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Ecke für Profis  14.12.2019
.METZGEREI: Fleischaroma mit der Reifung steuern (2)
Wie bei Käse und Brot entsteht Aroma beim Fleisch durch fermentative Reifung, weitere Technologien und Garung. Die Grundlagen der Reifung kurz erklärt. Bericht in 2 Teilen (2).

Folienreifung


Ungereiftes Warmfleisch ist im Gegensatz zu gereiftem Fleisch recht fade. Lässt man Fleisch reifen, kommt es zu interzellulären Veränderungen: Eiweissspaltende Enzyme, die Proteasen, lockern die Muskulatur und sorgen dafür, dass das Fleisch wieder zart wird. Glykogen wird zu Milchsäure abgebaut, der pH-Wert fällt. Durch den Abbau von Nukleotiden und Fettsäuren wird während der Reifung ausserdem Aroma gebildet. Im Grunde ist die Reifung nichts anderes als ein Verwesungsprozess. Die Muskeln werden zersetzt und ihre Konsistenz verändert sich, aber das Fleisch verdirbt noch nicht.

Es gibt zahlreiche verschiedene Arten der Fleischreifung, und welche sich für welches Fleisch am besten eignet, ist wahrlich eine Wissenschaft für sich. Fleisch vom Wagyu wird beispielsweise oft im Vakuum gereift, denn bei der Trockenreifung reift auch das Fett.

Die Mechanismen der Aromabildung sind bekannt und lassen sich steuern. Viele Aromen sind nicht von vornherein im Fleisch enthalten, sondern entstehen erst durch Reifeprozesse. Bei dieser Fermentation bauen fleischeigene Enzyme Proteine (Proteasen) und Fette (Lipasen) zu aromatischen Stoffen ab. Aus Proteinen entstehen Peptide und schlussendlich freie Aminosäuren, von denen einige süsslich oder bitter schmecken.

Biochemische Vorgänge beim Reifen

Beim Abbau von ATP entstehen Zerfallsprodukte (Inosin- und Adenosinmonophosphat, kurz IMP und AMP) in den Fleischfasern. Und gemeinsam mit einigen freien Aminosäuren wie Glutaminsäure und Alanin sorgen IMP und AMP später für den typischen herzhaften („umami"), manchmal auch leicht süsslichen Fleischgeschmack. Dieser stammt von «süssen» D-Aminosäuren. Ein extremes Beispiel ist dabei D-Tryptophan; die mit Abstand süsseste Aminosäure hat die 37-fache Süsskraft wie Saccharose. Ferner wird der Geschmack der meisten L-Aminosäuren als bitter beschrieben L-Tryptophan sowie L-Tyrosin sind die bittersten Aminosäure.

Bei der Fermentation mit Bakterien- oder Schimmelkulturen geben diese Mikroorganismen viele weitere Enzyme ab, welche Fleischinhaltsstoffe abbauen, wodurch ebenfalls aromawirksame Stoffe entstehen. Beim Reifeprozess einer Rohwurst kommen Milchsäurebakterien zum Einsatz. Sie verwerten den im Fleisch natürlich vorhandenen oder zugesetzten Zucker für ihr Wachstum und scheiden als Stoffwechselprodukte aromawirksame Substanzen aus, vor allem Milchsäure, die je nach Konzentration einen mehr oder weniger mildsaueren Geschmack ergibt.

Die häufig in Mehrstamm-StarterkuIturen enthaltenen Mikrokokken sowie Edelschimmelpilze können ebenfalls Abbauvorgänge bewirken. Bei der Eiweissspaltung entstehen auch hier kurzkettige Peptide und Aminosäuren. Fette werden in Glycerin und Fettsäuren zerlegt. Beim weiteren Abbau der Fettsäuren entstehen dann sensorisch aktive Stoffe, zum Teil flüchtige Duftstoffe.

Fettsäuren können auch negative sensorische Bedeutung haben: Bei längerer oder unsachgemässer Lagerung können vor allem die ungesättigten durch Licht und Luftsauerstoff oxidieren. Daraus resultieren unerwünschte ranzige Stoffe (Aldehyde und Ketone). Lässt man das Fleisch zu lange reifen oder sind die Lagerbedingungen nicht optimal, kommt es schliesslich zum Verderb des Fleisches. Dabei entsteht ein Geschmack und eine Konsistenz in Richtung Leber.

Die erste Phase der Aromabildung beginnt bereits nach der Totenstarre. Aus dem Kohlenhydrat Glykogen entsteht Milchsäure und der pH-Wert sinkt. In der zweiten Phase brechen Protein-spaltende Enzyme die Struktur der Fasern auf, der pH-Wert steigt, die eigentliche Fleischreifung beginnt. Dafür bestehen viele Methoden mit unterschiedlichem Einfluss auf das Aroma und die Zartheit.

Grundsätzlich lässt sich die Reifung einteilen in aerob und anaerob. Aerob bedeutet, dass das Fleisch bei der Reifung Kontakt mit Sauerstoff hat, was beim klassischen Trockenreifen der Fall ist. Anaerobe Verfahren schliessen das Fleisch mithilfe von Wasser, Folien, Fett etc. luftdicht ab.

Woraus besteht Fleischaroma?

Fleischaroma besteht aus nicht-flüchtigen Geschmacksstoffen (süss, sauer, salzig, bitter), geschmacksverstärkenden Stoffen (Umami) und aus flüchtigen Duftstoffen. Eiweissmoleküle sind zu gross um geschmacksaktiv zu sein, aber Peptide und Aminosäuren haben aromatischen Wert. Vor allem das Fett stiftet den Tierart-typischen Fleischgeschmack. Sogar in einer Fleischbouillon kann man diese Unterschiede wahrnehmen: Hühnerbrühe riecht deutlich anders als Rinds-, Schweins- oder Lamm-Brühe. (GB)

Weiterlesen: Fleischaroma mit der Reifung steuern. Teil1
(gb)
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