Foodfachzeitung im Internet
Donnerstag, 24. Oktober 2024
Report
Druckansicht23.08.2013
Fleisch von der Alp ist begehrt



Die Nachfrage nach Alpschwein übersteigt das Angebot.


Es herrscht Postkartenwetter auf der ob Mels SG gelegenen Alp Tamons. Auf 1'900 Meter über Meer lädt ein beeindruckendes Berg-Panorama zum Staunen ein. Die prächtige Aussicht weniger geniessen kann das fünfköpfige Team der Alp. Dieses muss sich um 1000 Hektaren kümmern, um 88 Milchkühe und über 300 Rinder. Aus den rund 80'000 kg Milch, welche die Kühe von Juni bis September geben, werden acht Tonnen Tamonser Alpkäse hergestellt.

Alpschweine – ideale Molkeverwerter

Als Nebenprodukt der Käseherstellung fällt Molke an – rund 90 Liter pro 100 kg Alpmilch. 1'000 Liter Molke sind es auf der Alp Tamons täglich. Diese enthält viele wertvolle Inhaltsstoffe, ist fett- und kalorienarm. Nur: Als Lebensmittel wird die Molke nicht gebraucht. Auf einigen Alpen wird sie deshalb kompostiert oder landet in der Gülle. "Das geht mir gegen den Strich", erklärt Andreas Peter, Alpvogt der Alp Tamons.


Schweine sind auf der Alp die ideale Ergänzung zu den Kühen. Letztere geben Milch für die Käseproduktion. Die Schweine fressen die dabei anfallende Molke.


Um die Molke zu verwerten, werden auf der Alp Tamons seit Jahren Schweine gehalten. Das war bislang wenig lukrativ. "Wir haben jeweils eine schwarze Null geschrieben", so Peter. Denn die Schweine wurden im gleichen Kanal vermarktet wie die Tiere, die den Sommer im Tal verbrachten – dies bei höheren Kosten auf der Alp. Seit drei Jahren nun sieht die Rechnung besser aus. Grund: Das Fleisch der Tamonser Schweine kommt unter dem Label "Alpschweine" in die Läden. Dieses wurde anfangs der 1990er Jahre von der Nutztierhandelsfirma Linus Silvestri AG aus Lüchingen SG lanciert.

Label für Schweine von der Alp

Mittlerweile werden auf 40 Alpen in der Ost- und Zentralschweiz, im Kanton Bern sowie im Fürstentum Liechtenstein "Alpschweine" gehalten. Bauern, die bei diesem Programm mitmachen, erhalten 1.10 bis 1.30 Franken mehr pro Kilo Schlachtgewicht. Dafür müssen sie strenge Vorschriften erfüllen. So muss beispielsweise jedem Alpschwein mindestens 40 Quadratmeter Auslauf auf dem Naturboden gewährt werden. Zudem dürfen Bauern pro Kuh nicht mehr als ein Schwein halten.

Verkauft wird das "Alpschweine"-Fleisch in den Filialen von Coop, der Migros Ostschweiz, Spar (Gossau), CCA Angehrn sowie in den Metzgereien Jenzer (Arlesheim BL), Kauffmann AG (Rickenbach SO), Künzli (Stallikon ZH) und Betschart (Schmerikon SG). Die Alpschweine finden Anklang bei den Konsumenten: "Wir können die Nachfrage nicht decken", erklärt Jakob Spring von der Linus Silvestri AG. Spring ist ständig auf der Suche nach neuen Alpen mit Schweinen.



Fleisch vom Alpschwein ist kräftig und aromatisches


Dass Koteletten, Filet oder Geschnetzeltes von Alpschweinen bei den Konsumenten ankommen, wundert Hermann Blaser, Leiter Fleischbeschaffung der Migros Ostschweiz, nicht. "Alpschweinefleisch ist ein hervorragendes und mit vielen positiven Eigenschaften besetztes Produkt." Alpschweine hätten auf der Alp viel Auslauf und deren Fleisch sei aromatischer und kräftiger als dasjenige von Tieren aus herkömmlicher Produktion, schwärmt Blaser.

Die 44 Schweine der Alp Tamons geniessen derzeit das sonnige Wetter. Sie suhlen sich in der Erde, tollen umher, knabbern am Gras. Am 22. Juni wurden die damals rund 65 Kilo schweren Tiere auf die St. Galler Alp gebracht. Mit einem Lebendgewicht von ca. 110 Kilo werden die ersten Schweine Ende August ins Tal gebracht und verarbeitet.

Auch Fleisch von "Alplämmern" findet Anklang

Im Herbst 2010 gab es erstmals Fleisch von gesömmerten Lämmern unter dem Label "Alplamm" zu kaufen. Der Verkauf lief derart gut, dass die Alplamm-Produkte mittlerweile in den meisten Genossenschaften der Migros vertrieben werden, erklärt Hermann Blaser, Leiter Fleischbeschaffung der Migros Ostschweiz.


Den Grund für den Erfolg an der Ladentheke ortet Blaser im positiven Image der Alplamm-Produkte: Die Tiere hätten viel Auslauf, würden artgerecht gehalten und "Alp" sei ein positiv besetzter Begriff. Waren es beim Start des Alplamm-Projektes 600 bis 800 Tiere, werden heuer 8'500 Lämmer vermarktet. Diese werden auf 90 Alpen in Graubünden, der Ost- und Zentralschweiz, dem Berner Oberland und dem Wallis gesömmert.

Schweizer Lammfleisch landete in den letzten Jahren immer seltener auf den Tellern. Einerseits, weil der Pro-Kopf-Konsum von Lamm generell rückläufig ist. Andererseits wegen Änderungen bei den Importbestimmungen, so dass Lammfleisch zunehmend vom Ausland eingeführt wurde. Um Gegensteuer zu geben, haben der Schweizerische Schafzuchtverbund und der Schweizerische Bauernverband zusammen mit der Migros Ostschweiz das Projekt "Alplamm" initiiert. www.alplamm.ch (Text, zweites und letztes Bild: LID)

Weiterlesen: Alpgänse aus St.Gallen (Gourmetgeflügel als Festbraten)

(gb)

Report – die neuesten Beiträge
18.10.2024
dMehr Nüsse essen
11.10.2024
dSwiss Cheese Awards: Schweizer Käsemeister gekürt
06.10.2024
dWeihnachtsgebäck schon im Oktober?
25.09.2024
dDie offiziell besten Metzgereien 2024
19.09.2024
dPflanzlicher Milchersatz: umweltschonend aber nährwertärmer
08.09.2024dSchokoladeimitationen ohne Kakao im Trend
01.09.2024d Warme Schärfe dank Wasabi und Ingwer
21.08.2024dBrombeeren – wilde schmecken intensiver
14.08.2024dGlacesorten, -macharten und -trends
07.08.2024dFeige: Eine der ältesten Früchte der Welt
31.07.2024dEin Hoch auf Schweizer Bier
24.07.2024dJetzt hochwertige Beeren richtig verarbeiten
17.07.2024dFleisch kontra Ersatzprodukte - gesundheitlich betrachtet
10.07.2024dJetzt Aprikosen verarbeiten: Frische Vielfalt
03.07.2024dWie wird selbst gemachte Glace cremig?
26.06.2024dBio und Fleischersatz stossen an Grenzen
19.06.2024dMultitalente Blumenkohl und Romanesco
12.06.2024dNeuartige Kaffeealternative mit regionalen Rohstoffen
05.06.2024dHochverarbeitetes oft ungesund aber nicht immer
29.05.2024dGelungene Beefsteak-Imitation von Planted
22.05.2024d Food-Handwerker mit wissenschaftlichen Ambitionen
15.05.2024d(Un)sinn von Süssstoffen zum Abspecken
08.05.2024dZartes Fleisch – wissenschaftlich erklärt
01.05.2024dBackhefe: mehr als ein Triebmittel
24.04.2024dSchweizer Bierkultur im Wandel
17.04.2024dExotische Würzsaucen zu Grilladen
11.04.2024dBio bei Aldi und Lidl bis 25% billiger als bei Migros und Coop
03.04.2024dWie schädlich ist rotes Fleisch für Gesundheit und Umwelt?
27.03.2024dWie gesund ist Fruchtzucker?
20.03.2024dSterben die Unverpackt-Läden?
Ecke für Profis
22.10.2024
Schweizer Teigwaren enthalten wenig Heimatweizen

Schweizer Teigwaren aus hiesigen Rohstoffen sind Nischenprodukte. Hartweizen muss grösstenteils importiert werden, ist aber einer der Erfolgfaktoren.
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland