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Report  29.05.2010
Luzerner Brotmarkt mit Weltneuheit:
der 7-Strang-Zopf
Am Pfingstsamstag hat die Luzerner Zunft zur Pfistern (Pfister ist das mittelalterliche Wort für Bäcker) bei frühsommerlichem Wetter den traditionellen Brotmarkt veranstaltet. 15 Zunft-Mitglieder lieferten ihre Backwaren von Broten bis Konditoreiwaren an einen grossen Gemeinschaftsstand, wo sie von HelferInnen verkauft wurden. Wie immer war viel Handwerk-Show zu sehen vom Zopf-Flechten über das Holzofen-Backen bis zum Krapfen-Fritieren.

«Das Angebot an Spezialitäten am Brotmarkt ist noch einmal grösser geworden», sagte Zunft-Vizemeister Peter Zai.



Markus Zimmerli, Vize-Bäckereichef der Bäckerei-Fachschule Richemont am Stand der Herrgottskanoniere. Diese verkauften weisse Lebkuchen, Kanonierbrot, Mörser-Käse und Fahrer-Wein (heute wegen der tiefen Promille-Limite wohl nicht mehr literweise getrunken). Die Bruderschaft der Herrgottskanoniere Luzern wurde im 1580 gegründet. Heute tritt sie immer an Fronleichnam auf und begleitet die traditionelle Prozession mit Böllerschüssen und Fahnenmarsch. Zu sehen dieses Jahr am Donnerstag 3. Juni.


Es gab wieder Neuheiten wie das Koboldbrötchen nach einem Rezept der Murtener Bäckerei Aebersold, das mit dem neu zugelassenen natürlichen Intensiv-Süssstoff Steviosid (aus der Steviapflanze) leicht gesüsst wird und Kinder ansprechen soll. Stevia besitzt ein Vielfaches der Süsskraft von Zucker (als Extrakt 150 bis 300 mal), ist nicht kariogen und kalorienfrei.
Normales Brot braucht zwar keine Süsse, aber für Süssteig-Gebäcke wie Hefestollen, Grittibänze oder Nussgipfel macht Stevia eher Sinn. Bei hohem Zuckeranteil wie in den meisten Biscuits spielt der Zucker aber eine Rolle für die Strukturgebung und kann nicht mehr komplett durch Stevia ersetzt werden. Bild: Peter Zai mit Koboldbrötchen.


Luxusgipfel der Luzerner Bäckerei Meile mit Whisky-Cremefüllung. Wie viele davon man essen darf bis zur Promillegrenze, ist noch Gegenstand von Recherchen.



Wiederum zeigten leidenschaftliche Bäckermeister dem Publikum und vielen Touristen die Zopfflecht-Kunst. Beeindruckte Schüler verkündeten ihren Eltern, sie möchten Bäcker werden, und Japaner fotografierten mit ihren Minoltas & Co, was die Speicherkarte hergab.



Weltneuheit: Auf spontane Anfrage der foodaktuell-Redaktion erfand Bäckermeister Toni Frei von der Bäckerei Frei in Nussbaumen AG den Siebenstrang-Zopf.




Im Lehrbuch stehen nur Flechtarten aus 3,4,5,6 und 8 Strängen. Frei flocht einen 2 kg-Zopf aus sieben Strängen auf Anhieb ohne zu üben oder zu schummeln.

Gemäss Frei sieht er aus wie «ein Sechs-Stränger ohne Fenster». Um als Laie zu verstehen, was Fenster sind, muss man sich von einem Bäcker den Bauplan erklären lassen. Soviel sei angedeutet: es geht um Kreuzungen und Lücken zwischen den Strängen.


Einschiessen in den mobilen Holzbackofen.



Hier die Weltneuheit, ein Unikat und Prachtsexemplar. Den einzigen kleinen Fehler hatte Frei virtuos mit einer Teigrosette kaschiert.



Der stolze Flechtmeister Toni Frei (links). Zunftmeister Alois Meile (rechts) sagte, dass auch er schon zum Spass Zöpfe aller Arten aus 1 bis 10 Strängen geflochten hatte. Doch dies schmälert den Wert der Weltneuheit keineswegs, die Frei zum Beweis vor laufender Kamera produzierte.


Eine gut verkaufte Spezialität aus Brot waren die Piccantini, eine Schinken-Sauerrahm-Ei-Käse-Schnitte nach Rezept der Luzerner Bäckerei-Fachschule Richemont, die vor Kundenaugen hergestellt wurde und sehr saftig schmeckte.

Was kann man aus Brot sonst noch machen? Suppe natürlich, dies sogar aus Altbrot.

Wenn Brot in Würde altert (im perforierten Beutel oder offen, damit kein Feuchtestau entsteht und in der Folge Schimmel wächst), bleibt sein Nährwert voll erhalten. Hart wird es, weil die Stärke kristallisert und austrocknet. Der Volksmund sagt: «Hartes Brot» ist nicht hart, aber «kein Brot» ist hart.

(gb)
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