Die Anwendung von Vakuum gehört zu den schonenden Prozessen (minimal processings) und wird in mehreren Branchen angewendet. Bild: Sousvide-Produkte vor dem Garen.
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Vakuumgaren ist im Trend, sogar im Haushalt. Als Erfinder der Sousvide-Produkte gilt der französische Koch Georges Pralus, der bei edlem Fleisch die Garverluste reduzieren wollte. Weitere Vorteile wurden später dazu entdeckt: Schonung der Vitamine und Aromastoffe, weil kein schädlicher Sauerstoff vorhanden ist während der Hitzebehandlung des Garens.
Vakuumgaren wird normalerweise bei moderaten Gartemperaturen angewendet, so dass (eher aus diesem Grund) der Saftverlust bei Fleisch gering bleibt.
Die Sous-vide-Technologie wurde ursprünglich nicht zur Konservierung entwickelt: Aber aus dem Nebennutzen wurde ein Hauptnutzen: Sous-vide erlangt vor allem bei Handelsprodukten (Chilled Food) mehr und mehr Bedeutung, denn diese Methode erlaubt eine Haltbarkeit bis drei Wochen bei Kühllagerung. Die wichtigste und branchenübergreifende Vakuumanwendung besteht aber auf der Stufe der Verpackung, und hier ist die Alternative eine Begasung mit Schutzgas (modified atmosphere packaging MAP).
Die Vorteile beider Varianten liegen vor allem in der Haltbarkeitsverlängerung, wobei man beide nicht als konservierende Massnahme bezeichnen sollte sondern als frische-verlängernde. Sie verfolgen dieselben Ziele mit ähnlichen Methoden aber unterschiedlichen Applikationen. Austauschbar sind sie dennoch nur in wenigen Fällen. Die wichtigste Massnahme, sowohl von Vakuum wie von Schutzgas, ist die Entfernung des oxidativ wirkenden Sauerstoffs, der aerobe Bakterien und Schimmel fördert und empfindliche Vitamine und Aromen abbaut.
Kohlendioxid bremst Keimentwicklung
Bei MAP kommen spezifische Wirkungen einzelner Gasarten hinzu: Durch den Einsatz von Kohlendioxid CO2 werden Mikroorganismen im Wachstum gehemmt. Das CO2 bewirkt eine Senkung des pH-Werts auf der Produktoberfläche und ist ausserdem für aerobe Bakterien ein leichtes Stoffwechselgift. Stickstoff dagegen bewirkt eine Trocknung der Oberfläche von stückigen Produkten wodurch der Wasseraktivitätswert leicht sinkt, was wiederum das Wachstum von Mikroorganismen reduziert.
Bei Frischfleisch wird die Fleischfarbe durch Sauerstoff positiv beeinflusst. Bei einer Vakuumverpackung dagegen verfärbt sich rohes Fleisch allmählich bräunlich oder gräulich.
Ist es jedoch mariniert, wirkt sich dieser Nachteil kaum aus, und das Vakuum sorgt für rasches Eindringen der Marinadearomen ins Fleisch. Die Gasfirmen PanGas, Carbagas und die Verpackungsmaschinenfirma Multivac bieten dazu Konzepte an.
Bei gegarten Komponenten ist die Ausganglage anders und die Frage stellt sich, wie gut Vakuum allein die Haltbarkeit verlängert und ob das bakteriostatische Kohlendioxid sie zusätzlich verlängern kann. Zum Einen hat CO2 eine hemmende Wirkung auf die Entwicklung von Mikroorganismen. Ist der CO2-Anteil in der Verpackung genügend hoch, kann dies gegenüber einem Vakuum die Entwicklung der Gesamtkeimzahl zusätzlich verlangsamen.
