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Report  31.07.2010
Zuger Chriesiwurst ist ein Renner
Die Kirsche feiert in Zug eine langjährige Tradition ist seit Kurzem auch Zutat in einem originellen Zuger Wurstrezept: Die Chriesiwurst von Metzgermeister Marcel Rinderli in Zug ist der neueste Schweizer Grillhit. Das knackige Produkt mit getrockneten, dunklen Kirschen überzeugt durch eine gewitzte Verbindung von dezent süss-säuerlich und fleischig-würzig. Der Erfolg ist riesig: Gegen 25'000 Bestellung kamen im ersten Jahr aus der Region Zug, der ganzen Schweiz und sogar vom Ausland.

Die bekannteste Neuheit der Zuger Metzgerei Rinderli ist die Chriesiwurst. Auf Initiative der Interessengemeinschaft IG Zuger Chriesi kreierte Marcel Rinderli diese neue Zuger Kirschenspezialität – mit grossem Erfolg. Sie enthält einen nennenswerten Anteil an getrockneten Kirschen, die mit ihrer dezenten Süsse und Säure angenehm mit dem Brätgeschmack harmonieren. Es gibt zwei Varianten: Die Siedwurst (links) hat das Kaliber eines Schweinswürstchens, die Grillwurst (rechts) ist etwas rassiger, dicker und hat fast die Grösse einer Bratwurst. Diese wird am Schluss geblutet, damit sie etwas röter wird. Auf dem Grill intensiviert sich die Farbe weiter. Für beide Würste wird ein Schafsdarm verwendet.


Normalsterbliche denken bei Kirschen und Sommer an ein feines Sorbet. Nicht so Metzgermeister Marcel Rinderli aus Zug. Für ihn entfalten diese Dinge ihren wahren Geschmack erst, wenn sie tüchtig verwurstet sind. Und so kreierte der kulinarische Tüftler letztes Jahr flugs die Zuger Chriesiwurst, die nebst den erwähnten Zutaten auch Rind- und Schweinefleisch sowie Halsspeck enthält. "Unsere Zuger Kirschen haben eine jahrhundertealte Tradition, die wir bewusst pflegen wollen. Dazu braucht es aber auch neue Produkte", erklärt Rinderli, der seit 23 Jahren die gleichnamige Metzgerei führt.

Deshalb ersann er zusammen mit der IG Zuger Chriesi die Idee für eine Wurst mit Kirschen. Viele Kollegen hätten ihm zuerst auf die Schulter geklopft und geschmunzelt: "Jetzt spinnt der Rinderli." Doch nach drei Experimentier- und Degustationsrunden mit Vertretern aus Landwirtschaftsverbänden, Regierung, Gastronomie und Chriesi-IG war die neue Wurst fertig und ging an Pfingsten 2009 erstmals über den Ladentisch.

Bestellungen per Internet

Die Nachricht vom fruchtig-fleischigen Kuriosum verbreitete sich wie ein Lauffeuer; über 25'000 Stück wurden in den ersten sieben Verkaufsmonaten abgesetzt. Auch dieses Jahr sei das Geschäft gut angelaufen, meint Rinderli: "Viele letztjährige Kunden haben den Leckerbissen bereits wieder geordert." Per Internet gehen inzwischen Bestellungen aus der ganzen Schweiz und sogar aus dem Ausland ein (www.zugerchriesiwurst.ch).

Den Grund für den Erfolg sieht der Zuger Metzger zum einen in der Kirschenbegeisterung der lokalen Bevölkerung, zum anderen im ausgewogenen Produkt: "Eine spezielle Gewürzmischung – mein Berufsgeheimnis – sorgt dafür, dass der Wurstcharakter vom Fruchtaroma nicht überdeckt wird." Die Chriesiwurst schmecke beim ersten Bissen süss, im Abgang aber rassig, meint Rinderli verschmitzt.

Alte herbe Kirschensorten

Wichtig war auch die richtige Wahl der Kirschen. Diese müssen nicht nur getrocknet und gehackt, sondern vor allem auch vollständig entsteint werden, damit sich keine Splitter in die Wurstmasse verirren. Rinderli lässt diesen heiklen Rohstoff von Franz Rüttimann vom Enikerhof in Cham produzieren: "Der Franz hat eben noch jene alten Sorten wie Sametchriesi und Dolleseppler, die ihren herben Geschmack auch getrocknet beibehalten."


