Alternative Proteinquellen in der Humanernährung in Form von Fleischersatzprodukten gewinnen vor dem
Hintergrund des gesellschaftlichen Diskurses zum Klimawandel und der tierischen Lebensmittelproduktion
an Bedeutung. Mit dem vorliegenden Report wird für die Schweiz zum ersten Mal die Marktentwicklung von
Fleischersatzprodukten im Schweizer Detailhandel gesamtheitlich untersucht.
Das Wichtigste in Kürze
• In den vergangenen fünf Jahren ist die Nachfrage nach Fleischersatzprodukten stark gestiegen. Im 2020 hat
der Schweizer Detailhandel – auch aufgrund des Einflusses der Pandemie – einen Umsatz von 117 Mio. CHF
mit Fleischersatzprodukten erwirtschaftet, gegenüber 60 Mio. CHF im Jahr 2016. Dies entspricht bei einer
jährlich durchschnittlichen Wachstumsrate von 18,4 % nahezu einer Verdoppelung. Verglichen mit Fleisch
bleibt Fleischersatz ein Nischenmarkt mit einem Marktanteil von 2,3 % im Detailhandel.
• Die höchsten Wachstumsraten verzeichneten sogenannte Meat-Analog-Produkte. Damit sind Produkte gemeint, die wie Fleisch aussehen und schmecken sollen. Diese Subkategorie macht neben den Subkategorien
«Tofu / Tempeh / Seitan» und «Vegi Convenience» mittlerweile über 60 % des Gesamtumsatzes von Fleischersatzprodukten aus.
• In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der eingeführten Produkte im Detailhandel bei den Subkategorien «Meat Analog» und «Vegi Convenience» mehr als verdoppelt. Eingeführt wurden vornehmlich Burger,
Aufschnitt oder Formfleisch wie Schnitzel und Nuggets.
• Besonders gefragt waren Burger auf pflanzlicher Basis. Jedes sechste im Detailhandel abgesetzte Burger-Patty wird mittlerweile auf pflanzlicher Basis produziert. Über das gesamte Fleischersatzsortiment bleibt die
Subkategorie «Tofu / Tempeh / Seitan» mit 22.2 Mio. CHF nach wie vor die umsatzstärkste Produktgruppe.
• Durchschnittlich zahlten Konsument*innen in der Schweiz im 2020 einen Preis (berechnet als Unit Value) von
20.53 CHF pro Kilogramm über alle Fleischersatzprodukte, welcher 5,1 % unter dem Niveau aller Fleischprodukte liegt. Im direkten Produktvergleich einzelner Produktgruppen sind Fleischersatzprodukte hingegen
deutlich teurer als Fleischprodukte. So kosten beispielsweise pflanzliche Burger im Durchschnitt 42 % mehr
als Fleischburger, bei Geschnetzeltem liegt die Differenz bei +16 %. Seit 2016 hat insgesamt eine preisliche
Annäherung von Fleisch und Fleischersatzprodukten stattgefunden, wobei Fleischersatzprodukte günstiger
wurden.
• Mit 90 % Marktanteil ist der klassische Detailhandel der wichtigste Absatzkanal von Fleischersatzprodukten.
Das deutlichste Umsatzwachstum verzeichneten in den vergangenen fünf Jahren allerdings die Discounter
mit einer durchschnittlich jährlichen Wachstumsrate von über 60 %. Dabei wurde der grösste Teil des Umsatzes mit Meat-Analog-Produkten erwirtschaftet.
• Verschiedene Studien prognostizieren für die nächsten 5 bis 20 Jahre einen weiter anhaltenden Wachstumstrend für Fleischersatzprodukte. Neben den bisherigen Produktgruppen wird davon ausgegangen, dass in
Zukunft auch «Cultured Meat» bzw. «Laborfleisch» Marktreife erlangen und sich im Markt etablieren wird.
• Für die Schweizer Landwirtschaft bietet der Markt für Fleischersatzprodukte ebenfalls grosses Potenzial,
insbesondere in Bezug auf die Produktion pflanzlicher Rohstoffe. Diese Potentiale werden bislang kaum genutzt. Derzeit werden nahezu alle pflanzlichen Proteine für die inländische Fleischersatzproduktion importiert.