Zum Andern bewirkt CO2 ein Schrumpfen des Verpackungs-Kopfraumes: Es löst sich im Wasser und Fett der Produkte, so dass auch bei CO2-dichten Packungen ab 30% CO2 das Risiko besteht, dass diese zu stark schrumpfen. Auch sensorisch betrachtet eignet sich CO2 nicht für alle Produkte oder es gibt Dosisgrenzen: Saucissons können bei einem zu hohen CO2-Gehalt ungewollt eines säuerlichen Geschmack entwickeln.
Ob Vakuum oder Schutzgas bei Lagerung bei zwei Grad die bessere mikrobielle Stabilität und Vitaminretention ergibt, ist umstritten. «Die Schutzatmosphäre bringt eine Verbesserung bei vorverpackten gegarten Komponenten oder frischen atmungsaktiven Salaten, gelagert bei fünf Grad. Dies gilt auch für die Farbstabilität», ist beim Qualis-Laboratoriums in Rubigen BE zu hören.
Dass Kohlendioxid in der Schutzatmosphäre eine leicht bakteriostatische Wirkung besitzt, bestätigt man, wendet aber ein, dass ein reiner Sauerstoffentzug durch Vakuumieren nur den Schimmel und die aeroben Bakterien hemmt. Handkehrum entwickeln sich die anaeroben nicht unbedingt langsamer als die aeroben, wenn diese gehemmt sind. In beiden Gruppen gibt es pathogene und toxinogene Arten, die sich bei zwei Grad vermehren.
Was bietet längere Frischhaltung?
Aber Vakuum besitzt gemäss Angaben der Verpackungsfirma Seald Air mehrere Vorteile: zum Einen bietet Hochvakuum eine längere Produkthaltbarkeit und zum Andern könne man Fleisch hängend präsentieren, da im Gegensatz zur begasten Verpackung kein unschöner Fleischsaft austreten kann. Und der Geschmack wird intensiver, da die Gewürze dank des Vakuums besser ins Innere diffundieren. Vakuum dichtet ferner den Deckel. Und zu guter Letzt anerkennt BioSuisse Vakuum als frischeverlängernde Massnahme für das Knospelabel im Gegensatz zur Begasung. Handkehrum bedeutet Schutzgas zwar eine Verteuerung, aber dieses Argument relativieren die Gasfirmen mit dem Hinweis, dass die Gaskosten nur circa zehn Prozent der Beutelkosten betragen.
MAP kommt meistens bei Beutelverpackungen zur Anwendung, aber es gibt auch die so genannte GreenVac-Methode mit wiederverwendbaren Gebinden. Kombiniert mit einer vorgängigen Schnellkühlung nach dem Garen heisst sie Freeze’n’go und wurde von Hugentobler Kochsysteme lanciert mit dem Versprechen von zehn Tagen Haltbarkeit.
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Bei GreenVac werden Lebensmittel in Gastroschalen statt Beuteln vakuumiert.
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An einer Igeho-Messe präsentierte Hugentobler einen Multivac-Schalensiegler, der sowohl vakuumieren kann wie auch zu 85% mit Schutzgas rückbegasen und sich für alle rohen und gegarten Komponenten eignet (Haltbarkeit gekühlt ebenfalls rund zehn Tage). Beide Systeme dienen der Produktion von «Chilled Food»-Convenienceprodukten d.h. kühlpflichtige Frischprodukte.
Kritik am Sauerstoff als Fleisch-Verpackungsgas
Während Sauerstoff die Haltbarkeit der meisten Lebensmittel ungünstig beeinflusst, konserviert dieses Gas beim Frischfleisch die rote Fleischfarbe. Ohne Sauerstoff verfärbt sich das Myoglobin rasch zum dunklen Metmyoglobin und dies meistens irreversibel. Sauerstoff in der Verpackungsgas-Mischung begünstigt die Bildung von Oxymyoglobin. Dadurch behält das Fleisch ein appetitliches Aussehen: eine frische Fleischfarbe trägt wesentlich zum Kaufentscheid bei.
