An der Jahresmedienkonferenz verkündete der Dachverband Bio Suisse stolz, dass der Gesamtumsatz mit 4,075 Milliarden Franken im letzten Jahr einen neuen Höchststand erreicht hat und um satte 6,9 Prozent gestiegen ist. Das klingt zwar durchaus positiv – dabei ist aber zu bedenken, dass dies den gesamten Biomarkt umfasst und nicht nur die Schweizer Bioprodukte. Ausserdem sind Umsatzzahlen in der Regel wenig aussagekräftig, da sie keine Aussage über den tatsächlichen Gewinn machen. Aussagekräftiger sind die Zahlen zum Marktanteil, der im letzten Jahr lediglich marginal um 0,3 Prozentpunkte auf 11,6 Prozent gestiegen ist und seit Jahren bei etwa 11 Prozent stagniert.
Derweil lagen die Schweizerinnen und Schweizer 2023 im Pro-Kopf-Konsum mit 454 Franken weiterhin an der Spitze, was jedoch einen leichten Rückgang im Vergleich zu den 459 Franken pro Kopf im Jahr 2021 darstellt, einem Jahr, das durch den Lockdown und eine verstärkte Nachfrage nach lokalen und gesunden Produkten geprägt war. Urs Brändli, Präsident von Bio Suisse, zeigte sich dennoch erfreut über das Wachstum trotz der schwierigen Umstände: «Dass wir in einem schwierigen Jahr und einem schwierigen Umfeld weiter zulegen konnten, freut uns sehr.»
Coop bleibt mit einem Marktanteil von 42,5 Prozent führend im Bio-Absatz, gefolgt von Migros mit 32,8 Prozent. Der übrige Detailhandel, zu dem Volg, Spar und Discounter zählen, hält zusammen 9,1 Prozent, während der Biofachhandel 7,2 Prozent ausmacht. Die Direktvermarktung verzeichnete einen Rückgang von 11,3 Prozent und kommt nun auf einen Marktanteil von 4,5 Prozent. Diese Zahlen zeigen, dass das Wachstum im letzten Jahr hauptsächlich von den Grossverteilern getrieben wurde, im Gegensatz zur Pandemiezeit, als Bio-Fachhändler und Hofläden eine bedeutendere Rolle spielten.
Entwicklung der Bioproduzentinnen und Bioproduzenten
Per Ende Dezember 2023 waren 7’362 landwirtschaftliche Betriebe Knospe-zertifiziert, was ein Plus von 21 Betrieben bedeutet – allerdings haben 2023 auch 133 Betriebe Bio Suisse verlassen. Und der Anteil von 17,9 Prozent direktzahlungsberechtigten Bio-Betrieben in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein umfasst nicht nur Knospe-zertifizierte Betriebe, sondern auch Betriebe, die nach der Bioverordnung des Bundes wirtschaften. Besonders bemerkenswert ist, dass der Bio-Anteil im Weinbau mit 19,9 Prozent erstmals über dem der übrigen Landwirtschaft liegt.
Biogetreide-Ernte (Bild LID)
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Die biologisch bewirtschaftete Fläche nahm um 3’190 Hektar zu, wovon rund 2’000 Hektar der Zunahme auf Betriebe fallen, die im Rahmen der Bioverordnung des Bundes arbeiten. Dies bedeutet, dass der Zuwachs der Fläche grösstenteils nicht direkt auf Knospe-zertifizierte Betriebe zurückzuführen ist. Besonders erwähnenswert ist der Kanton Graubünden, der mit 63,7 Prozent den höchsten Anteil an Bio-Betrieben aufweist. Bern bleibt mit insgesamt 1,370 Betrieben der Kanton mit den meisten Bio-Höfen.
Kritische Stimmen und Herausforderungen
Trotz der vorgestellten positiven Zahlen gibt es auch kritische Stimmen. So porträtiert unter anderem ein Beitrag in der Newssendung «10 vor 10» des Schweizer Radio und Fernsehen SRF von dieser Woche, dass es Biobäuerinnen und -bauern gibt, die unzufrieden mit der Preisgestaltung sind. Der Vorwurf richtet sich an den Verband Bio Suisse, der sich nicht ausreichend für faire Preise für die Produzenten einsetze. Das Beispiel aus dem Beitrag: Für ein Kilogramm Biokartoffeln erhält der Bauer vom Abnehmer 1.02 Franken – für die nicht Biokartoffel 60 Rappen pro Kilogramm. Der Kunde zahlt dann im Supermarkt für die normalen Kartoffeln im günstigen Sortiment für ein Kilogramm 1.10 Franken und für die Biokartoffel 3.10 Franken. Das sind 2 Franken mehr für den Detailhandel im Bioproduktsegment. Der Biobauer erhält aber nur 42 Rappen mehr.
Urs Brändli, Präsident von Bio Suisse (Bild), nimmt dazu im Beitrag folgendermassen Stellung: «Bio Suisse ist kein Händler und wer kein Produkt in der Hand hat, der kann auch keinen Preis aushandeln.» Und Coop, als führender Anbieter von Knospe-Produkten, wehrt sich gegenüber SRF ebenfalls gegen die Vorwürfe und betont, dass sie Bioproduzenten faire und marktgerechte Preise zahlen.
Derweil unterstrich Urs Brändli an der Jahresmedienkonferenz aber auch die Wichtigkeit der Weiterentwicklung im Biolandbau: «Es wäre komisch, wenn der Biolandbau einfach stehen bleiben würde.» Man fokussiere sich schon darauf, welche Rolle Bio im Jahr 2040 übernehmen solle. Urs Brändli betonte auch, dass die Bioproduktion attraktiv bleiben müsse und dass Produzenten bei einem Mehraufwand immer auch einen Mehrwert erhalten sollten.
Zukunftsorientierung und Weiterentwicklung
Die präsentierten Zahlen von Bio Suisse zeichnen ein positives Bild des Biolandbaus in der Schweiz. Mit einem Bio-Konsum von 454 Franken pro Kopf und Jahr belegt die Schweiz im internationalen Vergleich den ersten Platz. Doch die Herausforderungen bleiben bestehen: Die Preisgestaltung und die faire Vergütung der Produzentinnen und Produzenten sind zentrale Themen, die es zu adressieren gilt, um die nachhaltige Entwicklung des Biolandbaus langfristig zu sichern. Dem muss sich mit zunehmendem Druck wohl auch Bio Suisse stellen, denn die Zukunft des Biolandbaus in der Schweiz dürfte auch entscheidend davon abhängen, wie gut es gelingt, die Interessen von Produzentinnen und Produzenten sowie Konsumentinnen und Konsumenten in Einklang zu bringen und faire Rahmenbedingungen für alle Beteiligten zu schaffen. (LID)
(gb)