Unter dem Begriff «Fleischersatz» lassen sich grundsätzlich eine Vielzahl von Produkten subsumieren. Im Allgemeinen umfasst der Begriff «Fleischersatz» grundsätzlich alle Produkte, die Fleisch und seine vielseitigen Charaktereigenschaften ersetzen wollen (etwa hinsichtlich Textur und Geschmack, als Proteinquelle oder als fester Bestandteil der täglichen Essgewohnheiten).
Auch wenn Fleischersatzprodukte heute einen
Nischenmarkt darstellen, so ist dieser Bereich in
den vergangenen Jahren stark gewachsen. Von
2016 bis 2020 sind die Absätze mit Fleischersatzprodukten jährlich durchschnittlich um
18,1 % gestiegen. Die Umsätze wuchsen gar um
18,4 %. Im gleichen Zeitraum wuchs der Fleischmarkt (Frischfleisch, Charcuterie, Konserven und
Insekten) im Detailhandel jährlich um 2,0 % (Absatz) bzw. 3,0 % (Umsatz). Insektenprodukte verzeichneten bereits kurz nach Markteinführung
im 2017 einen starken Umsatzrückgang
Vor 2020 war der Ab- und Umsatz von Fleischprodukten hingegen leicht rückläufig.
Absatzsteigerung von 49 % im Jahr 2020
Im vergangenen Jahr stieg der Absatz von Fleischersatzprodukten um 49,4 % auf 5705 Tonnen. Damit wurde das Rekordwachstum von
12,4 % der Warengruppe Fleisch deutlich übertroffen. Sowohl absolut als
auch relativ verzeichneten Fleischersatzprodukten im 2020 den höchsten Zuwachs. Seit 2016
hat sich der Absatz von Fleischersatzprodukten
nahezu verdoppelt (von 2936 auf 5705 Mio.
CHF).
Die am stärksten wachsende Subkategorie aller
Fleischersatzprodukte ist Meat Analog. Der
Absatz von Meat-Analog-Produkten ist im 2020
gegenüber 2019 um 74,5 % gestiegen und macht
mittlerweile über 50 % des gesamten Absatzes
von Fleischersatzprodukten aus. Da mit Meat-
Analog-Produkten eine breite Konsumentenschicht angesprochen wird, besteht hier ein
grosses Marktpotenzial. Geschmackliche Aspekte, eine grundsätzliche Offenheit und Neugier
gegenüber neuen Produkten sowie Umweltbewusstsein sind konsumseitig Nachfragetreiber
nach Meat-Analog-Produkten.
Sowohl Vegi Convenience als auch Tofu / Tempeh / Seitan haben eine wachsende Nachfrage
erfahren, wenn auch in geringerem Ausmass. Vegi-Convenience wurde im vergangenen Jahr
12,7 % mehr nachgefragt, bei Tofu und Co. waren es deutliche +41,1 %.
Der Umsatz mit Fleischersatzprodukten entwickelte sich analog zum Absatz. Die grösste Zuwachsrate von plus 52,3 % wurde im 2020 erwirtschaftet, womit der Umsatz auf einen
Rekordwert von 117 Mio. CHF stieg. Die umsatzstärkste Kategorie war Meat Analog mit 72 Mio.
CHF bei einem Umsatzanteil von über 60 %. Die
Zuwachsrate betrug gegenüber 2019 plus
82,1 % und war damit deutlich höher als bei Vegi
Convenience (+10,0 %) oder Tofu und Co.
(+35,2 %).
Kontinuierliches Wachstum des Fleischersatz-Sortiments
Die Produktevielfalt im Fleischersatzmarkt
wurde in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut. Gegenüber 2016 hat sich die Anzahl der
im Nielsen Datenpanel erfassten Produkte mehr
als verdoppelt. 823 Artikel wurden per Ende
2020 erfasst. Allein im Verlauf des vergangenen
Jahres haben die Schweizer Detailhändler über
150 neue Artikel eingeführt (+22,5 %). Davon entfielen allein über 100 Produkte auf den Meat-
Analog-Bereich.
Die starke Zunahme von Produktneulancierungen in einem wachsenden Markt ist keine überraschende Entwicklung. Die Absatz- und Umsatzentwicklungen der vergangenen Jahre
zeigen denn auch, dass der Mehrumsatz sowohl
von einer höheren Nachfrage nach bestehenden
Produkten als auch von Produktneuheiten getrieben wird. Damit wird gemäss ProVeg-Studie
dem Konsumentenbedürfnis nach einem
breiteren Produktsortiment Rechnung getragen
(European Consumer Survey on Plant based
Foods 2020).