Der Zuger Metzger Marcel Rinderli ist in der ganzen Region bekannt für seine Wurstkreationen und hatte an ABZ-Prämierungen schon mehrere Medaillen gewonnen für Wurstwaren.


Chriesichutney vom Widder-Wirt

Die neue Zuger Delikatesse gibt es in zwei Varianten – als helle Wurst zum Sieden und als dunkelrote "geblutete" Grillade; das Standardgewicht beträgt 120 Gramm. Zum Vergleich: Die St. Galler Olma-Bratwurst bringt 160 Gramm auf die Waage. Doch so schwer wollte Rinderli seine Chriesiwurst nicht machen, denn zwar munde das ungewohnte Aroma auf Anhieb, doch eine St. Galler Portion wäre für die meisten zu üppig.

Für Wirte, Caterer oder Veranstalter von Apéros und Grillparties produziert der 53 Jahre alte Metzgermeister aber alle gängigen Formate – von der Cipolata- bis zur Meterwurst. Doch sind die Beizer nicht nur Kunden, sondern im Fall von Fritz Kaiser vom Zuger Gourmet-Tempel Widder auch Lieferanten. Rinderli: "Der Widder-Fritz wollte von mir ein genau auf die Wurst abgestimmtes Chriesi-Chutney. Doch als Spitzenkoch macht er solche Dinge viel besser als ich." Deshalb läuft das Geschäft jetzt umgekehrt: Rinderli liefert dem Widder-Wirt bloss frische, dunkle und entsteinte Chriesi als Grundmaterial und bezieht von ihm das fix und fertige Chriesi-Chutney für den Verkauf in der Metzg.

Bedeutet das nun, dass nach dem Chutney weiter diversifiziert wird und bald die Zwetschgenwurst und der Apfelfleischkäse in der Ladenvitrine prangen? Rinderli winkt ab, man müsse auf dem Boden bleiben: "Die Chriesiwurst funktioniert nur deshalb, weil Kirschen hier zur lokalen Identität gehören – man denke an die Kirschtorte oder den Zuger Kirsch. Mit Zwetschgen oder Äpfeln käme man nicht weit." Doch auch ohne Sortimentsausweitung kann sich Rinderli nicht beklagen. Aufgrund der steigenden Nachfrage aus allen Landesteilen produziert er jeden Tag frisch.



Am Zuger Chriesimarkt auf dem malerischen Landsgemeindeplatz am See mitten in der Altstadt.

Von dieser Qualität profitieren auch die lokalen Volg- und Primofilialen sowie die Gourmet-Factory von Jelmoli Zürich, welche die Chriesiwurst ins Sortiment aufgenommen haben. Ein weiterer Absatzkanal ist der Chriesimärkt auf dem Zuger Landsgemeindeplatz, der 2008 mit grossem Medienecho wieder belebt wurde. Die Wurzeln dieses traditionellen Sommermarktes reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Heute wird er vor allem von Bauern ohne eigenen Hofladen betrieben, die hier nebst seltenen Kirschensorten auch Neuheiten wie selbstgebrannten Kirsch-Eierlikör feilbieten – oder eben die Zuger Chriesiwurst.

Bald AOC-Kirsch und GGA-Kirschtorte?

Nach der gelungenen Lancierung von Chriesimärt und Chriesiwurst will die IG Zuger Chriesi spätestens in vier Jahren mit der ganz grossen Marketing-Kelle anrühren: Dann sollen der Zuger Kirsch und der Rigi-Kirsch AOC-Status erhalten. Gleichzeitig will man die Zuger Kirschtorte als Geschützte Geographische Angabe (GGA) eintragen. "Unsere Torte kann dann nur noch mit AOC-Kirsch und im Kanton Zug hergestellt werden. Bei jährlich 280'000 Torten sind dazu 15'000 Liter Kirsch nötig – was zu einer markanten Steigerung der Kirschenproduktion führen wird", freut sich Ueli Kleeb von der IG Zuger Chriesi. In weiser Voraussicht haben 20 der 30 Stadtzuger Kirschenbauern bereits neue Kirschbäume gepflanzt.
(Text: LID / Elias Kopf) (gb)
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