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Druckansicht01.05.2020
Snacking ersetzt traditionelle Mahlzeiten
Frühstück, Mittag- und Abendessen werden immer mehr zur Ausnahme und aufs Weekend verschoben oder für besondere Anlässen reserviert. Dies ist eine Erkenntnis der Trendforscherin Hanni Rützler.


Frische-Artikel wie Salate, Sandwiches und Wraps liegen hoch im Kurs. Man kauft Take-away und isst auf die Schnelle an einem Stehtisch oder sogar «on the go». Gastronomen fördern Stehtische, weil die Gäste dabei viel schneller rotieren.


Langsam wandeln sich Snacks zu „kleinen Mahlzeiten“, von denen Konsumenten erwarten, dass sie gesund und genussvoll zugleich sind. Diese neuen Mini-Mahlzeiten ersetzen schrittweise traditionelle Mahlzeiten wie Frühstück, Lunch und Jause bzw. Vesper. In der künftigen Esskultur kann jedes Lebensmittel, jedes Getränk und jede Speise zu einer Mini-Mahlzeit werden: Snacking wird zu einer neuen Art zu essen. Diese Entwicklung fordert Handel und Gastronomie heraus.

Burger, Ramen und Bowls liegen voll im Trend. Das zeigt u.a. eine Umfrage des Online-Booking-Services Bookatable im deutschsprachigen Raum Anfang 2019. Der Burger hat sich als amerikanischer Fast-Food-Klassiker längst von seiner alten Heimat, der schnellen Systemgastronomie, emanzipiert und neben Streetfood-Events auch High-End-Restaurants erobert – immer mehr auch in vegetarischen und veganen Varianten. Auch das japanische Nudelgericht Ramen ist in aller Munde: 42 Prozent der Befragten haben bereits Restaurants besucht, die dieses Gericht servieren. Und knapp ein Drittel hat auswärts schon einmal hawaiianische Poke Bowls mit als gesund wahrgenommenen Zutaten wie roh mariniertem Fisch, Algen und Edamame-Bohnen oder die vegetarischen Buddha Bowls genossen.

Der bemerkenswerte Erfolg dieser Speisen signalisiert einen markanten Wandel der Esskultur: Der Trend, der in den USA als „Snackification“ bezeichnet wird, erobert jetzt auch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Auch bei uns sind die Zeiten, in denen sich die Familie mehrmals täglich am Esstisch für eine gemeinsame Mahlzeit zusammenfand, längst vorbei. Wenn noch gemeinsam gegessen wird, dann ist das eher am Abend.

Nicht mehr die Essenszeiten strukturieren – wie in agrarischen Gesellschaften und lange Zeit auch in den Industriegesellschaften – den Arbeitstag, sondern umgekehrt: Unser Essverhalten passt sich zunehmend den Rhythmen unseres Alltagslebens an, das im digitalen Wissenszeitalter – zumindest gefühlt – immer schneller, flexibler und mobiler wird. Weder Arbeit und Bildung noch Freizeitaktivitäten sind an feste Orte und Zeiten gebunden. Das beeinflusst, wo wir wann was essen.

Erosion der klassichen Mahlzeiten

Heute isst man, wenn man Zeit, Lust oder Hunger hat, und geniesst – auch allein – immer häufiger einfach eine kleine Mahlzeit zwischendurch. Das erklärt die neue Popularität von Burgern, Bowls und Ramen: Sie sind, neben den ebenfalls beliebten spanischen Tapas, den levantinischen Mezze und den japanischen Bento-Boxen, ideale Mini-Mahlzeiten (kurz „Mimas“), deren Konsum nicht mehr notwendigerweise an bestimmte Essenszeiten oder Orte gebunden ist.



Spanische Tapas: kleine warme oder kalte Häppchen


Durch den Einfluss dieser Esskulturen anderer Länder, in denen kleine, vielfältige Gerichte und Häppchen eine lange Tradition haben, ändert sich zunehmend auch unsere „deutschsprachige“ Idee einer Mahlzeit: In Zukunft muss sie nicht mehr aus der traditionellen Dreieinigkeit von Vorspeise, Hauptgang und Dessert bestehen. Und sie muss nicht als Frühstück, Mittagessen und Abendessen eingenommen werden.

In der traditionellen Esskultur geben definierte und im Voraus geplante Mahlzeiten weitgehend vor:
●Wann wir essen (sozial, kulturell akzeptierte Zeiten).
●Was wir essen (Arten von Lebensmitteln, bekannte Geschmacksprofile, die von allen am Tisch geteilt werden, gängige Gerichte).
●Wie viel wir essen (bestimmte Portionsgrössen und Speisenfolge).
●Mit wem wir essen (Familie, Arbeitskollegen), zu Hause oder am Arbeits- platz, Schule und Kita.

