delikatessenschweiz.ch
Report  03.08.2018
Glace selber machen aber richtig
Der Do it yourself-Trend im Haushalt stiftet Herausforderungen. Ein Beispiel ist die Glace - dank den heutigen preiswerten Haushalt-Glacemaschinen ein spannendes Feld für Hobbykonditoren. Vor allem bei der derzeitigen Sommerhitze. Teil 1: Tipps für Glace
Glace besitzt in der Regel Grundzutaten wie Milch oder Rahm, Zucker und Geschmacksträger. Diese können ein Aroma sein wie zB Vanille, Zitrone, Bittermandelöl oder eine aromatische Zutat wie Fruchtpüree, Schokolade etc.

Einige Sorten kann man wahlweise mit einem Aroma (ggf Liqueur) oder einem Zutatenkonzentrat (oder beidem) herstellen wie zB Kaffeeglace.

Geschmacklich sollte der Zutatenmix ausgewogen sein d.h., die Kombination der Zutaten, Süsse und allfällige Säure sollten harmonieren. Profis nennen säurehaltige Sorten «kalt» und nicht saure wie zB Vanille «warm». Die Aromaintensität sollte stimmen aber sie ist weitgehend Geschmackssache, ebenso wie eine allfällige Färbung (sollte Vanilleglace wirklich gelb und Pistacheglace grün sein?). Der Fettgehalt macht die Glace cremig aber zuviel Fett macht sie auch schwer. Leichtere Glace kann man mit Joghurt statt Rahm herstellen. Siehe «Glace-Typologie», erschienen 1.8.2018:
http://www.delikatessenschweiz.ch/index.php?db=nachrichten&nr=26

Fetthaltig ist nicht nur Rahm sondern auch zB Schokolade, Nuss- oder Mandelpaste. Milchschokolade stiftet zuviel Fett im Verhältnis zum dezenten Geschmack, dunkle mit hohem Kakaoanteil oder sogar Schokoladepulver eignet sich daher besser.

Bei der Zuckerdosierung sollte man den Zuckergehalt der andern Zutaten kennen und berücksichtigen. Der Süssegrad der fertigen Glace ist eine Frage der individuellen Vorliebe, aber beim Vergleich der Süsse des Mixes mit der Süsse der fertigen Glace wird man einen Unterschied feststellen: Glace schmeckt weniger süss als der ungefrorene Mix, denn die Kälte vermindert das Süssigkeitsempfinden.

Zucker ist auch ein Bindemittel

Zuviel Säure kann man bis zu einem gewissen Grad mit mehr Zucker abstumpfen. Umgekehrt wirkt sich die Zuckerreduktion negativ auf das Gefrier/Schmelzverhalten aus, denn Zucker bindet Wasser und das ist wichtig. Zuviel ungebundenes Wasser, d.h. Eiskristalle, macht die Glace unangenehm eisig. Man kann aber durchaus eine Glace mit halbierter Süsse herstellen, zB eine würzige Tomatenglace zum Apero, doch dann muss man ein Süssungsmittel mit Bindekraft und reduzierter Süsskraft verwenden, zB Lactose oder Zuckeralkohole wie Isomalt (beide haben nur 40% Süsskraft).

Wenn der Gesamtzuckergehalt (zugesetzter Zucker und in den Zutaten enthaltener) zu niedrig ist, wird die Glace zu hart und eisig, denn dann gefriert zuviel reines (ungebundenes) Wasser aus. Nebst dem Kristallzucker Saccharose eignen sich weitere Zuckerarten wie Traubenzucker (Dextrose bzw Trockenglucose). Er hat eine Süssungskraft von 60%, senkt den Gefrierpunkt stärker als Saccharose und kann die Glace feinporiger und cremiger machen, ohne dass sie sehr süss schmeckt.

Cremigkeit entsteht nicht nur durch nennenswerten Fettgehalt sondern auch durch Aufschäumen (Overrun) – das Rührwerk der Glacemaschine schlägt Luft in den Mix ein. Diese ist demzufolge ein Qualitätsfaktor und keine Mogelei. Oder Cremigkeit entsteht durch einen allfälligen Zusatz von Bindemitteln und/oder alkoholischen Zutaten wie Edelbrand, Liqueur etc, denn Alkohol bleibt flüssig bis -114 Grad. Die Cremigkeit hängt vor allem von den Anteilen an Zutaten im flüssigen Zustand ab bzw vom Anteil an ausgefrorenen Zutaten. Je höher der Flüssiganteil desto cremiger (bis zu einem bestimmten Grad, darüber entsteht einfach geschmolzene Glace)

Und vor allem spielt die Serviertemperatur eine wichtige Rolle: je tiefer desto härter, je höher desto schmelzfreudiger oder flüssiger ist die Glace. Die Temperatur von ungehärtetem Softice liegt bei nur -7 bis -10 Grad. Gastronomen sollten Glace bei rund -12 Grad servieren, die dann löffelfähig ist. Ein Lutscher darf -18 Grad haben, denn er wird ja nicht gelöffelt sondern gelutscht.

