Schweizer Kleinbetriebe und sogar Landwirte und Gastronomen beginnen, sortenreine und aromatisierte Essig-Spezialitäten herzustellen. Würzessig herzustellen ist technisch einfach: man aromatisiert einen Grundessig mit Kräutern, Gewürzen, Gemüse oder Beeren. Verfeinern kann man mit Bouillon, Fruchtsaft und Zucker. Komplizierter ist jedoch die traditionelle Balsamessig-Produktion. «Balsamico Tradizionale» wird im italienischen Modena in Holzfässern gereift und kennt Altersstufen: Je älter desto milder, süsser, dickflüssiger und aromatischer.
Ein wichtiges Kriterium ist wie bei Obst das Zucker-Säure-Verhältnis: Je geringer der Zuckergehalt, desto mehr tritt die Säure hervor. Aus dem offenen Fass verdunsten Wasser und ein Teil der Essigsäure, der Zucker hingegen konzentriert sich auf. Der edelste Balsamico «extra vecchio» ist mind. 25 Jahre alt und wird als Luxus-Aperitiv unverdünnt serviert oder als Essenz verwendet z.Bsp. auf Parmesan oder Trockenfleisch. Ein «Affinato» ist 12 bis18 jährig und ideal für Fleischsaucen. Zum würzen von Risotto taugt auch ein fünfjähriger und für die Salatsauce ein zweijähriger.
Verjus, wiederentdeckte Alternative
Auch Verjus kann zur Verfeinerung von Saucen, Salaten, Fisch oder Fleisch verwendet werden. Dieser Saft unreifer, saurer Trauben erlebt in der Schweiz ein Comeback, seit Diego Mathier in Salgesch unreifen Syrah, den er beim Ausdünnen des Traubenbehangs von den Stöcken schneidet (Grünlese), zu Verjus presst. Er erhielt dafür von der Agro Marketing Suisse AMS im 2007 die Goldmedaille. Früher stellte man «vert jus» auch aus unreifen Äpfeln her. Die dezente Säure ist schwächer als jene von Zitrone oder Essig und passt besser in moderne Kreationen, weil sie die andern Komponenten auf dem Teller nicht erdrückt.
|
|
Verjus vom Weingut Schloss Salenegg in Mayenfeld mit angegliederter Essigmanufaktur: Kaltgepresster Saft grüner Blauburgunder Trauben.
|
Verjus kann als milder Säurespender oder dezentes Würzmittel kulinarisch vielfältig eingesetzt werden. Er wird bereits oft in der Spitzengastronomie verwendet, etabliert sich aber auch in der Alltagsküche. Mittlerweile haben weitere Weinbauern wie das Schloss Bachtobel in Weinfelden und das Schloss Salenegg in Maienfeld den Verjus entdeckt, um die Grünlese nicht einfach verrotten zu lassen.
Der richtige Zeitpunkt der Grünlese ist wichtig, damit der Verjus das richtige Zucker-Säure-Verhältnis erhält. Der Saft ist auch reich an Polyphenolen. Diese erklären die adstringierende Wirkung und den bitter-herben Geschmack. Da die Trauben für Verjus zu einem sehr frühen Zeitpunkt gelesen werden, sind die Zuckergehalte noch sehr niedrig. Im Handel gibt es aber auch Produkte, die 20 g/l und mehr Zucker enthalten. Nach dem Pressen wird der Saft zur Konservierung pasteurisiert und filtriert. (GB)
Kräuter- und Frucht-Essig «do it yourself»
Das Dressing ist die Krönung für jeden Salat. Essig und
Öl können auch ganz leicht selbst zubereitet und aufgepeppt werden
mit Gewürzen, Kräutern und Früchten. Das Ergebnis überzeugt durch
seine Natürlichkeit und ist auch optisch ein Hingucker.
Für die Herstellung von Kräuterölen kommen die Pflanzen ganz oder
zerkleinert in eine saubere Flasche und werden mit dem gewünschten
Öl aufgefüllt. Die beste Wahl sind geschmacksneutrale Öle wie
Sonnenblumen-, Raps- und Sojaöl. Auf einen Liter Öl rechnet man eine
Handvoll Kräuter wie Oregano, Majoran, Salbei, Thymian oder Rosmarin.
Sie müssen trocken sein, da Feuchtigkeit die Haltbarkeit mindert.
Ideal sind Kräuter aus dem eigenen Garten, die je nach Geschmack mit
weiteren Zutaten wie Knoblauch, Chili oder Pfefferkörner kombiniert
werden. Stellen Sie die Flasche fest verschlossen an einen kühlen,
dunklen Ort. Es braucht rund vier Wochen, bis die Aromastoffe der
Kräuter in das Öl übergegangen sind.
Für einen Kräuteressig werden je nach Belieben Rosmarin, Estragon,
Thymian und Basilikum mit Weissweinessig übergossen. Auch hier muss
die Flasche fest verschlossen sein. Nun zwei Wochen auf der sonnigen
Fensterbank ziehen lassen, abfiltern und dunkel lagern. Bei kleinen
Kräuterteilchen kann man pflanzliches Carrageen (E 407) zur
Stabilisierung hinzugeben, damit sich die Kräuter nicht am
Flaschenboden absetzen.
Ein fruchtiger Essig gelingt mit Himbeeren, Brombeeren und
Johannisbeeren. Sie werden in ein Gefäss gegeben und mit Essigessenz
übergossen, bis sie vollständig bedeckt sind. Der Ansatz muss drei
bis vier Wochen an einem warmen, dunklen Ort ziehen. Dann wird der
Essig durch ein Sieb gefiltert, wobei man die Früchte gut ausdrückt.
Zum Schluss die Fruchtessigessenz im Verhältnis 1 zu 3 mit Wasser
auffüllen.
Selbst gemachter Apfelessig braucht mehr Zeit: 1 kg Bio-Äpfel werden
mit Schale und Kerngehäuse in Stücke geschnitten und in eine grosse
Schüssel geben. Mit kaltem Wasser bis 3 cm über der Apfelmasse
auffüllen und mit einer Handvoll Zucker mischen. Dann mit einem
sauberen Küchenhandtuch bedecken und an einen kühlen Ort stellen -
dabei täglich umrühren.
Nach einer Woche hat sich ein weisser Schaum
gebildet. Die Flüssigkeit durch ein Küchenhandtuch giessen und in grosse Gläser füllen, mit Küchenkrepp abdecken und
an einen warmen Ort stellen. Nach sechs Wochen kann der Essig in
Flaschen umgefüllt werden. Gut verschlossen und an einem kühlen Ort
reift er weitere 10 Wochen nach, bis er mit seiner feinen
säuerlichen Frische überzeugt. (aid)
(gb)