Und Wissenschaftler des Fleischforschungsinstitutes MRI in D-Kulmbach berichten, dass hohe Sauerstoffgehalte bei der Verpackung von Fleisch viele Qualitätsfaktoren beeinträchtige. Einer ist die Reaktion von Cholesterin mit Sauerstoff: Kommt Fleisch, das natürlicherweise Cholesterin enthält, mit Sauerstoff in Kontakt, können Cholesterin-Oxidationsprodukte (COP) entstehen. Ihre gesundheitiche Wirkung auf den menschlichen Organismus ist nicht abschliessend geklärt.
Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung BfR kommt jedoch zum Schluss, es gebe keine gesundheitliche Gefährdung bei Sauerstoff-Schutzgas im Frischfleisch.
Und bei PanGas stellt man fest: «Basierend auf Kundengesprächen in der Metzgereibranche und mit Konsumenten geht es bei Frischfleisch vor allem um die rote Fleischfarbe, welche durch Sauerstoffgehalte in der MAP-Startatmosphäre von 70 bis 80% stabilisiert wird. Gemäss Aussage des MRI gegenüber Linde Gas Deutschland sind die Veränderungen im Fleisch bei einer Lagung von unter sechs Tagen und hohem Sauerstoffgehalt unbedenklich».
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Attraktives rotes Freischfleisch dank Sauerstoff-Schutzgas (Bild: PanGas)
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Auch Andreas Siegenthaler, Experte für Gas-Applikatikonen für Lebensmittel relativiert: «Das Gasgemisch für Frischfleisch enthält Sauerstoff (70-80%) für den farblichen Aspekt und Kohlendioxid (20-30%) für den mikrobiologischen Schutz. Grundsätzlich ist es möglich, dass Massnahmen für die erfolgreiche Verbesserung der sensorischen Eigenschaften, hier der Farbe, im Widerspruch stehen mit andern Zielen wie der Haltbarkeit. Solche Phänomene kommen oft vor, und in der Praxis geht es dann um eine Optimierung, so dass die Vorteile zum Tragen kommen ohne dass sich die Nachteile übermässig auswirken.
Konkret: wenn man Frischfleisch mit einer sauerstoffhaltigen Schutzatmosphäre haltbar macht, ist ein Anteil Sauerstoff bis zu einer gewissen Lagerdauer eher positiv als negativ». Die effektive Laufzeiten, die Schweizer Metzgereien festlegen, sind wesentlich kürzer als die vom MRI untersuchten. Fazit: Sauerstoff wirkt sich erst bei einer übermässig langen Lagerdauer negativ aus, die in der Praxis ohnehin nicht vorkommt. (GB)
Im kürzlich erschienen ktipp 3-2022 titelt ein Bericht «Abgepacktes Fleisch: Unter Vakuum besser als in der Folie». Darin kommt Per Ertbjerg, Professor
für Fleischtechnologie an der Universität Helsinki zu Wort:
«Die Farbe des Fleisches in
der Verpackung sagt nichts
über dessen Qualität aus. Im
Gegenteil: Begastes Fleisch
hat mehrere Nachteile». Das
zeigen Ertbjergs jüngste
Forschungsergebnisse.
Er
lagerte Hamburger während der handelsüblichen
sechs Tage in Gasverpackungen mit unterschiedlich hohem Sauerstoffgehalt. Das Resultat: Je mehr
Sauerstoff, desto schlechter die Fleischqualität. Ertbjerg erklärt: «Fette und Proteine oxidieren. Das macht das Fleisch zäher. und es schmeckt eher aufgewärmt
und ranzig. Es gibt keinen Grund, Hackfleisch auf diese Weise zu verpacken».
Die Fleischforscher vom
Max-Rubner-Institut raten gemäss ktipp, wenn immer möglich vakuumverpacktes Fleisch zu
wählen. Hackfleisch allerdings ist in der Schweiz nicht vakuumverpackt
erhältlich im Gegensatz zum Ausland.
(gb)