne Augen und Mund, halte aber besser die Ohren zu. (GB)

Red Bull mit Stierhoden-Extrakt?

Den Erfolg verdankt der überzuckerte und relativ teure Energydrink Red Bull neben der nachgesagten belebenden Wirkung vor allem der Werbung („Red Bull verleiht Flügel“). Aufputschend sind nebst Coffein und Zucker das Taurin, eine Aminosäure bzw ein Proteinbaustein, den der menschliche Körper auch selbst bildet. Dass es aus Stierhoden gewonnen wird, ist ein Märchen: erstmals wurde die Aminosaure in Ochsengalle nachgewiesen und erhielt daher diesen Namen.

Die Idee für taurinhaltige Getränke stammt aus Japan, wo solche japanischen Piloten zur Leistungssteigerung verabreicht wurden. Der Erfinder von Red Bull, Dietrich Mateschitz, brachte später die Idee nach Europa. Bei einem Besuch 1982 in Thailand stellte er fest, dass ein Getränk namens Krating Daeng ihm half, den Einfluss des Jetlag zu überwinden. Er übernahm Name, Marketingkonzept und die Grundrezeptur, passte diese dem westlichen Geschmack an und ging damit 1987 auf den österreichischen Markt.

Ende der 1980er Jahre wurde Red Bull vor allem durch geschicktes Marketing in der alternativen Jugend- und Club-Szene (Techno, Mountainbiking, Snowboarding) sehr erfolgreich. Dies trotz (oder wegen) des infantilen Aromas, das an Feuersteine erinnert. Die Firma hat keine eigenen Produktionsstätten, sondern lässt das Getränk bei der Firma Rauch Fruchtsäfte in Vorarlberg produzieren und abfüllen. Für den amerikanischen Markt wird es von der Firma Rauch in Widnau SG abgefüllt. (Infos: Wikipedia)

Weiterlesen: Österreich will mehr Spezialitäten exportieren

(gb)

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