Foodfachzeitung im Internet
Admin aufrufen
Dienstag, 22. Oktober 2024
Ecke für Profis
Druckansicht 30.11.2019
.METZGEREI: Schweine kosten gleich viel wie vor 50 Jahren
Familie Schweizer gibt heute durchschnittlich weniger als 10% des Einkommens für Nahrungsmittel aus. Vor 50 Jahren waren es noch über 30%. Und dies trotz stetig gestiegener Konsumentenpreise. Aber in der Produktion verlief die Entwicklung anders.


Metzgereien können Schlachtschweine heute zum gleichen Preis wie vor 50 Jahren kaufen.


Schweizer Landwirte haben volatilere und insgesamt tiefere Preisanstiege erfahren als der Konsument. Über die gesamte landwirtschaftliche Erzeugung liegen die aktuellen Preise (Januar bis Juli) rund 21 % über dem Preisniveau von vor 50 Jahren. Jedoch gab es in den 1980er-Jahren eine deutliche Hochpreisphase, wie in der untenstehenden Grafik zu entnehmen ist. Der Grenzschutz, die staatliche Preisstützung und eine hohe Nachfrage wirkten sich in diesem Zeitraum positiv auf die Produzentenpreise aus und sorgten für einen durchschnittlichen Preisanstieg von bis 60 % gegenüber 1969. Mit der Liberalisierung des Welthandels – insbesondere auch im Agrarbereich – und den einsetzenden Reformen in der Agrarpolitik kamen inländische Produzentenpreise stärker unter Druck.

Der Preisverlauf zeigt auch, wie stark aussergewöhnliche Ereignisse die Preise im Fleischmarkt negativ beeinflussen. Die BSE-Krise im Rindfleischmarkt in den 1990er-Jahren wirkte sich massgeblich auf die Markt- und Preisentwicklung für Schlachtrinder und -kälber aus. Bankviehpreise etwa sanken zwischen 1994 und 1996 um 60 % auf das Niveau von 1969. Mittlerweile liegen die Preise wieder einen Drittel über dem Preisniveau von vor 50 Jahren. Während sich die Produzentenpreise für Rindfleisch seit der Jahrtausendwende erholen, zeigen die Preise für Schweine und Geflügel einen sinkenden Trend. Im laufenden Jahr 2019 erzielen Geflügel- und Schweinehalter gleich hohe bis leicht tiefere Preise im Vergleich zu 1969.

Nahrungsmittel kosten den Konsumenten drei Mal mehr

Im Gegensatz zur Produktion haben die Preise für Konsumgüter und Nahrungsmittel in den vergangenen 50 Jahren eine deutliche Steigerung erfahren. Dies lässt sich an der Entwicklung des Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) ablesen. Insgesamt stiegen die Konsumgüterpreise bis 2019 (Januar bis Juli) um den Faktor 3.09, die Nahrungsmittelpreise um den Faktor 2.79. Bei Fleisch und Fisch war die Entwicklung ebenfalls steigend, allerdings mit grossen Unterschieden zwischen den verschiedenen Teilkategorien.

Ähnlich wie auf Produzentenstufe verzeichneten Rind- (Faktor 2.95) und Kalbfleisch (3.61) auch bei den Konsumentenpreisen stärkere Preisanstiege verglichen mit Schweine- (2.18) und Geflügelfleisch (2.13). Vergleichbar verlief die Preisentwicklung für Wurstwaren, welche zu grossen Teilen aus Schweinefleisch hergestellt sind (2.20). Während Schweinefleischpreise aufgrund der sinkenden Nachfrage unter Druck geraten, wirkt sich beim Geflügel der hohe Importanteil entsprechend auf die Preisentwicklung aus. Wie sich die Produktdifferenzierung nach oben – durch die Etablierung von Labelprodukten – respektive nach unten – durch die Einführung von Discountmarken – auf die Preisentwicklung ausgewirkt hat, lässt sich in dieser Analyse nicht quantitativ abschätzen.

Der Durchschnittslohn stieg um das Fünffache

Den deutlichsten Anstieg der vergangenen 50 Jahre erfuhren die Haushaltseinkommen. Der durchschnittliche Nominallohn war im Jahr 2018 fünfmal höher als 1969. Bereinigt um die Inflationsrate (LIK) stieg das Lohnniveau real um 60 %. Diese Entwicklung führt dazu, dass die Haushalte ihre Budgets anders aufteilen können. Über die vergangenen Jahrzehnte haben sich darum die Konsumgüterausgaben (abzüglich obligatorische Transferausgaben wie Steuern oder Krankenkasse) stark gewandelt. Ausgaben für Mobilität, Telekommunikation oder Ferien haben deutlich an Bedeutung gewonnen, wohingegen die Haushalte deutlich weniger für Lebensmittel ausgeben.


Schweizer Haushalte geben anteilsmässig immer weniger Geld für Lebensmittel aus


Wurden Ausgaben für Nahrungsmittel vor 50 Jahren auf fast einen Drittel der gesamten Konsumausgaben geschätzt, sind es heute weniger als 10 %. Die Entwicklung der Haushaltausgaben für Nahrungsmittel und des Einkommens folgt damit dem Engel’schen Gesetz, nach welchem mit steigendem Einkommen der Haushalte der Ausgabenanteil für Nahrungsmittel sinkt. Die Bedeutung von Fleisch als fester Bestandteil des Nahrungsmittelwarenkorbs bleibt aber ungebrochen. Zwar ist der Ausgabenanteil seit der Jahrtausendwende tendenziell sinkend, liegt aber mit 23,3 % weiterhin über dem Niveau von vor 50 Jahren. Zugenommen haben die Ausgabenanteile für Fisch und Meeresfrüchte.

