Foodfachzeitung im Internet
Mittwoch, 31. Dezember 2025
Report
Druckansicht09.02.2013
Luxusfleisch: trocken oder Edelschimmel-gereift
Eine alte Metzger-Handwerkskunst lebt wieder auf.


Gutes „dry age" schmeckt rein, ohne Säurenote, mit ungewohnt starkem Fleischgeschmack bei angenehm kräftiger Struktur aber guter Zartheit. Bild: Dryage-Trockenreifung an der Luft bei der Züricher Metzgerei Ziegler.


Fleisch am Knochen gelagert, im modernen Fachjargon „dry aged“ (trocken gereift), ist das Non plus ultra an Zartheit und Genuss. Es erwacht zu einer Renaissance unter Spitzenköchen und Fleischgourmets.

Eine Vielzahl der Konsumenten möchte wohl zarte aber auch günstige Steaks auf dem Teller. Der Preis kommt bei ihnen vor dem Geschmack. Heute wird Fleisch daher aus Kosten- und Platzgründen üblicherweise in Kunststoffbeuteln unter Vakuum kühl gelagert und so gereift. Aber vor allem bei längeren Reifezeiten von vier bis fünf Wochen, entsteht dadurch eine säurebetonte Geschmacksnote, die feine Fleischaromen überdeckt.



Auch die Grossmetzgerei Mérat hat sich auf Dryage-Reifung spezialisiert und nennt dieses Fleisch analog zum Wein «grand cru»


Mit ein Grund, warum diese Vakuumreifung bzw «Wet Aging» in den letzten Jahrzehnten einen so grossen Erfolg verzeichnen konnte, sind die viel geringeren Verluste durch Schwund sowie das kleinere hygienische Risiko. Durch den Luftabschluss entwickelt sich aber das Fleisch und dessen Aroma anders: vermehrt entsteht durch die Gärung Milchsäure.



Wet aging im Vakuum-Beutel


Zum guten Glück gehen immer mehr Metzgereien und Gastronomen einen anderen, wenn auch unbequemeren Weg, um die Nachfrage von Fleischgourmets nach schmackhaften, am Knochen gereiften Steaks zu befriedigen.

Die Zartheit und auch das Aroma machen die fleischeigenen Enzyme ganz von alleine, sie müssen nur die richtigen Bedingungen haben d.h. Zeit und eine geeignete Temperatur-Bandbreite.


In Zürich reift sogar das Edel-Steakhouse Goodman selber im Keller des Restaurants Fleisch trocken am Knochen.


Wichtig ist die strikte Einhaltung der Lagertemperaturen von – 0.5 bis max. + 1.5 Grad C und eine konstante Luftfeuchtigkeit, von je nach Mengenbestückung und Raum, von 76 bis 81 % unabdingbar. Die Enzyme, welche Fleischreifung d.h. den Proteinabbau bewerkstelligen, sollen eine ideale Voraussetzung erhalten für ihre gewünschte Aufgabe, und gleichzeitig müssen bei einer Reifezeit von vier bis fünf Wochen die bakteriologischen Aspekte beachtet werden. Es ist ferner wichtig, dass das reifende Fleisch möglichst wenig durch Lichteinflüsse und Temperaturschwankungen in seinem Aroma-bildenden Mikroklima gestört wird.

Je mehr Luftbewegung im Lager besteht, desto mehr Trockungsschwund ist die Folge. Das Fleisch kann ja - weil unverpackt - Feuchtigkeit an die Luft abgeben. Verbunden damit sind mehr Gewichts- und Zuschnittverlust und somit die Verteuerung des Endprodukts. Um diese Verluste zu minimieren, sind im Idealfall die ganzen Hinterviertel ca. zwei Wochen vorzulagern. Für die Vermeidung einer Austrocknung auf der Filetoberfläche, wäre es wünschenswert eine ca. zwei Zentimeter dicke Schicht Nierenfett bei der Schlachtung auf dem Filet zu belassen.

Geegnete Rinderrassen, Fleisch- und Fettklassen

Welche Rinderrassen sich am besten für die Fleischreifung mit der „dry aged“ Methode eignen, darüber gehen die Meinungen der Fleischexperten auseinander. Zu den Favoriten gehört sicher die bekannte Rasse Black Angus. Sie bieten vom Fett her ein nussartiges Aroma, was bei den Fleischliebhabern sehr gut ankommt. Die dunkelrote Fleischfarbe in Kombination mit dem weissen Fett, ist schon optisch ein Genuss. Aber auch herkömmliche Fleischrinderrassen wie Simmental, Charolais, Limousin, Aubrac u.a. bieten sich für hervorragende Ergebnisse an. (Text: Jean Müller, fleischkompetenz.ch)



Porterhouse-Steak trocken am Knochen gereift


Gutes „dry age" schmeckt attraktiv: rein, ohne Säurenote, mit ungewohnt starkem Fleischgeschmack und angenehm kräftiger Struktur und Mundgefühl bei gleichzeitig extremer Zartheit. Die Experten des Max Rubner-Instituts für Fleischforschung am Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (MRI) bestätigten dies an einer Tagung (47. Kulmbacher Woche). Unterschiede in der Zartheit fand man im Vergleich zu ordentlich vakuumgereifter Ware nicht, wohl aber im Aroma. Die Vakuumbeutel-typische Säurenote war beim trocken gereiften Vergleichsstück nicht vorhanden.

