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Food-Megatrends im 2018
Im 2018 wird es in der Lebensmittelbranche einige neue Trends geben und auch bereits bekannte, die sich verstärken.

Konsumenten setzen heute mehr auf eine ausgewogene Ernährung, um im Alltag fitter zu sein. Sie zeigen grosses Interesse an der Herkunft von Lebensmitteln und schätzen unerwartete Texturen wie Tee zum Kauen und Kekse mit Knisterzucker. Das hat eine Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Mintel gezeigt.

Aber die Skepsis gegenüber Lebensmitteln hat zugenommen. Daher wünschen sich die Konsumenten von Lebensmittelfirmen Klarheit über den Herstellungsprozess und die Herkunft der Zutaten. Transparenz kann als ein Trend im Jahr 2018 bezeichnet werden. Inzwischen haben die Hersteller reagiert und machen mehr Angaben.

Immer mehr Menschen setzen auf eine ausgewogene Ernährung und gesunde Lebensweise. Die Ablehnung bestimmter Zutaten wie tierischen Fetten, Haushaltzucker und Salz nimmt zu. Zumindest wird sie in Umfragen so angegeben, d.h. das tatsächliche Verhalten stimmt nicht immer mit dem deklarierten überein.

Unseriöse Diäten auf dem Vormarsch

Eine gesunde Kost ist eine ausgewogene, in der nicht einzelne Stoffe dominieren oder fehlen. Aber seit einigen Jahren sind unfundierte oder sonst problematische Diäten auf dem Vormarsch. Viele Diät-Trends werden aus wirtschaftlichen Interessen lanciert. Low Carb, Paleo- und vegane Ernährung werden vor allem zur gesunden Gewichtsabnahme propagiert, aber nur wenige überzeugen.

Weitere Diätformen sind stark im Trend wie die glutenfreie und die lactosefreie, oft «allergenfrei» oder «free from» genannt. Und viele Convenience-Hersteller betonen die Abwesenheit der verpönten Geschmacksverstärker. Allergiker werden heute sehr ernst genommen, aber nicht jede Reaktion ist eine Allergie: Die Milchzucker-Unverträglichkeit zB ist eine Stoffwechselkrankheit.

Allergien nehmen zu, weil wir heute eine strikte Hygiene praktizieren und in unserer Kost Nahrungsfasern untervertreten sind. Auch der zunehmende Stress in der Gesellschaft ist ein Allergie-Risikofaktor. Aber Trendforscher vermuten bei Konsummotiven von gluten- oder lactose-freien Produkten oft Lifestyle-Aspekte, so auch bei dem aus den USA stammenden Weizen-Vermeidungstrend bei Personen ohne Gluten-Intoleranz.

Erlebnissuche und Effekthascherei

Eine weitere interessante Entwicklung sind aussergewöhnliche Texturen bei Lebensmitteln, die neue Erfahrungen bieten. Vor allem moderne Gastronomen bieten solche Überraschungseffekte. In der heutigen modernistischen oder Avant-Garde-Küche spielen sensorische Spielereien eine wichtige Rolle, und neuartige Techniken wie kryogenes «Garen» mit Flüssigstickstoff oder molekulare Methoden wie Alginatperlen und Schäume sind «in». Oft geht es um die Produktion von neuartigen Komponenten und Dekors aber manchmal auch um innovative Methoden zur Qualitätsverbesserung.


Fisch im Speckmantel: früher undenkbar aber heute wird alles passende oder unpassende kombiniert. Hauptsache: es fällt auf.


Ein starker Trend in der Gastronomie sind neuartige Kombinationen, früher Mariage genannt und heute oft «Food Pairing». Diese können sensorisch, regional, saisonal, ernährungsphysiologisch oder marketing-motiviert sein. Sensorische Kombinationen verfolgen die Harmonie zweier Zutaten. Sensorische Mariages sind Geschmackssache: jeder darf kombinieren was ihm gefällt. Es gibt nur eine sinnvolle Regel: «du sollst nicht eine edle dezente Zutat mit einer weniger edlen intensiven kombinieren». Diese würde die edle zu stark konkurrenzieren.

Wie super sind Superfoods?

Ebenfalls viel mit Marketing zu tun hat der Superfood-Boom. Quinoa, Chia, Açaibeeren & Co werden gezielt vermarktet und profitieren vom Propheteneffekt: Der Prophet gilt nichts im eigenen Land, dem fremden Prophet wird dagegen alles geglaubt. Super sind diese Produkte vor allem für die Marketingstrategen. Ernährungsexperten weisen auf unfundierte Werbeaussagen hin, und Umweltbewusste kritisieren die Produktionsbedingungen und lange Transportwege bei exotischer Herkunft. Und auch einheimische Joghurts, Nüsse oder Heidelbeeren haben Anrecht auf die Bezeichnung «Superfood». Doch weder exotische noch hiesige Superfoods liefern alle Nährstoffe.


Insekten-Grillspiessli von Essento, circa 6 Gramm – nicht zur Sättigung gedacht, auch weil es (an der Gourmesse) 7 Fr kostete - ein Kilopreis von 1166 Fr. Auch bei einem normalen Preis kann es einige Zeit dauern, bis Insekten von den Konsumenten im Alltag akzeptiert werden.


Neuartige Lebensmittel, Herstell- oder Kochmethoden wecken immer die Neugier, aber ob sie sich durchsetzen, hängt vor allem davon ab, ob sie einen Mehrwert bieten und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Auch emotionale Momente wie Tabus und Vorurteile halten sich hartnäckig. Beispiele: Pferdefleisch ist in einigen Ländern stark verpönt. Die Mikrowelle setzte sich durch, die Bestrahlung jedoch nicht, und die Gentechnik-Akzeptanz variiert von Land zu Land. Bei ganzen Insekten auf dem Teller halten sich noch Neugier und Ekel die Waage. Als Dekor haben sie in der Gastronomie eine Chance aber hierzulande kaum als Grundnahrungsmittel.

Wenn man jedoch bedenkt, dass im Mittelalter auch die aus Südamerika eingeführte Kartoffel bei uns ein «Novel Food» war, auf breite Skepsis stiess und sich erst dank Hungersnöten und nach mehreren Generationen durchsetzte, ist eine Langfristprognose schwierig. Bei klaren Qualitäts- und Kosten-Vorteilen stehen die Chancen generell gut, was man zB aus der Beobachtung ableiten kann, dass das ursprünglich aus Ägypten stammende Sauerteigbrot ab dem 7. Jh v.Chr. den früher hierzulande üblichen Getreidebrei völlig verdrängte. Und später verdrängte die Hefe teilweise den Sauerteig als Lockerungsmittel und Geschmackgeber.


Auf Sojaprotein basierende Vegi-Produkte wie Burger, Balls, Schnitzel, Nuggets und Knusperstäbchen, kürzlich von der Migros an der Igeho präsentiert. Neu waren Meeresburger mit 8% Algen und Soja. «Die Fleischersatzprodukte verfügen über eine gelungene Sensorik, welche auch Teilzeit-Vegetarier begeistert», verspricht die Werbung. In der Tat werden sie im Biss und Aroma immer fleisch-ähnlicher.


Do it yourself

Viele dieser Trends nennt auch die Trendforscherin Hanni Rützler vom deutsch-österreichischen Zukunftsinstitut und einen weiteren: Do it yourself-Food (DIY): Er stellt ökonomisch die reinste Form der Individualisierung dar. Gepaart mit Kollaborationslust hebt der DIY-Trend das „Projekt Prosument“ auf eine neue Ebene. Beispiele: Herstellung in Haushaltküchen von Brot, Joghurt, Glacé, Rauchlachs etc. Der Trend erfasst nun auch Produktarten wie Essig, Käse und Rohwurst, die bisher Profis vorbehalten waren. Vor allem fermentierte Lebensmittel stehen dabei im Fokus, da man kaum anspruchsvolle und teure Maschinen dazu braucht wie dies zB für die Schokoladeherstellung nötig wäre.

Auch moderne Gastroköche kreieren durch Eigenfertigung einzigartige Komponenten, die sonst nirgens aufgetischt werden. Idealweise sind sie nicht nur sensorisch überzeugend sondern haben auch Erlebniswert. Die Gastronomie sucht neue Profilierungsmöglichkeiten, um die Gäste zurückzugewinnen, die immer öfter nur Take-away-Food kaufen, zuhause Supermarkt-Convenience wärmen oder Gourmetgelüste ennet der Grenze befriedigen.

Weitere Megatrends bei Produkten

●Convenience d.h. Bequem-Food (von der Tüte auf den Teller)
● Kaufmotive : öko, nachhaltig, ethisch
●Labels: bio, regional, vegetarisch, vegan, Slow Food, Fair Trade
●Hybridfood zB Cronut, eine Kombination von Croissant und Donut
● Tierwohl, Tierschutz, Artenschutz
●Food-Verpackungen: Hightech, Easy-open, nachhaltige Materialien, Recycling



Webshops boomen, auch bei Food wie zB Le Shop von der Migros und Coop@home und auch bei Frischprodukten: zB nennt sich Luma Delikatessen eine Online-Metzgerei.


●Der Einkauf im Ausland wegen Kostenvorteilen ist ebenfalls ein starker Trend. Und schliesslich testen Kunden weitere Möglichkeiten des Lebensmitteleinkaufs, die Zeit und Geld sparen. Dazu gehören Webshops mit Hauszustellungen und Abonnementdienste.

●Noch stossen Lebensmittel aus dem 3-D-Druck, im Labor gezüchtetes Fleisch und synthetische Milch auf wenig Akzeptanz, aber pflanzliche Fleischersatzprodukte werden stetig besser und deren Nachfrage legt kräftig zu.

●Noch stossen Lebensmittel aus dem 3-D-Druck, im Labor gezüchtetes Fleisch und synthetische Milch auf wenig Akzeptanz, aber pflanzliche Fleischersatzprodukte werden stetig besser und deren Nachfrage legt kräftig zu.

● Schliesslich testen Kunden neue Möglichkeiten des Lebensmitteleinkaufs, die Zeit und Geld sparen. Dazu gehören Webshops mit Hauszustellungen und Abonnementdienste. (GB)

Die von Mintel identifizierten Trends:

Letztes Jahr um diese Zeit identifizierten mehr als 60 unserer globalen Analysten sechs Trends, die die globale Lebensmittel- und Getränkeindustrie im kommenden Jahr beeinflussen sollten. Mintels Lebensmittel- und Getränketrends 2017 prognostizierten das Potenzial für pflanzliche Lebensmittel und Getränke, das Interesse an Produkten, die sich auf die Vergangenheit und Tradition beziehen, das Bedürfnis nach Bequemlichkeit, sowie das Interesse an nachhaltigeren und ethischeren Produkten.

Power to the Plants

In der globalen Lebensmittel- und Getränkeindustrie ist “Power to the Plants” einer der am schnellsten wachsenden Mintel Trends für das Jahr 2017. Mehr Unternehmen und Verbraucher haben in Produkte investiert, die pflanzliche Inhaltsstoffe enthalten, einschliesslich Obst, Gemüse, Kräuter, Samen und Körner. Dieser Trend umfasst das Interesse an Produkten mit pflanzlichen Inhaltsstoffen. wie beispielsweise Blumenkohl-Tiefkühlpizza in den USA, sowie die steigende Zahl an vegetarischen oder veganen Produkten am Markt.

Vertrauen auf Tradition

Lebensmittel und Getränke mit authentischer Verbindung zur Vergangenheit oder Tradition bieten Konsumenten die inhärente Vertrauenswürdigkeit, nach der sie sich in unserer turbulenten Welt sehnen. Im Jahr 2017 waren Verbraucher weiterhin auf der Suche nach Produktbeschreibungen wie «Handwerk und «traditionell», die die Inspiration, Zutaten und Produktionsverfahren für Lebensmittel beschreiben.

Der Trend “Vertrauen auf Tradition” verwies ebenso auf das Potenzial für Produkte, die Wiedererkennungswert haben. Das Radler Ice Lemon Frozen Treat, welches in den Niederlanden eingeführt wurde, bietet beispielsweise ein neues Format für ein typisch bayrisches Biermixgetränk. Authentizität muss aber nicht der einzige Fokus für Innovationen mit Wiedererkennungswert sein, denn Verbraucher interessieren sich ebenso für Produkte, die Tradition mit neuen Ideen verbinden.

Convenience auf dem Vormarsch

Laut der globalen Lebensmitteltrends 2017 ist die Zeit, die für die Zubereitung oder den Verzehr von Lebensmitteln und Getränken verwendet wird, dank des chaotischen Rhythmus unseres modernen Alltags, ein wichtiges Verkaufsargument. Die globale Lebensmittel- und Getränkeindustrie reagierte mit mehr Produkten, die Bequemlichkeit in den Vordergrund stellen (Convenienceprodukte).

Kampf gegen Foodwaste

Wie in den globalen Lebensmitteltrends 2017 prognostiziert, hat die schiere Menge an verschwendeten Nahrungsmitteln Hersteller, Einzelhändler und Verbraucher zum Handeln bewegt. Beispiele von sinnvollen Konzepten: Unförmiges Ost und Gemüse wie dreibeinige Rüebli, krumme Gurken, übergrosser Blumenkohl oder Auberginen mit kleinen Flecken werden zB von Coop als «Ünique» verkauft. Die Ässbar verkauft Backwaren vom Vortag zum halben Preis. Das argentinische Unternehmen Prodeman hat ein System entwickelt, mit dem Erdnussschalen in Energie umgewandelt werden können, welche seine Fabrik und in der Nähe befindliche Hersteller und Haushalte versorgt.


«Frisch von gestern – gemeinsam gegen Foodwsaste» - in der Zürcher Niederdorf-Filiale der Ässbar.


Neue Functional Foods, die schläfrig machen

Das chaotische Tempo des modernen Alltags schafft ebenso einen Markt für Produkte, die Menschen jeden Alters vor dem Schlafengehen beruhigen, besser schlafen lassen und den Körper regenerieren. Getränke sind das übliche Format für Produkte, die vor dem Schlaf konsumiert werden, wie das Sweet Sleep-Getränk der südkoreanischen Marke Lotte Chilsungs beweist, das mit L-Theanin, Hagebutten, Zitronenmelisse, Kamille und Vitaminen B3, B5 und B6 angereichert ist. Im Vereinigten Königreich können Konsumenten, die eine abendliche Entspannung suchen, das Cherry Good Night Saftgetränk trinken, das Kirschsaft und Kamillenextrakt enthält. (Mintel)
(gb)

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