Klare Tendenzen gibt es auch innerhalb der Kategorie Fleisch. Die Ausgabenanteile von frischem Schweinefleisch haben sich von 24,0 % vor 50 Jahren auf heute rund 12 % halbiert. Wurstwaren und frisches Rindfleisch haben ebenfalls an Bedeutung verloren. Umgekehrt verlief die Entwicklung von Geflügel, dessen Anteil sich nahezu verdreifacht hat und heute 15,7 % ausmacht. Die Ausgabenanteile für Fleischwaren inkl. Fleischzubereitungen wie z.B. Trockenfleisch und Schinken erreichen mittlerweile einen Viertel der Fleischausgaben.

Fazit: Insgesamt sind die Haushaltseinkommen deutlich gestiegen, im Vergleich dazu sind die Konsumentenpreise weniger gestiegen, was es den Haushalten erlaubt, ihre Budgets anders einzusetzen. Damit hat die Bedeutung der Lebensmittel an den Gesamtausgaben abgenommen. Im Gegensatz dazu haben die Produzentenpreise vergleichsweise fast keine Steigerung erlebt. Es ist anzunehmen, dass die Preis- und Wertsteigerungen für Lebensmittel vor allem in der Veredelungsindustrie und in der Vermarktung beim Endverbraucher stattgefunden haben. (BLW)
(gb)

Ecke für Profis – die neuesten Beiträge
22.10.2024
dSchweizer Teigwaren enthalten wenig Heimatweizen
15.10.2024
d.LANDWIRTSCHAFT: Kulinarische und agrarische Vorteile der Hülsenfrüchte
08.10.2024
d.LANDWIRTSCHAFT: Comeback der Puschlaver Kastanien
01.10.2024
d.METZGEREI: SwissSkills Championships der Fleischfachleute 2024
01.10.2024
d.Metzgerei: Erfolgreiche Süffa 2024 im Rückblick
27.09.2024 d .ERNÄHRUNG: Chatbots nur bedingt für Empfehlungen geeignet
20.09.2024 d.LANDWIRTSCHAFT: Eierproduzenten planen Kükentöten abzuschaffen
13.09.2024 d .ERNÄHRUNG: Gesunde UND nachhaltige Ernährung mit neuer Pyramide
04.09.2024 d.ERNÄHRUNG: Fleisch/Milch-Ersatzprodukte gesünder und ökologischer?
28.08.2024 d .METZGEREI: Schweizer Ausbein-Meisterschaft im Rückblick
23.08.2024 d.LANDWIRTSCHAFT: Vertical Farming für weltweite Proteinversorgung
16.08.2024 d .GASTRONOMIE: Nach Vegi-Monat sinkt Fleischkonsum
09.08.2024 d .CONFISERIE: Trends bei Röstprozessen
02.08.2024 d.MOLKEREI: Vom Butterloch zum Butterberg
26.07.2024 d.GASTRONOMIE: Erfolgskonzepte der Ernährung in der GV
19.07.2024 d .ERNÄHRUNG: Hochwertige Pflanzenöle gesünder als tierische Fette
12.07.2024 d.LANDWIRTSCHAFT: Bio-Rekord in der Schweiz trotz Produzentenfrust
05.07.2024 d .MOLKEREI: Optimistischer Ausblick für Schweizer Käsebranche
28.06.2024 d.GASTRONOMIE: Roboter im Restaurant auf dem Vormarsch
20.06.2024 d.CONFISERIE: «Gesunde» Süsswaren weiterhin im Trend
14.06.2024 d.BÄCKEREI: Gluten – Freispruch für modernen Weizen
07.06.2024 d .KONDITOREI: Globale Glacetrends 2024
31.05.2024 d.ERNÄHRUNG: Aktuelle Entwicklungen beim Nutri-Score
23.05.2024 d.CONFISERIE: Schokolade mit vollem Kakaofruchtgehalt entwickelt
17.05.2024 d.ERNÄHRUNG: Molkenprotein-Gel baut Alkohol im Körper ab
10.05.2024 d.ERNÄHRUNG: Kaffee bietet mehr als nur Coffein
03.05.2024 d.TECHNOLOGIE: Smarte Schnelltests für Haltbarkeits-Ermittlung
26.04.2024 d.TECHNOLOGIE: Laborfleisch aus dem Bioreaktor
19.04.2024 d.BÄCKEREI: Weniger Dauerbackwaren exportiert im 2023
12.04.2024 d.MOLKEREI: Schweiz ist wieder Käse-Weltmeister
Ecke für Profis
22.10.2024
Schweizer Teigwaren enthalten wenig Heimatweizen

Schweizer Teigwaren aus hiesigen Rohstoffen sind Nischenprodukte. Hartweizen muss grösstenteils importiert werden, ist aber einer der Erfolgfaktoren.
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland