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Report  12.09.2015
Irland produziert Spitzen-Beef
Die irische Küche galt früher als Arme-Leute-Kost, und Irland wurde oft von Hungersnöten heimgesucht. Heute produziert das Land berühmte Produkte von Butter über Whisky bis Fleisch. Irish Beef gilt als top. Wie wird es produziert und verarbeitet?

Ein währschaftes irisches Frühstück gleicht einem warmen Mittagessen: Im Ofen gebratener Kochschinken vom Nierstück, Brat- und Blutwürste, Grilltomaten und Bratkartoffeln.


Die heutigen irischen Gourmet- und Luxusprodukte wie Austern, Hummer, Lachs und Beef erinnern durch nichts an die frühere Arme-Leute-Küche, auch wenn bei den Iren traditionell viele Aufläufe und Eintöpfe auf den Tisch kommen. Für das berühmte Irish Stew werden Lammfleisch, Karotten, Kartoffeln, Zwiebeln und Kräuter mehrere Stunden geschmort. Berühmt ist Irland heute auch für Milchprodukte, Whisky und Rauchlachs, der in vielen kleinen Räuchereien entlang der Küste produziert wird, und das dunkle Guinessbier.

Die Iren essen mit Vorliebe Lamm- und Rindfleisch, Schwein jedoch eher selten. Das milde, feuchte Klima in Irland und die fruchtbaren Böden erlauben es den rund 130.000 Bauernhöfen, darunter 80.000 Rinderfarmen, ihre Tiere fast das ganze Jahr auf der Weide zu halten. Rindfleisch gilt als wertvoll und wird als Steak (Sirloin, Striploin, Fillet), Schmor- und Bratenstücke (Roasts ) und Voressen (Stew) angeboten. Das schwarze Angus-Rind liefert besonders zartes, aromatisches Fleisch. Feinschmecker und Spitzenköche wissen das Vorzeige-Produkt der grünen Insel zu schätzen. Die irischen Fleischrinder sind aus Gründen einer robusteren Tiergesundheit untereinander gekreuzte Hereford-, Angus-, Dexter-, Limousin-, Simmental- und Charolais-Rassen.

Bocuse d’Or lobt Irish Beef

Im 2013 wurde irisches Rindfleisch gemäss Irish-net.de in den kulinarischen Olymp erhoben: von der Jury des renommierten Koch-Wettbewerbs Bocuse d’Or. „Irish Beef“ erhielt eine internationale Anerkennung, gilt Bocuse d’Or doch als der anspruchsvollste Wettbewerb der Haute Cuisine. Da Irish Beef auch bei vielen Sterneköchen beliebt ist, gründete sich bereits vor zehn Jahren der Chefs’ Irish Beef Club, der heute über 70 europäische Spitzenköche vereint.


Tomahawksteaks, d.h. Hohrückensteaks mit langem Brustbein sind eine attraktive Rarität. Der Knochen dient zum Greifen beim Abnagen und sogar als eingebaute Grillzange.


Für Ausländer in Irland gewöhnungsbedürftig ist, dass auch preiswertere Fleischteile, die sich aufgrund eines höheren Bindegewebsanteils nicht zum Kurzbraten eignen, als "Steaks" (round steak) aufgetischt werden. Oft bearbeitet man sie mechanisch, um sie zarter zu machen (tenderise). Eine innovative und erfolgreiche Methode ist das sogenannte Hyper-Streching. Eine weitere Fleisch-Spezialität ist Lamm, wobei die Iren auch dessen Innereien wie Leber und Nieren schätzen. (GB / Fotos: Arthur Rossetti)

Schweizer Köche auf Entdeckungsreise in Irland.

