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Report
Druckansicht22.08.2009
Schweizer Brennkirschen-Markt trocknet aus
Die ausländische Konkurrenz auf dem Spirituosenmarkt ist gross, der Preisdruck nimmt zu. Immer weniger Schweizer Landwirte sind bereit, Brennkirschen zu produzieren. Mit dem Rückgang der Brennkirschenproduktion nimmt auch die Bedeutung der Hochstammkirschbäume ab.


Import-Kirsch ist billiger geworden und der Inlandmarkt hat
durch die ausländische Konkurrenz – hauptsächlich aus
Deutschland – 60 Prozent des Marktanteils verloren.


In diesem Jahr konnten 3'900 Tonnen Schweizer Brennkirschen geerntet und an Brennereien geliefert werden. Die Erntemenge liegt damit im jährlichen Durchschnitt von 3'500 bis 4'500 Tonnen. Im letzten Jahr mussten sich die Brennkirschenbauern mit weniger als der Hälfte dieser Menge begnügen. Solch starke Schwankungen sind normal, weil der Ertrag stark vom Wetter abhängt. Trotzdem wurde noch bis vor zehn Jahren jährlich im Schnitt über 10'000 Tonnen an Brennkirschen produziert. Seit der Grenzschutz für Spirituosen abgebaut wurde, steigen immer mehr Landwirte aus der Brennkirschenproduktion aus.

Die Grenzen öffnen sich

Ab 1999 wurde in Folge des GATT/WTO-Abkommens der Steuersatz für Spirituosen harmonisiert. Im Februar 2005 wurde zudem der Zoll für importierte Fruchtbrände, Brennkirschen- und Zwetschgen gesenkt. So ist die Importware billiger geworden und der Inlandmarkt hat durch die ausländische Konkurrenz – hauptsächlich aus Deutschland – 60 Prozent des Marktanteils verloren. Als schweizerisch gilt auch jener Kirsch, der hierzulande aus ausländischen Früchten gebrannt wurde. Nur noch jeder zweite Liter davon enthält Schweizer Kirschen.

Wer auf diesem Markt mithalten will, muss billig anbieten. Die neuste Änderung wird 2010 eintreten: Nach der Abschaffung der Einfuhrzölle für Konservenkischen – wie zum Beispiel Konfitüren – im 2005 werden dafür bald auch keine Exportbeiträge mehr bezahlt. Die inländische Industrie wird sich mit Vorliebe mit der billigeren Auslandware eindecken. Nur noch Tafelkirschen werden ab 2010 dem Grenzschutz unterstehen.

Der Ertrag sinkt

Die abgelieferte Erntemenge hängt auch mit dem jährlich schwankenden Richtpreis für Brennkirschen zusammen. Fällt er tief aus, dann setzen viele Landwirte ihre Kräfte anderswo ein und kümmern sich nicht um die Brennkirschen, weil es schlicht nicht rentiert, sie zu ernten. In der Saison 2009 lag der Richtpreis relativ hoch. Im Vergleich zum Vorjahr konnte er um rund zehn Rappen auf 73 Rappen pro Kilogramm Kirschen (franko Brennerei) angehoben werden. Aber der Anbau lohnt sich auch so kaum noch.


Wird es bald keinen Kirsch aus Schweizer Kirschen mehr geben?


Zusätzlich zu den Brennkirschen kamen in diesem Jahr auch Überschüsse aus der Tafelkirschenproduktion. Nachdem der Handel den Produzenten für Klasse-1-Kirschen am 9. Juli einen Pflückstopp verordnet hatte, mussten die Tafelkirschen an den Hochstammbäumen belassen werden. Sie waren ungeschützt dem Regen ausgesetzt oder wurden überreif. Ein Teil davon konnte in den Brennereien abgeliefert werden. Wie gross dieser Anteil ist, könne er nur schätzen, sagt Obstbauer und Schnapsbrenner Hansruedi Wirz. "Sicher sind es weniger als 100 Tonnen."

Hochstammbäume zu unwirtschaftlich

Angesichts des zunehmenden Preisdruckes sehen sich die Kirschenbauern zu Rationalisierungsmassnahmen gezwungen. In diesem Marktumfeld ist die Produktion von Brennkirschen, die auf Hochstammbäumen wachsen, besonders schwierig. Im Unterschied zu Niederstammkulturen ist hier die Ernte gefährlicher und aufwendiger. Zudem können die hohen Bäume nicht vor dem Wetter geschützt werden, wie dies bei den Niederstamm-Anlagen der Fall ist. Auf diese Weise sind die Brennkirschen den Unwettern viel stärker ausgesetzt. So zum Beispiel den heftigen Gewittern mit grossen Regenmengen in diesem Jahr. Auch die Pflege der hohen Bäume ist zeitintensiv.


Brennkirschen-Ernte mit der Leiter auf Hochstammbäumen -
aufwendig und nicht ungefährlich.


Heute werden meist schüttelbare Baumsorten genutzt, mit ihnen können wenigstens die Pflückkosten stark reduziert werden. Trotzdem: "Längerfristig werden die Hochstammbäume ihre Bedeutung verlieren", meint Wirz. Die Hochstammbäume haben zwar einen grossen kulturellen und ökologischen Wert. Sie tragen viel zu einem schönen Landschaftsbild bei und sind Lebensraum von vielen teils bedrohten Tierarten. Doch sowohl die Direktzahlungen, als auch Projekte von Umweltverbänden wie dem WWF hält Obstbauer Wirz für wenig effektiv: "Das sind alles bloss erhaltende Massnahmen." Alte Bäume würden nicht mehr ersetzt, "niemand setzt aus wirtschaftlichen Gründen auf Hochstammbäume."

Wird es also bald keinen Kirsch aus Schweizer Kirschen mehr geben? "Das ist keine Veränderung, die von heute auf morgen vor sich geht", relativiert Wirz. In der Nordwestschweiz hat die Kirschenproduktion immer noch einen grossen Stellenwert, vor allem aber die moderne Produktion, inklusiv Schüttelanlagen für Brennkirschen Es werde aber noch lange dauern, bis die Hochstammkirschen-Produktion in der Schweiz verschwunden sei, sagt Wirz. "Aber die Tendenz geht ohne Zweifel in diese Richtung."
(Quelle: LID / Seraina Dübendorfer)
(gb)

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