Foodfachzeitung im Internet
Admin aufrufen
Dienstag, 22. Oktober 2024
Ecke für Profis
Druckansicht 18.06.2021
.Bäckerei: Plädoyer für modernen Brotweizen
Einige US-amerikanische Bestseller-Autoren bezeichnen „modernen“ Weizen als Krankmacher, Stichworte: FODMAPs, gluten. Die Universität Hohenheim kontert mit wissenschaftlichen Argumenten und Studienergebnissen.


„Macht Weizen wirklich krank?“ lautete das Thema eines Online-Seminars der Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung e.V. (AGF) Mitte Mai 2021. Friedrich Longin von der Universität Hohenheim beleuchtete aktuelle Fragen rund ums Brotgetreide Nummer Eins. Unbestritten gibt es anerkannte medizinische Zusammenhänge zu Krankheitsbildern wie Zöliakie, Allergie oder Sensitivität, die jedoch jeweils nur eine sehr begrenzte Anzahl von Menschen betreffen: „Deutlich über 90 % der Weltbevölkerung haben keinerlei Weizenprobleme“, sagte Longin.

Der Fokussierung einiger US-amerikanische Bestseller-Autoren auf „modernen“ Weizen als Krankmacher trat der Hohenheimer Professor mit wissenschaftlichen Argumenten und Studienergebnissen entgegen. Die vielfach postulierte Hypothese vom „guten alten Weizen“ sei aus agrar-biologischer Sicht falsch, wie Longin anhand aktueller Untersuchungsergebnisse beispielhaft zeigte.

Der durchschnittliche Glutengehalt von „modernem“ Brotweizen sei niedriger als bei den alten „Urgetreide“-Arten Dinkel, Emmer und Einkorn. Neuere Weizensorten enthielten im Mittel mehr Ballaststoffe als früher, was jüngst z. B. für die vom Mikrobiom verwertbaren Fraktionen der Arabinoxylane und beta-Glucane nachgewiesen werden konnte.

Mit dem Statement „Wir essen nicht Weizen, sondern Brot“ leitete der Referent zu einem Sachverhalt über, mit dem sich die Forschung in Hohenheim aktuell intensiv beschäftigt: die FODMAPs. Dabei geht es um den möglichen Einfluss von fermentierbaren Oligo-, Di- und Monosacchariden (und Polyolen) auf die Darmgesundheit (= positiv) bzw. als Auslöser für die Beschwerdesymptomatik von Reizdarmpatienten (= negativ).

Das macht wissenschaftlich eine differenzierte Betrachtung notwendig. Fructane als Oligo-(und Poly-) Saccharide der Fructose gehören zu den Hauptvertretern dieser Stoffgruppe bei Getreide. Die Analytik zeigt, dass Weichweizen und Emmer mit etwa 1 g/100 g Trockenmasse vergleichsweise niedrige Fructangehalte aufweisen, bei Dinkel und Einkorn liegen sie um die Hälfte bzw. das Doppelte höher.

Aber für Betroffene hat Longin eine gute Nachricht aus der angewandten Getreidewissenschaft: Schon Gärzeiten von zwei Stunden bei der Teigbereitung mit Hefe reduzierten die FODMAP-Gehalte im Brot um mehr als die Hälfte.

Sein Plädoyer für den Weizen: „Weizen macht nur wenige krank, vielmehr ist Weizen nicht umsonst als Nahrungsmittel so bedeutend und für die Ernährung einer Weltbevölkerung von demnächst über neun oder zehn Milliarden Menschen nicht ersetzbar.“

Züchtungsbedingt – und ohne Gentechnik – wiesen unsere heutigen Weizensorten eine bessere Resistenz gegenüber getreidetypischen Pflanzenkrankheiten auf. Der prozentuale Anteil von „gesunden“ Sorten am heimischen Weizensortiment sei in den letzten beiden Dekaden um 40 Prozent gestiegen: „Das ermöglicht einen reduzierten Pestizideinsatz und senkt das Risiko, dass Körner mit Pilzen bzw. Pestiziden belastet sind.“

