«Wagyu ist mehr als Rindfleisch. Es ist wie Trüffel. Trüffel sind nicht einfach Pilze. Sie sind etwas Besonderes. Foie gras ist ein anderes Beispiel: Wir betrachten es nicht nur als Leber, es ist ein gastronomischer Schatz» Zitat von Koichiro Uemura, Koch und Botschafter der japanischen Wagyu-Produzenten. (Bild: Japan Agentur für Exportförderung)
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Rindfleisch – ganz
speziell die Edelstücke wie Filets
und Entrecôte – sollte generell eine schöne augenfällige Marmorierung
aufweisen. Ganz ausgeprägt sind diese bei
jenem Fleisch, um das es hier
geht, den Wagyu-Rindern, die
aus Japan stammen.
Wagyu-Rind heisst übersetzt
nichts anderes als japanisches
Rind. Es wird häufig auch als
Kobe-Rind bezeichnet, doch diese Verallgemeinerung ist nicht
zulässig, denn dieser Name gilt
nur für Tiere, die in der japanischen Region Kobe geboren,
aufgezogen, gemästet und geschlachtet wurden.
Wagyu ist angeblich das Beste vom besten
Fleisch der Welt. Ist es das auch
wirklich? Wir sind uns dick geschnittene Steaks gewohnt, je
grösser, je besser, jeder Hunger
soll gestillt werden.
Anders ein Wagyu-Steak: Wegen des sehr hohen Fettgehaltes
geniesst man es besser in dosierten Mengen. Mehr als 150
Gramm Wagyu wäre für mich selber kaum verkraftbar, obwohl ich
mich als «Fleischmaudi» bezeichne. Denn mit diesen 150
Gramm habe ich bereits gegen
100 Gramm Fett verlustiert.
Trotzdem, eine Tagliata
(ganz gebraten und dünn tranchiert) vom Wagyu-Rind ist etwas
Besonderes. Das Fleisch schmilzt buchstäblich auf der
Zunge.
Wie eine fette Gänseleber
Der Amerikaner Mark Schatzker
hievt in seinem Buch: «Steak:
One Man’s Search for the World’s
Tastiest Piece of Beef» das Wagyu auf die Stufe von fetter Gänseleber. Für ihn ist hochmarmoriertes Wagyu zwar edler und raffinierter als Fleisch, wie man es
sonst kennt – aber nicht besser.
Was auch Chefköche bestätigen.
Der Tenor: Wagyu ist toll, aussergewöhnlich, sehr saftig (da sehr
fettig) und halt auch ein Hype.
Wahre Fleischkenner würden in
aller Regel weniger stark marmoriertes und lange gereiftes Fleisch
vorziehen.

Wagyu-Steaks sind luxuriös und kulinarisch aufregend,
nicht für den alltäglichen Genusskalender bestimmt, aber
allemal einen Versuch wert.
Wagyu-Rinder werden in der
Regel doppelt so alt wie Rinder
bei uns. Will heissen: Bei uns wird
ein Rind nach etwa 18 Monaten
geschlachtet, Wagyu-Rinder dagegen erst im Alter von drei bis
vier Jahren.
Das ist mit ein Grund,
weshalb dieses Fleisch so extrem
teuer ist – ein Ribeye zum Beispiel
55 bis 60 Franken pro 100
Gramm. Der Transport dürfte da
auch seinen Teil zu diesem stolzen Preis beitragen.
Wagyu made in Switzerland
Wagyu kommt inzwischen nicht immer direkt aus
Japan, sondern auch aus Spanien, Australien, USA, Deutschland und sogar aus der Schweiz. Zudem gibt es
im Internet zahlreiche Direktvermarkter. In der
Zentralschweiz kennengelernt
habe ich Philipp und Fabienne
Anderhub. Sie führen einen kleinen Betrieb in der Seetaler Gemeinde Hohenrain. Und die beiden tun genau das, was Schweizer
Gaumen verlangen. Sie kreuzen
Wagyu-Rinder mit herkömmlichen Rassen. Wenn ein solches
Rind mit Wagyu-Samen befruchtet wird, entsteht ein Tier mit Wagyu-Blutanteil von 50 Prozent.
