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Report  01.05.2010
Voll im Trend: Schafmilch-Produkte
Schafmilchprodukte sind nicht nur regional gefragt. Auch Grossverteiler steigen ein.


Peter Hofstetter von der Entlebucher Schafkäserei Emscha präsentiert Pecorino Lucerna, eine seiner Schafmilchkäse-Spezialitäten und dem berühmten italienischen Pecorino nachempfunden.


Der Schafbestand nimmt hierzulande seit einigen Jahren kontinuierlich zu. Zu verdanken hat der blökende Vierbeiner diesen Aufschwung seiner Milch, auf deren Geschmack Herr und Frau Schweizer gekommen sind. Einer, der den Boom erkannt hat, ist Peter Hofstetter. Er hält im luzernischen Entlebuch nicht nur Schafe, sondern führt auch eine Käserei.

Das Schaf hielt im Jahr 1996 auf dem Hof der Hofstetters Einzug, aus wirtschaftlichen Gründen: Von den paar Milchkühen, die in dem Stall der Familie standen, und dem dazugehörigen Milchkontingent konnte niemand leben. Vieles habe er ausprobiert, bevor er im Milchschaf endlich das richtige Tier für seinen Betrieb gefunden habe, sagt Hofstetter. Heute ist er stolzer Besitzer von 240 Schafen.



Nicht nur an Weihnachten: Emscha-Engelikäse aus pasteurisierter Schafmilch.


Zu Beginn lieferte Peter Hofstetter seine Milch an Emmi. Abgeholt hat der Milchverarbeiter die Milch aber nicht. Hofstetter und ein Kollege, der sich ebenfalls der Schafmilchproduktion verschrieben hatte, mussten alle drei Tage fast hundert Kilometer fahren, um ihr weisses Gold abzuliefern. "Das wurde auf Dauer sehr anstrengend. Und als die Emmi uns den Milchpreis kürzen wollte, beschlossen wir, selbst etwas auf die Beine zu stellen", sagt Peter Hofstetter. "Denn es konnte ja nicht sein, dass die Nachfrage stetig stieg, Emmi uns aber weniger für die Milch zahlen wollte."

Das Entlebuch als Schafmilch-Mekka

Hofstetter gründete zusammen mit seinem Schicksalsgenossen die Emscha GmbH und richtete auf seinem Hof eine professionelle Käserei ein. Emscha steht für Entlebucher Milchschaf. Heute verarbeitet der Käser der Emscha, den Hofstetter angestellt hat, jährlich 160'000 Liter Schafmilch, davon stammt der grösste Teil, nämlich 120'000 Kilogramm von Hofstetter selber.



Emscha-Schafmilch-Joghurts – besonders cremig dank der fettreicheren Schafmilch.


Seine 240 Schafe liefern im Schnitt 500 Kilogramm pro Jahr. Die restliche Milch stammt von den zwei anderen Schafhaltern, die heute an die Emscha liefern. Produziert werden verschiedene Käsesorten, Trinkmilch, Jogurt, Quark und Salatsaucen. Ihre Produkte kann die Emscha an über 100 kleinere und grössere Läden liefern. Nicht nur in der Region, sondern an Geschäfte in elf verschiedenen Kantonen. Auch die Migros Genossenschaft Luzern hat Produkte der Emscha im Regal.

Die Emscha zählt schweizweit zu den grössten Verarbeitern von Schafmilch. Und das Ziel der Firmeninhaber lässt Grosses erahnen: "Wir wollen erreichen, dass man beim Wort Schafmilch an das Entlebuch und unsere Firma denkt." Die Emscha hat etwa vier bis fünf ernst zu nehmende einheimische Konkurrenten. Doch trotz der stetig steigenden Nachfrage nach Schafmilchprodukten ist das Absatzvolumen verglichen mit dem Kuhmilchmarkt nach wie vor bescheiden.


Für Hofstetter und seinen Geschäftspartner hat sich die eigene Hofkäserei dennoch ausbezahlt. 2.50 Franken erhält Hofstetter pro Kilogramm Schafmilch heute. Einzig als die Bischofszeller Molkerei Biedermann und Coop in die Produktion den Verkauf eingestiegen seien, habe es einen Moment düster ausgesehen. Denn der Verarbeiter habe die Produkte dem Grossverteiler zu Tiefstpreisen überlassen.

Im Vergleich zu einem Liter Kuhmilch ist die Schafmilch immer noch sehr viel wert. Muss sie auch, wie Hofstetter sagt: "Eine Kuh gibt so viel Milch wie 16 Schafe. Eine Kuh gibt aber niemals so viel Arbeit wie 16 Schafe. Deshalb müssen wir einen höheren Milchpreis haben, um überhaupt rentabel wirtschaften zu können“. Bild: diverse Schafmilch-Produkte von Emscha.



Trotzdem rät Hofstetter Kollegen, die Interesse haben, von der Kuh- auf die Schafmilchproduktion umzusteigen, zur Vorsicht: "Es sind schon viele umgestiegen und haben es dann bereut. Denn Schafe haben höhere Ansprüche an Haltung und Pflege." Ob einem der Umgang mit den Schafen liege, müsse man zuerst herausfinden. Er könne es sich beispielsweise nicht vorstellen, Ziegen zu halten. "Mit diesen Tieren kann ich einfach nichts anfangen."

Coop und Migros sind auf den Geschmack gekommen

Coop ist vor zehn Jahren in das Geschäft mit Schafmilchprodukten eingestiegen. Man habe eine Alternative für Kuhmilchallergiker und Kleinproduzenten bieten wollen, sagt Coop-Mediensprecher Nicolas Schmied. Mit den generierten Umsätzen ist der Grossverteiler zufrieden: "Im vergangenen Jahr sind die Umsätze um knapp fünf Prozent gestiegen. Dies vor allem durch eine teilweise Optimierung der Distribution der Produkte durch die Lancierung von Neuheiten wie etwa Schafmilchraclette."


Ein weiteres Beispiel für einen Schafmilch-Spezialisten ist Gauch, ein Bio-Landwirtschafts- und Käsereibetrieb in Niederwil AG. Er verwendet Schafmilch mit Knospe-Zertifizierung. Die Firma schreibt auf ihrer Website: Schafmilch ist wegen ihres vorzüglichen Geschmacks und ihrer guten Verdaulichkeit bekannt und im Gegensatz zu Ziegenmilch geschmacklich neutral. Schafmilch ist gehaltvoller als Kuh- oder Ziegenmilch und trotzdem besser verdaulich als Kuhmilch! Besonders hervorzuheben ist der hohe Gehalt an Vitamin B13. Die Forschung hatte die ältesten und rüstigsten Menschen der Erde unter den Schafhirten des Kaukasus, Anatoliens und Bulgarien aufgespürt, untersuchte deren Ernährungsgrundlage und fand sie in Schaffleisch, Schafmilch und deren Produkten. Bild: Schafrahmkäse, ein Rohmilch-Weichkäse (Rarität).

Die Schafmilch bleibt aber eine Nische. Zurzeit mache der Absatz der Schafmilchprodukte weniger als ein Prozent des gesamten Milchsortiments aus. Bei der Migros ist dieser Anteil noch kleiner: Nur gerade 0,4 Prozent des Gesamtmilchumsatzes werden mit Produkten erzielt, die aus Schafmilch hergestellt werden. Die Migros hat vor rund vier Jahren mit dem Verkauf von Schafmilchprodukten angefangen. Der Absatz hat sich in dieser Zeit rasant entwickelt. Nicht nur wegen der wachsenden Nachfrage, wie Mediensprecherin Monika Weibel erklärt, sondern auch wegen der steigenden Anzahl Artikel im Migros-Sortiment. (Text: LID / Karin Iseli-Trösch) (gb)
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