Praxisnaher Wissenstransfer ist dem Hohenheimer Wissenschaftler wichtig und er stellt daher seine Ergebnisse auf einer eigenen Website online: https://beckawissen.de/. Weitere Informationen: https://weizen.uni-hohenheim.de (BZfE)
(gb)

Ecke für Profis – die neuesten Beiträge
22.10.2024
dSchweizer Teigwaren enthalten wenig Heimatweizen
15.10.2024
d.LANDWIRTSCHAFT: Kulinarische und agrarische Vorteile der Hülsenfrüchte
08.10.2024
d.LANDWIRTSCHAFT: Comeback der Puschlaver Kastanien
01.10.2024
d.METZGEREI: SwissSkills Championships der Fleischfachleute 2024
01.10.2024
d.Metzgerei: Erfolgreiche Süffa 2024 im Rückblick
27.09.2024 d .ERNÄHRUNG: Chatbots nur bedingt für Empfehlungen geeignet
20.09.2024 d.LANDWIRTSCHAFT: Eierproduzenten planen Kükentöten abzuschaffen
13.09.2024 d .ERNÄHRUNG: Gesunde UND nachhaltige Ernährung mit neuer Pyramide
04.09.2024 d.ERNÄHRUNG: Fleisch/Milch-Ersatzprodukte gesünder und ökologischer?
28.08.2024 d .METZGEREI: Schweizer Ausbein-Meisterschaft im Rückblick
23.08.2024 d.LANDWIRTSCHAFT: Vertical Farming für weltweite Proteinversorgung
16.08.2024 d .GASTRONOMIE: Nach Vegi-Monat sinkt Fleischkonsum
09.08.2024 d .CONFISERIE: Trends bei Röstprozessen
02.08.2024 d.MOLKEREI: Vom Butterloch zum Butterberg
26.07.2024 d.GASTRONOMIE: Erfolgskonzepte der Ernährung in der GV
19.07.2024 d .ERNÄHRUNG: Hochwertige Pflanzenöle gesünder als tierische Fette
12.07.2024 d.LANDWIRTSCHAFT: Bio-Rekord in der Schweiz trotz Produzentenfrust
05.07.2024 d .MOLKEREI: Optimistischer Ausblick für Schweizer Käsebranche
28.06.2024 d.GASTRONOMIE: Roboter im Restaurant auf dem Vormarsch
20.06.2024 d.CONFISERIE: «Gesunde» Süsswaren weiterhin im Trend
14.06.2024 d.BÄCKEREI: Gluten – Freispruch für modernen Weizen
07.06.2024 d .KONDITOREI: Globale Glacetrends 2024
31.05.2024 d.ERNÄHRUNG: Aktuelle Entwicklungen beim Nutri-Score
23.05.2024 d.CONFISERIE: Schokolade mit vollem Kakaofruchtgehalt entwickelt
17.05.2024 d.ERNÄHRUNG: Molkenprotein-Gel baut Alkohol im Körper ab
10.05.2024 d.ERNÄHRUNG: Kaffee bietet mehr als nur Coffein
03.05.2024 d.TECHNOLOGIE: Smarte Schnelltests für Haltbarkeits-Ermittlung
26.04.2024 d.TECHNOLOGIE: Laborfleisch aus dem Bioreaktor
19.04.2024 d.BÄCKEREI: Weniger Dauerbackwaren exportiert im 2023
12.04.2024 d.MOLKEREI: Schweiz ist wieder Käse-Weltmeister
Ecke für Profis
22.10.2024
Schweizer Teigwaren enthalten wenig Heimatweizen

Schweizer Teigwaren aus hiesigen Rohstoffen sind Nischenprodukte. Hartweizen muss grösstenteils importiert werden, ist aber einer der Erfolgfaktoren.
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland