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Druckansicht25.07.2009
Dichtung und Wahrheit über die Münchner Weisswurst
Deutschland ist wie die Schweiz ein Wurstparadies, und eine der bekanntesten deutschen Wurstsorten ist die Münchner Weisswurst. In Bayern gibt es dazu nicht nur Anekdoten sondern auch Regeln, wie man sie isst und womit man sie kombiniert.


Die Münchner Weisswurst ist zwar eine Bayrische Spezialität,
doch der AOC-Schutz ist abgelehnt worden.


Ihren Namen verdankt die Weisswurst dem weissen Kalbfleisch und der Tatsache, dass sie weder gepökelt, noch geräuchert oder gebraten wird sondern nur gebrüht und somit weiss auf dem Teller landet. Wie wenn man eine St.Galler Kalbsbratwurst ungebraten verzehren würde (die St. Galler mögen den Vergleich verzeihen). Bei den Zutaten gibt es einige Ähnlichkeiten mit dieser (auch die Bayern mögen diese Behauptung verzeihen):

Gemäss Wikipedia werden die Münchner Weisswürste aus Kalbfleisch, Schweinerückenspeck, gegartem Kalbskopffleisch, Eisschnee, Kochsalz hergestellt und je nach Rezept mit Petersilie, Pfeffer, Zitronenpulver, Macis und Zwiebeln, auch Ingwer und Kardamom gewürzt. Der Muskelfleischanteil muss dabei überwiegend, also zu mindestens 51 %, aus Kalbfleisch sein.

Zum entsehnten Fleisch kommt noch das Häutelwerk, das sich aus gekochten, ausgelösten Kalbskopfteilen mit Haut, Bindegewebsteilen von Kälbern und gekochten Schwarten von jungen Schweinen zusammensetzt. Das Häutelwerk darf nicht mehr als 10 Prozent der Wurstmasse betragen, der Fremdwassergehalt nicht über 25 Prozent, der Fettgehalt nicht über 30 Prozent liegen. Die fertige Wurstmasse wird in Schweinedärme gefüllt und zu 12 bis 15 cm langen Würsten von 80 bis 90 Gramm Gewicht gestossen. Das Erfolgsgeheimnis der Weisswurst liegt wohl darin, dass sie zart und dezent schmeckt.

Am besten schmecken Weisswürste, indem man sie zehn Minuten in ca. 75° C heissem, leicht gesalzenem Wasser wärmt, dem nach Belieben eine Zitronenscheibe hinzugegeben wird. Oder das Wasser zum Kochen bringen, den Herd ausschalten, die Würste ins Wasser geben und zehn Minuten ziehen lassen. Das Wasser darf nicht kochen, sonst platzt die Haut, die Würste verlieren an Geschmack und lassen sich nicht mehr schälen.


In Bayern und auch im Rest von Deutschland werden zu Weisswürsten traditionell süsser Senf, Laugenbrezel und ein frisch gezapftes Weissbier gereicht. Wie isst man sie richtig? Auf keinen Fall mit Messer und Gabel, sagen die Bayern. Und ohne Haut natürlich. Auf Bayrische Art «zuzelt» man die Wurst (auf schwäbisch «schlotzt» man sie): dabei wird das Brät mit den Zähnen aus dem Darm gezogen.

Und wie steht es mit der alten Regel, dass die Weisswürste das Läuten der Mittagsglocken nicht mehr hören dürfen? Die stammt wohl aus der Zeit vor der Erfindung der Kühltechnik, denn das Produkt soll immer frisch verzehrt werden. Eine andere Erklärung meint, dass die Wurst früher in Gaststätten vormittags an Handwerker verkauft wurde, die um die Mittagsstunde den zahlungskräftigeren Bürgern in der Gaststube Platz machen sollten.


In einem Münchner Biergarten


Jenseits des sprichwörtlichen Weisswurstäquators werden sie vergeben - die begehrten europäischen Auszeichnungen und Ehrenpreise für die besten Weisswürste, Seit 34 Jahren versammelt sich allein aus diesem Grund die Feinschmecker-Bruderschaft des Herzogtums Alençon in der gleichnamigen Ortschaft mitten in der Normandie. Hier zelebriert man die Wahl der besten „boudin blanc“, auf gut Deutsch: der „weissen Wurst“.

