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Druckansicht05.01.2018
Erfolg der Naturweine ausserhalb des Rampenlichts
Ist für Naturweine der Ruhm schon wieder vorbei? An der ProWein 2018 und einer Tagung des Marmite food lab kann man den Trend im Detail recherchieren.



Viele wichtige Einsichten, die von den Machern von Naturweinen schon lange vertreten werden, fliessen nun endlich auch in die Entscheidungen von eher konventionellen Weinproduzenten ein.


Jede Diskussion über Naturweine muss mit einer Definition des Begriffs beginnen. Im Gegensatz zu „bio(logischen)“, „biodynamischen“ oder „Orange-“Weinen gibt es hier keine verbindlichen Regeln oder festgelegten Begrenzungen. Vielmehr ist „Naturwein“ ein Überbegriff für Weine, deren Fokus auf dem kompromisslosen Ausdruck einer Zeit und eines Ortes liegt, produziert mit möglichst geringem Eingriff und gänzlichem Verzicht auf technologische Manipulation. Poetisch ausgedrückt: Der flüssige Ausdruck von Authentizität, bei dem die Hand der Natur – nicht die des Kellermeisters – ihren Abdruck hinterlässt.

Vor ein paar Jahren sagten ein paar führende Weinjournalisten voraus, dass Naturweine auf dem Massenmarkt gross herauskommen würden. Mit sexy Schlagwörtern wie „naked“ und speziell dem Thema gewidmeten Formaten war die Argumentation der Journalisten verständlich. Diese Weine – siehe etwa den kühlen, konzentrierten Stil der Azienda Agricola Elisabetta Foradori aus den Dolomiten (ProWein Halle 13 / C64) oder die Klarheit und Präzision des österreichischen Weingut Claus Preisinger (Halle 17) – strahlen Authentizität aus, in der Regel in einer Bio-Verpackung, und tragen mit Naturwein einen Namen, der – zumindest in unserer westlichen Gesellschaft – Gesundheit suggeriert. Das alles sind Faktoren, die heutzutage bei den Konsumenten gut ankommen.

Der grosse Durchbruch blieb jedoch aus. Naturweine sind nie einfach, spalten vielmehr häufig. Das Geschmacksprofil ist tendenziell wild, herausfordernd und regt zum Nachdenken an. Was die einen als „dynamisch, lebhaft und…voller Emotionen“ (Isabelle Legeron, MW) beschreiben würden, wird von anderen als farblos, trüb, unrein und flach beschrieben. Auch weitere Faktoren spielten hier eine Rolle, etwa begrenzte Produktionsmengen und die vermehrte Ablehnung gegenüber teuren Produkten der Hipster-Bewegung.

Es gibt eine weitere plausible Erklärung: Dass Naturweine nie wirklich gross herausgekommen sind, könnte ein inhärentes Nebenprodukt ihrer Ethik sein. Denn dieser Weinstil bedeutet riskante und teure Produktion mit geringen Erntemengen. Jeder Versuch der Massenproduktion widerspräche der Existenzberechtigung dieser Weine. Tatsächlich floriert das Genre auf kleinerer Bühne und es wäre eine grosse Herausforderung, Weine dieser Art für eine Preisstufe von 9,99 € zu produzieren – ganz zu schweigen von günstigeren Preisen.

Die Randexistenz hat den Produzenten eine gewisse handwerkliche Freiheit zum Experimentieren gegeben. Viele ihrer Ideen haben sich tatsächlich als erfolgreich herausgestellt – und werden inzwischen auch ausserhalb der Grenzen der Szene eingesetzt. So reden viele konventionellen Stimmen inzwischen von ihrem Respekt gegenüber einem gesunden Ökosystem im Weinberg und stellen den Einfluss, den Zusatzstoffe und Technologie auf den Geschmack haben, offen in Frage. Ausserdem dämmert das Verständnis für den Wert eigener Charakteristika gegenüber der Homogenisierung.

Da es jedoch keine Zertifizierung gibt, ähnelt das Identifizieren von Naturwein-Produzenten der Suche nach der nicht markierten Tür einer Speakeasy-Bar in New York City zu Zeiten der Prohibition. Also weisen wir hier auf ein paar Regionen und Produzenten hin, um das Aufspüren einfacher zu machen. Beginnen wir mit Georgien, wo die Produzenten viele der uralten Traditionen des Landes wiederentdeckt haben – oxidativer Stil und verführerisch wilde Rotweine. Weiter geht es nach Slowenien, wo eine Reihe von Weingütern die Produktion von auf den Schalen vergorener Naturweine mit ihren komplexen, pikanten Aromen und der komplexen, sinnlichen Textur mit offenen Armen empfangen haben.


Beaujolais als Wiege der Naturweine


Auch Westeuropa macht bei diesem Trend mit. Dank Jules Chauvet und anderen modernen Propheten wie Marcel Lapierre und Guy Breton, wird Beaujolais als Wiege der Naturweine akzeptiert. Wie dem auch sei, viele Profis aus der Weinbranche halten die Weine von Eric Texier von der Rhône sowie Catherine und Pierre Breton aus dem Bourgueil für unverfällschte Schönheiten mit möglichst wenig Schwefel und einer freudigen, lebhaften und aromatischen Komplexität.

Dann ist da noch die neue Generation aus dem Loiretal, wo Virginie Joly die Zügel im Anwesen Coulee de Serrant (Hall 13 / C64) von ihrem Vater, dem Naturweinpropheten Nicolas, übernommen hat. Am Stand des deutschen Importeurs Vinaturel (Hall 13 / C64) oder von Ecovin (Halle 13 / C08–84) können viele deutsche Winzer angetroffen werden. Doch das sind nur ausgewählte Empfehlungen. Am besten die Weinproduzenten befragen, welche Weine als nächstes zu verkosten sind.

Vielleicht fällt auf, dass die Bewegung eine beeindruckende stilistische Vielfalt erreicht hat – je nach Blickwinkel „Melting Pot“ oder Petrischale. In den vergangenen Jahren hat die technische Seite der Weinproduktion definitiv einen Sprung vorwärts gemacht. Letztendlich bedeutet die Existenz auf der Kriechspur der Branche ständige Selbstkontrolle – ein Kompromiss, der den Trend überstanden hat, ohne den eigenen moralischen Geboten widersprechen zu müssen. Der Einfluss ist real. Für Skeptiker ist es an der Zeit, diesen Bereich ernster zu nehmen. (Text: Messe Düsseldorf. Weitere Informationen unter: www.prowein.de, Internationale Weinmesse in Düsseldorf 18.-20.3.2018)



An einer Marmite-Tagung zum Thema Mariage – ebenfalls wichtig in der Weinbranche


Naturwein-Tagung: ALL NATURAL?

Am Samstag, 27. Januar 2018, dreht sich im marmite food lab symposium Vol. 18 alles um «Naturweine». Warum sind natural, artisan, naked oder orange wines plötzlich derartig en vogue? Wir sprechen über ihre Wahrnehmung und darüber, weshalb Wein-Nerds plötzlich das Gegenteil von dem interessiert, was der Grundstein einer modernen Oenologie bilden sollte. Alles extrem natürlich; klar, aber warum? Ein undogmatisch polarisierendes Symposium, unter anderem mit:

●Hendrik Thoma ist seit 1999 Master Sommelier, Vinotrainer, Weinhändler und der bekannteste Weinblogger Deutschlands. In seinem Vortrag geht es um Qualität und Ursprung im Naturwein. Theoretisch und natürlich auch im Glas.

●Willi Klinger ist seit 2007 Geschäftsführer der Österreich Wein Marketing. Für die Bekanntheitsgradsteigerung des Österreichischen Weines leistete er Pionierarbeit. Bei uns wird er über die Naturweinszene Österreichs berichten.

●Hagen Britz beschäftigt sich seit über 15 Jahren mit Naturweinen. Als Weinhändler zählt er zu den ersten, die sich in der Schweiz ausschliesslich auf vins libres fokussiert haben. Er analysiert die Debatte um Naturweine, die in den letzten vier Jahren in deutschsprachigen Medinen ausgefochten wurde.

●Nadja Bleuler ist Ökonomin und Weinakademikerin. In ihrer, mit dem Swiss Wine Award ausgezeichneten, Diplomarbeit hat sie erforscht, ob Naturwein-Bereitungsmethoden die Entstehung biogener Amine begünstigt.

«All natural?» Von Naturweinen und anderen Phänomenen
Samstag, 27. Januar 2018 im marmite food lab, Badenerstrasse 587, 8048 Zürich
Programm: ab 13 Uhr Kaffee – Beginn 13.30 Uhr – Ende 17.30 Uhr
Anschliessend Apéro mit spannenden Weinen der Winzerei zur Metzg
Kosten: CHF 150.- (inkl. Kaffeepausen und Apéro)
Kosten für Jungköche und marmite youngsters: CHF 99.-
Anmelden unter: events@marmite.ch
(gb)

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