Glacevolumen wächst beim Freezen

Während des Gefriervorgangs erhöht sich das Volumen des Mixes, weil das Rührwerk Luft einarbeitet. Je nachdem, wie hoch der Luftaufschlag ist, beträgt der Overrun – die prozentuale Volumenzunahme – um die 20% beim Vertikalrührwerk, bis zu 50% beim Horizontalfreezer und bis zu mehr als 100% bei einem Industriefreezer. Damit so viel Luft eingebracht werden kann, muss der Mix durch eine spezielle Zusammensetzung entsprechend aufnahmefähig sein. Zur handwerklichen Herstellung werden häufig Maschinen mit horizontalem Rührwerk (Chargenfreezer) eingesetzt.

Schabegeräusche deuten darauf hin, dass der Gefriervorgang abgeschlossen ist. Glänzt die Masse nicht mehr und fühlt sie sich ausreichend fest an, kann sie entnommen und in eine vorgekühlte Schale gefüllt werden. Sie hat nun eine Temperatur zwischen -8 °C und -12 °C. Moderne Glacemaschinen mit elektronischer Steuerung ermitteln den optimalen Zeitpunkt für die Entnahme vollautomatisch.

Cremig werden und bleiben

Die hohe Kunst der Glaceherstellung besteht aus einem Rezept und einer Technologie, die Cremigkeit ermöglichen, die nach dem Tiefkühlen (Härten) bestehen bleibt und dies auch noch nach Monaten der Lagerung. Auf die Herstellung von solcherart lagerfähiger Glace ist vor allem die Industrie spezialisiert. Mehr dazu demnächst im zweiten Teil dieses Berichtes.



Industrie-Freezer bei Frisco


Apropos Bindemittel: Nicht alle Zusatzstoffe sind künstlich, und einige haben keine E-Nummer (im Gegensatz zu vielen Farb- und Aromastoffen). In Glace erfüllen sie nützliche Funktionen. Wenn man gehärtete Glace bei Raumtemperatur antaut und nachher wieder tiefkühlt, wird sie härter und eisiger. Bindemittel schaffen Abhilfe. Wie wichtig sie sind, zeigt die Anerkennung von Bio-Johannisbrotkernmehl durch Biosuisse, welche sonst kaum Zusatzstoffe akzeptiert.

Es geht zwar auch ohne Zusatzstoffe wie viele gewerbliche und sogar industrielle Hersteller demonstrieren. Allerdings mit einem Vorbehalt: Glace lässt sich nur mehrere Monate lagern ohne nennenswerte Struktuveränderung, sofern die Lagertemperatur konstant und unter -20 Grad bleibt. Aber dies ist oft eine Illusion. Nicht nur beim Handling schwankt die Temperatur sondern auch in kleinen TK-Schränken.

Praxistipps mit und ohne Maschine

Für die Glaceherstellung im Haushalt (ungehärtet, zum Sofortkonsum) mit einer Glacemaschine hier einige Praxistipps:
Alle Zutaten müssen Kühlschranktemperatur aufweisen, Aufgekochte Sirups z.B müssen vorgekühlt werden.
Die Zutaten sollten möglichst flüssig, püreeartig und feinkörnig sein (Früchte und Beeren pürieren und durch ein Sieb streichen).
Einen gewissen Aufschlag (Overrun) erreicht man für Glace mit halb steif geschlagenem Rahm oder Halbrahm, für Sorbet mit leicht geschlagenem Eiweiss.

Wer keine Glacemaschine besitzt, sollte auf Folgendes achten: Sorbets und Rahmglaces müssen während der Gefrierzeit im Tiefkühler alle 15–30 Minuten mit einem Schneebesen oder einer Gabel durchgerührt werden, damit die Masse geschmeidig bleibt und sich möglichst wenig grosse Eiskristalle bilden. Die Gefrierzeit beträgt je nach Menge 3–4 Stunden. (GB)

Rezept: Vanilleglace

Zutaten:
2 grosse Eier
100 g Zucker
450 ml Rahm
220 ml Milch
1 TL, gehäuft Vanille-Essenz



Vanilleglace ist die allgemein beliebteste Sorte, ist dezent und lässt sich daher gut mit weiteren Zutaten oder Dekors kombinieren. Danach folgen die Sorten Erdbeer, Schokolade und Mocca.



Zubereitung:
Rahm steif schlagen.
Eier aufschlagen und im warmen Wasserbad mit dem Mixer weiss-schaumig schlagen. Den Zucker einrieseln lassen und so lange schlagen, bis sich der Zucker aufgelöst hat und die Masse cremig ist und glänzt. Das dauert ca. 5 Minuten. Dann die Masse auf Zimmertemperatur abkühlen lassen, dabei weiter schlagen.
Die Vanilleessenz gut mit der Milch verschlagen. Rahm und Milch zur Ei-Zucker-Masse geben und mit einem Teigschaber gut unterheben.
Die Masse in die Eismaschine füllen und je nach Herstellerangaben ca. 40 Minuten Freezen. (Rezept: Chefkoch.de)
(gb)
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