Wobei die Kulmbacher beim „dry agen" viel Wert darauf legten, dass das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen, beispielsweise Verderbnis erregender Bakterien oder Schimmelpilze, zu vermeiden ist. Aber auch hier gehen die Meinungen auseinander. Wild wachsende Pilze sind ein Risiko aber bei den genannten Lagerbdeingungen ist deren Entstehung kaum ein Problem. Sollte es trotzdem zu Schimmelbildung kommen, müssen die betroffenen Stellen nach der Reifung der Fleischstücke grosszügig weggeschnitten werden. (Text: Wiberg)


Luma Beef im Gourmet-Restaurant Equinox des Zürcher Fünfsternehotels Renaissance Zürich Tower Hotel: «gepimpt» in drei Varianten: mit Markbein, Riesencrevette und gebratener Foie gras.


Nicht nur die Knochenreifung sondern gerade eine gezielte Schimmelreifung ist jedoch das Konzept der jungen Schaffhauser Firma Luma Beef, die zuerst die Gourmetgastronomie eroberte und heute schon im bedienten Verkauf von Supermärkten präsent ist. Die Firmen-Gründer Lucas Oechslin, Biotechnologie und Marco Tessaro, Betriebsökonom lassen ihr Edel-Rindfleisch von Fleischrassen (seit Kurzem auch Hackfleischburger, Kalbs- und Schweinefleisch) offen am Knochen reifen und impfen es mit einer hauseigenen Schimmelkultur ähnlich wie man dies bei der Herstellung von geschimmelter Salami tut.

Während der Reifung von vier bis sieben Wochen entwickelt sich der weisse Zuchtschimmel. Dies wie übrigens auch bei Bündnerfleisch, nur dass man ihn dort vor dem Verkauf abwäscht. Der Schimmel gibt Enzyme ans Fleisch ab, die zum Proteinabbau beitragen. Nach der Reifung schneiden die Lumabeef-Fleischveredler die Schimmeloberfläche zwei Millimeter tief weg und verpacken die Stücke im Vakuumbeutel, wo es im Verkauf nicht anders aussieht als normales Fleisch. «Der Edelschimmel macht das Fleisch noch zarter und verleiht ihm eine nussige Note», versprechen die erfolgreichen Jungunternehmer. (GB)
(gb)

Report – die neuesten Beiträge
28.12.2025
dAnstossen mit Schweiz im Glas
19.12.2025
dWeihnachten clever kochen und geniessen
11.12.2025
d Trutenbraten zum Weihnachtsfest
01.12.2025
d Lebkuchen: Duft von St. Nikolaus
23.11.2025
dMikronährstoffe bei fleischloser Ernährung
09.11.2025dRomanesco: vitaminreicher farbenfroher Türmchenkohl
28.10.2025dKürbis: Eine uralte Kulturpflanze im Hoch
20.10.2025dHerbstliche Quitten richtig verarbeiten
13.10.2025dOffiziell beste Regionalprodukte 2025
07.10.2025dWas genau sind hochverarbeitete Lebensmittel?
29.09.2025dSchweizer Wildfleisch – stark gefragt aber meist importiert
16.09.2025dHigh-Protein: oft mehr Schein als Sein
09.09.2025dSaisonales Obst und Gemüse einfrieren
31.08.2025dVor- und Nachteile von Käse aus Milch oder vegan
22.08.2025dETH verbessert Laborfleisch aus Rindsmuskelfasern
13.08.2025dVielseitige gesunde proteinreiche Erbsen
03.08.2025dSchweizer Fleischersatz aus Pilzprotein und Zuckersirup
25.07.2025dTrendige Algen als vielseitiger, nachhaltiger Rohstoff
18.07.2025dJetzt vielfältige heimische Strauchbeeren
09.07.2025dHygieneregeln zum Vorkochen für mehrere Tage
02.07.2025dSo wirken Hefe und Sauerteig
22.06.2025dTop-Gemüse zum Grillieren
15.06.2025dViel wissenswertes über Küchenkräuter
06.06.2025dHerkunftsdeklaration mit Zukunft trotz Gegenwind
29.05.2025d1.Juni ist Weltmilchtag – Wissenswertes zur MIlch
21.05.2025dProteinbedarf decken mit guten Kombinationen
14.05.2025dWas Familie Schweizer kauft und isst
29.04.2025dJetzt Schweizer Soargeln
22.04.2025dBierkultur in der Schweiz
13.04.2025dDas richtige Eier-Handling
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland