delikatessenschweiz.ch
Ecke für Profis  17.03.2023
.METZGEREI: Wie (un)gesund ist Pökelsalz wirklich?
Oft liest man, dass hoher Verzehr gepökelter Fleischwaren ungesund sei. Aber diese haben nur wenig Anteil an der Nitritzufuhr. Gemüse und die körpereigene Nitrat-Produktion haben mehr Einfluss. Nitrit kann im Magen sogar antibakteriell wirken.

Auch in Bioprodukten ist Pökelstoff zwecks Hygienesicherheit erlaubt


Untersuchungen kommen zum Schluss, dass Nitrit unter normalen Bedingungen positive Wirkungen hat. Dies berichtete die Agroscope, Eidgenössische Forschungsanstalt für Nutztiere und Milchwirtschaft (ALP) in Bern. Gepökelte Fleischerzeugnisse werden mit Magen- und Darmkrebs in Verbindung gebracht, da sie Nitrit enthalten, aus dem unter bestimmten Voraussetzungen Krebs erzeugende Verbindungen (N-Nitrosamine) entstehen können.

Bisher ist es jedoch auch durch intensive Forschung weltweit nicht gelungen, einen klaren Zusammenhang zwischen Nitrat/Nitrit und Krebs im Menschen zu beweisen. Im Gegenteil, es gibt immer mehr Hinweise, dass Folgeprodukte von Nitrit (z.B. Stickstoffmonoxid) wichtige Faktoren im Abwehrsystem des Körpers darstellen und zur Aufrechterhaltung der normalen physiologischen Funktionen beitragen.

Für den Menschen sind gepökelte Fleischerzeugnisse die Hauptquelle von Nitrit, da es bei deren Herstellung in Form von Nitritpökelsalz eingesetzt wird. Nach eigenen Berechnungen der ALP stammen jedoch nur zwischen 9 und 15% des Nitrits, das in den Magen gelangt, tatsächlich aus dem Verzehr von Fleischerzeugnissen. Damit stellt sich die Frage nach der Herkunft der restlichen rund 90% Nitrit.

Die Antwort ist einfach: Der Mensch erzeugt es selber aus Nitrat. Das vom Menschen aufgenommene Nitrat stammt hauptsächlich aus Gemüse. Nach der Magenpassage wird Nitrat aus dem Darm absorbiert und gelangt ins Blut. Hinzu kommt vom menschlichen Organismus selber gebildetes Nitrat in etwa der über die Nahrung zugeführten Menge (1 mg/kg Körpergewicht und Tag). Von dieser Nitrat-Gesamtmenge gelangt etwa ein Viertel in den Speichel. Bakterien in der Mundhöhle reduzieren dann um die 20% des Nitrats im Speichel zu Nitrit, welches durch Schlucken in den Magen gelangt.

Das bedeutet also, dass nicht der Verzehr von Fleischerzeugnissen, sondern der Gemüseverzehr und die Körper eigene Nitrat-Produktion für die aufgenommene Nitritmenge eine wesentlich wichtigere Rolle spielen. Im Gegensatz zu den gepökelten Fleischwaren wurde dem Gemüseverzehr bisher jedoch eine schützende Rolle bei der Krebsentstehung nachgesagt und das wurde durch wissenschaftliche Studien auch untermauert.

Nitrit kann im sauren Milieu des Magens mit aus der Nahrung stammenden sekundären Aminen reagieren, wodurch N-Nitrosamine entstehen. Das sind chemische Verbindungen, denen in Tierstudien eine stark Krebs erregende Wirkung nachgewiesen wurde. Nun stellt sich natürlich die Frage, weshalb die Natur es so eingerichtet hat, dass Bakterien im Mund Nitrit produzieren, wenn dies dem Menschen theoretisch schadet.

Untersuchungen kommen zum Schluss, dass Nitrit unter normalen Bedingungen positive Wirkungen hat. Genauer gesagt nicht Nitrit selber, sondern reaktive Stickstoffverbindungen (z.B. Stickstoffmonoxid), die in saurem Milieu - wie es normalerweise im Magen vorherrscht - spontan aus Nitrit entstehen. Sie haben unter anderem eine antibakterielle Wirkung, d.h. mit der Nahrung aufgenommene Pathogene können unschädlich gemacht werden. Dabei wirken die Magensäure und die reaktiven Stickstoffverbindungen zusammen, um eine optimale Wirkung zu entfalten.

Weiterhin fand man, dass das im Magen aus Nitrit gebildete Stickstoffmonoxid die Blutzirkulation in der Magenschleimhaut anregt und die Dicke der Schleimschicht an der Magenwand fördert, womit der Magen besser geschützt wird. Gefährlich scheint es erst dann zu werden, wenn der pH-Wert des Magens längerfristig erhöht ist, was z.B. durch Krankheit (z.B. Gastritis) oder bei Einnahme gewisser Medikamente geschehen kann. Unter diesen Bedingungen können sich Bakterien ansiedeln (z.B. Helicobacter pylori), welche die Umwandlung von Nitrat zu Nitrit und weiter in Nitrosamine fördern. Dadurch steigt die Konzentration an Nitrosaminen im Magen stark an. Ausserdem wird durch den pH-Wert im Magen die Entstehung der schützenden Nitrit-Folgeprodukte gehemmt. Das bedeutet dann, dass die betroffene Person ein höheres Risiko für Magenkrebs aufweist.

Studien, in denen Krebspatienten und gesunde Personen auf ihre Ernährungsgewohnheiten hin verglichen wurden, kamen bisher zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Die einen ergaben einen Zusammenhang zwischen Fleischerzeugnissen (Nitritzufuhr) und Krebserkrankungen, andere nicht. Leider wurde in diesen Studien meist nicht gleichzeitig überprüft, wie es mit der bakteriellen Besiedlung des Magens aussah und ob diese evtl. Auswirkungen auf die Ergebnisse hatte. Damit sind die Resultate nur beschränkt aussagekräftig. Insgesamt konnten diese Studien keinen Zusammenhang belegen, was uns nach obigen Ausführungen natürlich nicht überrascht.

Fazit

Zusammengefasst kann man sagen, dass gepökelte Fleischerzeugnisse nur einen geringen Anteil der Nitritzufuhr ausmachen. Hätten diese Mengen Auswirkungen auf das Magenkrebsrisiko, dann müsste auch ein hoher Gemüseverzehr das Risiko erhöhen, da 5% des aufgenommenen Nitrats zu Nitrit reduziert wird und in den Magen gelangt (gar nicht zu sprechen von den Mengen des vom Körper selber produzierten Nitrats). Dies macht einiges mehr aus als die Mengen in Fleischerzeugnissen.

Gemüse und Früchte werden jedoch übereinstimmend als krebshemmend beurteilt. Es ist deshalb Zeit, den sich bei Nitrat abzeichnenden Anschauungswandel auch auf Nitrit auszudehnen und den Leuten den Genuss gepökelter Fleischerzeugnisse nicht länger ausreden zu wollen. (Text: Alexandra Schmid, Agroscope Liebefeld-Posieux, Eidgenössische Forschungsanstalt für Nutztiere und Milchwirtschaft (ALP)

Stichwort: .Ernährung:
(gb)
© copyright delikatessenschweiz.ch