In der modernen Essenskultur lösen sich definierte Mahlzeiten zugunsten spontaner Essgelegenheiten auf, die nicht an bestimmte Zeiten gebunden sind. Snacks und Mimas machen Konsumenten offener für neue Geschmäcke, Zutaten und Zubereitungsarten. Erst sie ermöglichen die individuelle, den jeweiligen Lifestyles (z.B. vegan) entsprechende Wahl. Die Transformation von Snacks zu Mimas führt weg von Knabbergebäck und Schokoriegel zu hochwertigeren und gesünderen Produkten und Speisen. Mimas werden zu Hause und ausser Haus gegessen, oft alleine oder mit situativen Esspartnern. Die Entscheidung, was gegessen wird, erfolgt spontan, nach Verfügbarkeit, Zeit und Lust. (Auszug aus dem Food Report 2020 von Hanni Rützler, www.zukunftsinstitut.de)

Trockenfleischsnacks mit viel Protein und Potenzial

Auch Proviande thematisiert in ihrer Broschüre «Savoir Faire» den Snackingtrend und hofft auf mehr innovative Produkte wie Riegel mit Trockenfleisch: Ein wesentliches Merkmal unserer Zeit ist die wachsende Mobilität. Wir pendeln zur Arbeit, reisen für Tagesausflüge umher und nehmen uns immer weniger Zeit für die Mahlzeiten. Gleichzeitig haben viele Leute das Bedürfnis, sich trotzdem ausgewogen zu ernähren. Die Bedeutung von Zwischenmahlzeiten nimmt deshalb stark zu, «Snackification» ist angesagt. Klassische Snacks (Schokoriegel, Chips usw.) erfüllen das Bedürfnis nach Ausgewogenheit nicht, was etwa den wachsenden Markt an Convenience- und Frischprodukten erklärt.

Für den Fleischhandel bietet sich hier ein hohes Nischenpotenzial: funktionale und ausgewogene Snacks auf Basis oder unter Zugabe von Fleischprodukten. Beef Jerky ist bereits etabliert und unter anderem in vielen Snackautomaten oder Supermarktregalen zu finden. Um der wachsenden Nachfrage nach Snacks zu begegnen, wären jedoch weitere Produktinnovationen sinnvoll, z.B. die Neuinterpretation eines Riegels mit Trockenfleisch, Nüssen und Beeren (amerikanisch «Pemmikan»). (Proviande)

Wraps mit gesunden frischen Zutaten

Das deutsche Bundeszentrum für Ernährung wiederum empfiehlt eine ausgewogene Zusammensetzung anhand von beispielsweise Wraps: Snacken kann auch leicht und gesund sein. Wenn der kleine Hunger kommt und es schnell gehen muss, ist ein Wrap eine gute Alternative zu kalorienreicherem Fastfood. Dafür wird dünnes Brot mit frischen Zutaten und einem Dressing belegt und aufgerollt. Im Supermarkt gibt es fertig abgepackte Tortillas, die kurz in der Mikrowelle erwärmt werden. Der Fladen lässt sich aber auch mit wenigen Zutaten wie Weizenmehl, Wasser, Backpulver, Salz und Öl selbst zubereiten. Für die glutenfreie Variante nimmt man Buchweizen- oder Reismehl oder gibt die Füllung in grosse Salatblätter. Dafür sind Eis- und Kopfsalat gut geeignet.



Wraps sind trotz Sauce tropfsicher wenn richtig gefaltet


Erst die ausgewogene Mischung macht den perfekten Wrap. In die Füllung gehört Frische. Egal ob Salat wie Romana, Rucola oder Babyspinat und buntes Gemüse wie Tomate, Paprika, Radieschen, Mais, Karotten und Gurke. Für die Haupteinlage bieten sich knusprige Pouletstreifen, Thunfisch, Rauchlachs und gebratene Crevetten an. Vegetarier verfeinern die Rolle stattdessen mit Falafelbällchen, Tofu, Sojahack oder gebratenen Seitan-Streifen. Hinzu kommen leckere Extras wie Cheddarkäse, Feta, geröstete Pinienkerne, Walnüsse, Zwiebelringe oder Avocadoscheiben. Mehr Würze bringen frische Kräuter, Kresse und Sprossen. Die Sauce ist das i-Tüpfelchen, das die Teigrolle cremig und pikant macht. Das kann ein leichtes Joghurt-Dressing, eine süsslich-scharfe Honig-Senf-Sauce, Hummus, Guacamole oder ein selbstgemachtes Pesto sein.

Die Zutaten werden nach Lust und Gusto kombiniert, auf der Tortilla verteilt und eingerollt. Dafür gibt es verschiedene „kleckerfreie“ Varianten. Sie können zum Beispiel die Füllung in die Mitte des Wraps geben, die Seiten links und rechts einschlagen, die untere Seite nach oben klappen und aufrollen. Eine flache Füllung wird gleichmässig auf der Tortilla verteilt, wobei oben und unten etwas Platz bleibt. Nun den Wrap fest rollen und bei Bedarf in mehrere Stücke schneiden – perfekt für unterwegs und als Pausenbrot. (BZfE)
(gb)

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