Auf Einladung der irischen Handelsagentur für Landwirtschaft Bord Bia Irish Food Board reisten Anfang September die Schweizer Gourmetköche Arno Sgier, Markus Gass, Tobias Funke, Urs Keller, Thierry Fischer, Heinz Rufibach und Dominic Lambelet drei Tage nach Irland, um mehr über die natürliche Tierhaltung und die strengen Qualitätsrichtlinien zu erfahren. Als Mitglieder des Chefs’ Irish Beef Club stehen sie als Botschafter für das geschmackvolle und einzigartige Irish Beef ein. Der Chefs Irish Beef Club (CIBC) wurde 2004 auf Initiative von Bord Bia gegründet. Dem exklusiven Zusammenschluss von mittlerweile 77 internationalen Spitzenköchen gehören seit 2012 auch zehn Schweizer Mitglieder an.


Irlands Landfläche besteht zu 80% aus saftigem Gras. Das beständige, feuchte und milde Klima Irlands bietet beste Voraussetzungen für die Bewirtschaftung von 4,3 Mio. Hektar Grasweiden. Die Kulturlandschaft, auf der schon vor über 5'000 Jahren Rinder gehalten wurden, ist heute mit einem nachhaltigen „Gras-System“ Basis für die natürliche Produktion von Fleisch- und Milcherzeugnissen.


Auch Metzgermeister Arthur Rossetti, Fotograf des foodaktuell-Teams war dabei. Die Teilnehmer besuchten unter anderem die Farm von Eddie Keane in Ballybrusa und sprachen mit ihm über die Rinderaufzucht und die hohe Grasqualität, die als Hauptfutter besonders vorteilhaft für Rinder ist. «Tiere verschiedener Rassen stehen das ganze Jahr über in kleinen Herden auf der Weide und dürfen langsam heranwachsen», zeigte sich Markus Gass begeistert. Und Tobias Funke ergänzt: «Für mich ist es extrem wichtig zu wissen, das die Tiere natürlich aufgezogen werden, denn das wirkt sich auch positiv auf den Geschmack und die Zartheit aus».

Bei Ebbe ging es dann zu den Bänken von Ray Harty, einer Austernfarm in Dungarvan, wo man sich gleich am Strand von der fleischigen und aromatischen Qualität der Meeresfrüchte überzeugen konnten. Und beim Besuch der Grossmetzgerei ABP, Europas grösstem Rindfleisch-Betrieb, erfuhr man Wissenswertes über die ausgeklügelte Reifung und das Bord Bia Qualitätssicherungs-System. Abgerundet wurde die Tour durch Degustationen typisch irischer Delikatessen wie handwerklich hergestelltem Käse, Craft Bier und natürlich Irish Whisky.


Die Austern wachsen in Käfigen auf Bänken an der Küste heran


Mit dem 2012 landesweit eingeführten Nachhaltigkeitsprogramm Origin Green strebt Irland bis 2016 eine weltweite Führungsposition im Bereich nachhaltig erzeugter Lebensmittel und Getränke an. Mit ihrer Teilnahme am Programm verpflichten sich die irischen Hersteller freiwillig zur Einhaltung von Zielvorgaben in Schlüsselbereichen wie z.B. Schadstoffemissionen, Energie- und Wasserverbrauch oder Abfallmanagement. Die irische Landwirtschaft hat damit das Gebot der Stunde erkannt und nimmt mit ihrer nachhaltigen und verantwortungsvollen Lebensmittelproduktion eine Vorbildfunktion ein.

Bord Bia Irish Food Board fördert den Erfolg erstklassiger irischer Lebensmittel und Landwirtschaftserzeugnisse durch strategische Marktentwicklung, Werbung und Informationen und setzt sich weltweit an neun Standorten für den Handel sämtlicher irischer Agrarprodukte ein. Grosse Priorität hat hierbei das Irish Beef.

Rindfleisch aus nachhaltiger Weidehaltung

Dass Irland weltweit bestes Rindfleisch produziert, belegen auch regelmässig durchgeführte, unabhängige Tests und zahlreiche internationale Awards. Und eine stetig wachsende Zahl von Spitzenköchen und Top-Gastronomen, die auf aromatisches Irish Beef schwören. So zum Beispiel Urs Keller, Executive Chef Kongresshaus Zürich AG: «Neben dem hervorragenden Geschmack und der Konsistenz des Fleisches schätze ich vor allem die vorbildliche Tierhaltung. Zudem bietet Irish Beef eine äusserst konstante Qualität, die es mir erlaubt, den hohen Ansprüchen in unserem Restaurant Intermezzo gerecht zu werden. Auch bei Banketten von über 1000 Personen habe ich die Sicherheit, beste und gleichmässige Resultate zu erzielen.»


