Huhn-oder-Ei-Frage: steuert der Konsument mit seiner Nachfrage das Angebot oder steuert der Detailhandel mit dem Angebot die Nachfrage? Die Wahrheit liegt im «sowohl- als auch».
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Die Beziehung zwischen den Akteuren entlang der Lebensmittelkette ist kompliziert. Sind Konsumenten dem Angebot ausgeliefert? Oder sind sie es, die bestimmen, was angeboten wird? Vertreter aus Konsumentenschutz, Trendforschung, Detailhandel und Produktion stellten ihre Arbeit vor und diskutierten zu Fragen aus dem Publikum.
Christian Consoni, Leiter Division Lebensmittelindustrie der Fenaco Genossenschaft, zeigte auf wie sich der Konzern den Wünschen der Konsumenten anpasst: "Wir haben 12 verschiedene Labels beim Apfelsaft, das heisst 12 verschiedene Produktionstanks, wo die Äpfel gepresst werden, ergo 12 verschiedene Audits", sagte er und fügte mit einem Schmunzeln an, "und zwischendurch produzieren wir." Er erzählte von utopischen Konsumentenwünschen ("der Konsument will ein natürliches Produkt mit vollem Geschmack und 0% Zucker. Aber: ein Apfel enthält nun mal Zucker!") und wie der Handel ein Gatekeeper sei, der auch viel mitbestimmen könne. "Wir bringen die Innovationen. Ob sie funktionieren, entscheidet am Schluss der Konsument.".
Der Leiter Backwaren der M-Industrie, Otmar Hofer, setzt derweil auf "Low-Tech-Produkte aus High Tech Knowhow". Die in den Migros-Filialen eingerichteten Hausbäckereien sollen für eine Inszenierung des Handwerks sorgen. Obwohl Migros wie andere Detailhändler auf bake-off (vorgefertigte Teiglinge, die in der Filiale aufgebacken werden), setzt stehe Genuss an oberster Stelle. Denn "der Konsument lässt sich nicht täuschen", zeigte sich Hofer überzeugt.
Die Mehrheit der Konsumenten lässt sich stupsen
Ist der nachhaltige Konsument Wunsch oder Wirklichkeit? Gerhard Fehr, Verhaltensökonom und CEO bei Fehr Advice, zeigte das Konzept des "nudging" auf. 56% der Menschen seien unentschlossen und können in ihrem Kaufentscheid beeinflusst werden. Ohne Produkte aus dem Sortiment zu nehmen oder noch mehr Informationen für die Kunden bereitzustellen, können die unentschlossenen Kunden also durch "nudges" (Stupser) in die gewünschte Richtung bewegt werden.
Diese Stupser sollen intuitiv, einfach und freiwillig sein. Beispielsweise könnten klimafreundliche Menüs auf dem Speiseplan besonders hervorgeheben werden oder Würste könnten neben der verkauften 150g-Einheit auch zu 100g und 125g angeboten werden, um Food Waste zu vermeiden. Fehr betonte, dass das ursprüngliche Produkt keinesfalls dem Kunden weggenommen werden soll. "Der Konsument will nicht bevormundet werden. Geben Sie ihm die Wahl!", rief er auf.
Auch Jörg Reuter, Strategieberater Grüneköpfe, zeigte sich überzeugt davon, dass klassische Werbung tot ist. "Früher war Marketing wie Kegeln: mit einem gezielten Schuss möglichst viele Kunden erreichen. Modernes Marketing hingegen ist eher wie ein Flipperspiel: Man muss dastehen und immer wieder klickern, also dem Kunden zeigen, dass man da ist."
"Wir haben heute ein Überangebot, das heisst der Konsument befindet sich im Dilemma zwischen Werten und Wünschen", sagte Trendforscherin Mirjam Hauser, Senior Market Researcher an der GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung Suisse AG (Bild). Das überfordere die Konsumenten. So könne es sein, dass schlussendlich eine grosse Diskrepanz herrsche zwischen den Wertvorstellungen der Konsumenten und ihren effektiven Kaufentscheiden. Beispielsweise im Bereich Plastikverpackungen, wo der Konsument zwar nicht viel Abfall produzieren will, gleichzeitig aber hungrig auf dem Weg ins Büro ein Imbiss kauft, der stark verpackt ist. (Text: LID, Bild zvg)
Innovationen erleben
Bereits zum dritten Mal war der Start-up Innovation Corner ein wichtiger Teil von Brennpunkt Nahrung. Sechs junge Unternehmer präsentierten im Ausstellungsbereich der Konferenz ihr innovatives Produkt oder ihre Dienstleistung für die Agro-Food-Branche. Auf besonderes Interesse stiess «planted». Das Start-up erzeugt «Fleisch» direkt aus Pflanzen und überspringt dabei das Tier in der Wertschöpfungskette. Während den Networkingpausen durften die Konferenzteilnehmenden die verschiedenen Fleischsorten probieren, was auf grossen Anklang stiess, wie Co-Founder Pascal Bieri sagte. «Wir kamen mit vielen spannenden Fachpersonen in Kontakt und konnten unsere Vision und Werte im Gespräch vermitteln. Es war wirklich bereichernd.»
Die Konferenz Brennpunkt Nahrung bezweckt die Vernetzung aller Akteure der Agrar- und Nahrungsmittelwirtschaft auf Kaderebene. Sie setzt sich ein zur Stärkung der nachhaltigen Lebensmittelversorgung und leistet gleichzeitig einen Beitrag für einen wettbewerbsfähigen Produktions- und Verarbeitungsstandort Schweiz. Die Veranstaltung findet jährlich im Herbst, im Forum der Messe Luzern statt: Veranstalter: Verein «Förderkreis Brennpunkt Nahrung»
www.brennpunkt-nahrung.ch
(gb)