Bereits durch diese Einkreuzung
erlangt das Fleisch eine spezielle
Marmorierung. Die Fleischqualität steigt mit zunehmendem
Reinheitsgrad, bis zu nahezu
100 Prozent Wagyu-Blutanteil.
Gefüttert werden die Tiere mit
Mais und speziellem Kraftfutter.
Sake- oder Biermassagen gibt es
keine. Das trinken die Anderhubs
lieber selber.
Was gleich ist wie in Japan:
Die Rinder werden erst nach 30
bis 36 Monaten geschlachtet, um
anschliessend noch mindestens
vier Wochen am Knochen optimal zu reifen. Kein Wunder beziehen Zentralschweizer Top-Gastronomen wie etwa Raphael
Tuor vom Luzerner «Reussbad»
das Wagyu-Fleisch direkt von den
Anderhubs. Mit der Gewissheit,
dass man in Hohenrain Tiere
liebt und kurze Transportwege
garantiert sind. Tuor kauft halbe
Rinder, und ganz nach dem hochaktuellen Credo «From Nose To
Tail» wird alles vom Wagyu-Rind
verarbeitet. Das gibt eine glückliche Mischrechnung, für den
Züchter, für den Koch und auch
den Gast.
Erstmals Bekanntschaft mit diesen Tieren machte ich Ende der
1990er-Jahre an der St. Galler
Frühjahrsmesse Offa. Dort lernte
ich Magdalena und Sepp Dähler
aus Stein AR kennen, die auf
ihrem Hof schweizerisch geprägte Anleihen bei japanischen Wagyu-Züchtern machen. Die Asiaten füttern ihre Rinder mit Sake,
Reisstroh und Getreide und massieren sie mit Reiswein und Öl (angeblich).
Die Dählers wiederum setzen
Bier ein, und zum Einsatz kommen in enger Kombination mit
der Brauerei Locher («Quöllfrisch») neben einer Biermassage auch Bier-Nebenprodukte wie
Treber, Hefe und Vorlauf sowie
spezieller Weizen. Dadurch entsteht auch ein spezielles Fleisch.
www.kabier.ch
(Text: Herbert Huber. Erstmals erschienen in der Zentralschweiz am Sonntag)
Wagyufleisch gebraten
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Tipps für den Umgang mit Wagyu-Fleisch
Von Herbert Huber
● Wagyu-Steaks maximal 1 cm
dick schneiden. Oder wie in Japan
von Hand geschnittene Scheiben
(etwas dicker als Carpaccio) sekundenschnell kurz braten. Auf
keinen Fall durchbraten.
● Vor dem Zubereiten das Wagyu-Fleisch unbedingt aus dem
Kühlschrank nehmen und während gut zwei Stunden auf Zimmertemperatur bringen.
● Beim Braten kein Fett dazugeben. Pfanne gut vorheizen.
● Das gebratene Fleisch sofort
servieren, wenn es dünn geschnitten ist. Wenn es etwas
dicker ist, kurz bei 80 Grad im
vorgewärmten Ofen abstehen
lassen.
● Erst am Schluss mit Meersalz
und Pfeffer würzen.
● Ganz speziell
mundet
Wagyu-Beef in
hauchdünnen
Scheiben,
sekundenschnell gegrillt. Auf diese Weise
schmilzt bereits ein Teil des
Fettes.
Wissenswertes
Das Kobe-Rind ist keine eigene Hausrindrasse, sondern die Herkunftsbezeichnung für die Tajima-Rinderrasse. Diese werden ausserhalb Japans oft als Wagyu bezeichnet, aber darunter fallen auch andere japanische Rassen. Das Fleisch ist das am stärksten marmorierte aller Rinderrassen und daher sehr mürb. Ausserdem hat es den geringsten Anteil gesättigter Fettsäuren. Kobe-Rindfleisch ist das teuerste Rindfleisch der Welt. Ein Kilogramm echtes Kobebeef kostet 400 bis 600 Franken, manchmal sogar mehr. Im Webshop von Luma-Delikatessen zum Bsp kostet ein Kilo Striploin-Mittelstück fast 600 Franken. Neben der sehr aufwendigen Zucht bestimmen auch die strengen Qualitätsanforderungen den Preis: Die Japaner bewerten die Qualität in 5 Klassen von Stufe 5 (sehr gut) bis Stufe 1. Nur Stücke der Stufen 4 bis 5 werden exportiert. (GB)
Stichwort: .Metzgerei:
(gb)