Konsument*innen wünschen sich
dieser Studie zufolge bei pflanzlichen Ersatzprodukten insgesamt eine grössere Vielfalt hin-
sichtlich Produkttyp, eingesetzten Roh- und Inhaltsstoffen, Geschmacksrichtungen und Textur.
Ein Vergleich mit dem Fleischsortiment und seinen mehr als 37'000 Artikeln im Nielsen Datenpanel zeigt, dass Fleischersatzprodukte noch
über ein beträchtliches Marktpotenzial verfügen.
Mit pflanzenbasierten Burgern,
welche sowohl unter Meat Analog (fleischartiger) als auch unter Vegi Convenience zu finden
sind, wurde in der Summe ein Umsatz von
19 Mio. CHF erwirtschaftet. Zum ersten Mal
wurde mit pflanzenbasierten Alternativen zu
Fleischgeschnetzeltem ein Umsatz von über
10 Mio. CHF erzielt (10.6 Mio. CHF), knapp gefolgt von pflanzlichen Würsten mit 9.5 Mio. CHF.
Falafel ist die bedeutendste Produktgruppe im
Bereich der vegetarischen Convenience und erreichte im vergangenen Jahr einen Umsatz von
6.8 Mio. CHF.
Werden alle Hackprodukte inkl. Burger und Balls
summiert, ergibt sich ein Umsatz von über
30 Mio. CHF. Absatzmässig entspricht dies
1355 Tonnen. Mit Steaks / Schnitzel wurden
880 Tonnen abgesetzt. Mit 1590 Tonnen wurde
der höchste Absatz mit Tofu und Co. erreicht.
Burger wachsen am schnellsten
Keine andere Produktgruppe hat in den vergangenen Jahren ein ähnlich starkes Wachstum erlebt wie pflanzliche Burger. Durchschnittlich
stieg der jährliche Umsatz gegenüber dem Vorjahr im Zeitraum von 2016 bis 2020 um 62 %.
Insgesamt verzeichneten alle Produktgruppen
überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten. So
erreichten auch Wurst, Hack und Geschnetzeltes
jährliche Umsatzzuwächse von über 30 %. Auch
Nuggets erreichten einen Zuwachs von über
20°%. Mit 6,6 % verzeichneten pflanzliche Schnitzel und Steaks hingegen ein verhältnismässig
geringes Wachstum.
Fleischersatzprodukte sind gemessen am
Fleischmarkt eine schnell wachsende Nische. So
ist der absatzmässige Marktanteil von 1,3 % im
Jahr 2016 auf 2,3 % im 2020 angewachsen.
Keine andere Produktgruppe weist einen derart hohen
Anteil an Fleischersatzprodukten auf. Bei Nuggets / Knusperli machen pflanzenbasierte Alternativen mittlerweile fast 10 % des Absatzes aus
(ggü. 6,6 % im 2016). Bei Geschnetzeltem erreichte der Anteil 5 %, was in erster Linie mit
neuen Produktlancierungen im Detailhandel
(z.B. «Planted.chicken) erklärt werden kann.
In lebensmitteltechnologischer Hinsicht sind
Burger, Hackfleisch und Aufschnitt einfacher zu
imitieren, da sie im Gegensatz zu gewachsenem
Fleisch wie Filet oder Entrecôte eine homogenere Struktur aufweisen und die Textur weniger
komplex ist. Es ist darum keine Überraschung,
dass sich insbesondere Burger mittlerweile am
stärksten im Markt etablieren konnten. Zudem
hat bisher noch kein Produkt aus kultiviertem
Fleisch in der Schweiz die Marktreife erreicht.
Längerfristig wird mit dieser Technologie die
Entwicklung gewachsener Fleischstücke wie Filets oder Entrecôte angestrebt.
Mit einem Absatz von 22.6 Mio. kg im 2020 waren herkömmliche Hackfleischprodukte nach
Geflügelbrust-Produkten mit 24,1 Mio. kg die beliebtesten Frischfleischprodukte. Werden diese
Zahlen den 1355 Tonnen aller pflanzenbasierten
Hackprodukte gegenübergestellt, veranschaulicht dies einerseits eindrücklich die unterschiedliche Marktgrösse. Andererseits lassen das aktuelle Marktwachstum und die Nachfrageentwicklung der pflanzenbasierten Alternativen
in diesen Bereichen vermuten, dass noch weiteres Wachstumspotenzial dieser Produktgruppen
besteht.
(BLW, Comic: LID )
(gb)