Das milde, feuchte Klima in Irland und die fruchtbaren Böden erlauben es, die Tiere fast das ganze Jahr auf der Weide zu halten.


Die fast ganzjährige Weidehaltung besitzt Vorteile für das Wohl und die Gesundheit der Rinder. Sie ist kostengünstig, weil kein Futter produziert oder importiert werden muss. Und zudem auch Ressourcen-schonend mit einem kleinen ökologischen Fussabdruck (fünftniedrigster CO₂-Ausstoss in Europa). Über den zwar milden, aber sehr rauwindigen Winter werden die Tiere bis zu acht Wochen in grosszügigen Stallungen mit Silage und Getreide gefüttert. Dank diesen Voraussetzungen ist Irland in der Lage, über 80% seiner natürlich produzierten Erzeugnisse zu exportieren und die Märkte in Europa und weltweit zu bedienen. Die Schweiz liegt mit dem Import von irischem Rindfleisch unter den ersten fünf Rängen.

Engagierte irische Farmer halten auf Familienbetrieben kleine bis mittlere Herden von 100 bis 150 Tiere gemischter Rassen wie Hereford, Black Angus, Simmental, Charolais oder Limousin. Die ersten sechs Monate in Muttertierhaltung und anschliessend zu 85% mit natürlicher Grasfütterung.


Die Rinderhälften werden in der irischen Grossmetzgerei ABP hängend ausgebeint.


Das Ergebnis dieser besonderen Aufzucht ist ein gesundes, perfekt marmoriertes, zartes Premium Beef mit kräftigem Burgunderrot und einzigartigem Geschmack. Es hat nachweislich wenig gesättigte Fettsäuren, ist reich an Omega-3-Fettsäuren, Vitamin A und Vitamin B und enthält erhöhte Mengen an Kalzium, Magnesium und Potassium.

Bord Bia sichert die Rückverfolgbarkeit und die hohe Qualität mit dem rigorosen „Quality Assurance Scheme“ das 41’600 zertifizierte Farmen umfasst. Und die Regierung führt gemeinsam mit Farmern und Lebensmittelproduzenten unter dem Label „Origin Green“ ein Nachhaltigkeitsprogramm, das zu den strengsten und ambitioniertesten in Europa zählt.

Ultra-zart durch Rücken-Streching

Der grösste Verarbeiter von Rindfleisch in Irland, die ABP Food Group, hat einen besonderen Aufhänger: Die „Hip-hung-Methode“. Dabei wird die Karkasse statt wie üblich am Wadenbein an der Hüfte aufgehängt. Die Hinterbeine werden zusätzlich am Vorderviertel befestigt und nach unten gezogen. Dadurch wird der ganze Rücken gedehnt: Das sogenannte Hyper-Streching.



APB hat mit der „Hip-hung-Methode“ eine natürliche Zartheitsverbesserung erfunden: die Karkasse wird statt wie üblich am Wadenbein an der Hüfte aufgehängt. Die Hinterbeine werden am Vorderviertel befestigt und nach unten gezogen. Dadurch wird der ganze Rücken gedehnt (Hyper-Streching).


Der anschliessende Reifeprozess mit einem ausgeklügelten Temperaturmanagement kann für ein besonders intensives Aroma im Wet- oder Dry Age-Verfahren bis zu 28 Tage dauern. Mit diesem patentierten Verfahren entsteht Ultra Tender ® Premium Beef - garantiert zartes Fleisch in konstant hoher Qualität. In der Schweiz wird es unter dem Label „Irish Nature“ exklusiv durch die Delicarna AG vertrieben. «Die Nachfrage nach bestem Rindfleisch in beständiger Qualität ist sehr gross», freut sich Delicarna-Chef Werni Tschannen. (Text: Bord Bia, Fotos: Arthur Rossetti)

(gb)
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