Feierlich geht es zu, wenn die Weisswurstexperten zu der ehrenden Tat schreiten, In historischen Gewändern, behängt mit schweren Ordensketten, tritt die Jury auf, um die Besten zu küren. Diese vornehme Zeremonie versteht sich als symbolische Verbeugung vor dem traditionellen Metzgerhandwerk. Übrigens schneiden die baden-württembergischen Metzger in der Regel besser ab, als ihre bayrischen Kollegen. 530 Bewerber aus ganz Europa traten 2007 zum Wettbewerb an. Und der Europameistertitel ging in diesem Jahr nach Besigheim!

Die Metzgerei Herbst ist Weisswurst-Europameister.

Seit Jahren nehmen Berthold Herbst und seine Söhne, Ulrich und Wolfgang, am „Championat d’Europe du Meilleur Boudin Blanc“ im französischen Alencon, Normandie, teil. Der europaweit ausgeschriebene Wettbewerb um die beste weisse Wurst, und damit auch Weisswurst, brachte den drei Metzgermeistern schon einige Pokale und Auszeichnungen ein. Der grosse Sieg ging bisher allerdings, oft um Haaresbreite, an ihnen vorbei. In diesem Jahr trugen ihnen ihre Weisswürste erstmals den begehrten, höchsten Titel des „Champion d’Europe“ und damit den Gesamtsieg ein. Nun darf sich die Metzgerei Herbst Europameister nennen und hat die Nase im Weisswurstmachen vorne, auch vor den Bayern unter den 530 Teilnehmern.


Auf sein Geheimnis angesprochen, meint Wolfgang Herbst, der Erfolg sei das Ergebnis einer ausgewogenen, hauseigenen Rezeptur und frischer, hochwertiger Zutaten. Aus frischer Petersilie, frischen Zwiebeln und weich gekochtem, ausgelöstem Kalbskopf, statt gekochter Schweineschwarten, kreieren die drei Besigheimer Metzgermeister, „mit Fingerspitzengefühl“, ihre Sieger-Würste. Diese schmeckten nicht nur den Juroren des 34ten Wettbewerbs besonders gut, sondern munden auch den Kunden aus Besigheim und Umgebung. Dank der Prämierung steig die Nachfrage rapide an. Bis zu 300 Paar Weisswürste verlassen wöchentlich kesselfrisch die Wurstküche und sind rasch abverkauft.

Der Erfolg spricht sich herum und so bestellt seit einigen Monaten auch die gehobene Gastronomie der Region regelmässig Weisswürste für ihre Gäste bei der Metzgerei Herbst. Weit gereiste Kunden nehmen die Weisswürste des Europameisters sogar vakuumiert mit in den Urlaub. Gäste des neuen Hotels „Öchsle“ geniessen entweder Mini-Weisswürstle am Frühstücksbüfett oder ordern sie in der gemütlichen Vesperstube der Metzgerei.

Wer hat sie erfunden? (Ricola war es nicht)

Die bayrische Sage schreibt die Entstehung der Weisswurst auch heute noch dem Münchner Metzger Sepp Moser zu. Der verwendete am Rosenmontag 1857 — leicht benebelt vom Genuss des Weissbiers — normales Salz statt Pökelsalz. So soll die weisse Wurst entstanden sein. Eine weitere gängige Legende besagt, dass der Lehrling Schweinedärme statt der für Kalbsbratwürstchen üblichen Schafsdärme besorgte. Wegen der wartenden Gäste habe Moser in seiner Not die Masse in die empfindlichen Därme gefüllt und — damit diese nicht platzen — die Wurst gebrüht statt gebraten.

Das sind nette Anekdoten, aber das Mutterland der weissen Delikatesse ist in Wahrheit Frankreich, denn hier genoss man die „boudin blanc“ bereits im Mittelalter, Möglicherweise trat die Wurstspezialität mit den napoleonischen Feldzügen ihre Reise über die gallischen Grenzen hinweg an. Kennt man diese Geschichte, so empfindet man es nicht mehr als Stilbruch, wenn in Frankreich zur Weisswurst Weisswein und Weissbrot serviert wird und süsser Senf dazu völlig unbekannt ist.

(Text und Bilder: Petra Götz, Metzgerei Herbst, Guido Böhler)
(gb)

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