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Zincarlìn-Käse wieder entdeckt und von Slow Food gerettet
Der Käse aus dem Tessiner Muggiotal war schon fast vergessen. Marialuce Valtulini produziert ihn nun wieder, und Slow Food macht ihn schweizweit bekannt.



Zincarlìn ist eine beinahe vergessene Käsespezialität: ein Rohmilch-Weichkäse in der Form einer umgekehrten Tasse, aus Kuhmilch oder mit Ziegenmilch gemischt und schwarzem Pfeffer im Käseteig. Geknetet, mit Weisswein affiniert und zwei Monate gereift in Grotti des Monte Generoso. Einzigartig ist auch der intensive, etwas stechende Geschmack.


Hergestellt wird Zincarlinkäse in der Schweiz schon immer nur im Muggiotal. Dort wohnt Luca Cavadini, Präsident von Slow Food Tessin. Dank ihm hat die fast vergessene Rarität den Weg zurück in die Ladenregale gefunden. Der Weg dahin war nicht einfach und nur durch intensive Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten möglich, insbesondere Bauern und traditionsbewussten Einheimischen der Bergregion valle di Muggio, val Mara und Salorino.

Eine davon ist Marialuce Valtulini, eine der derzeit drei Zincarlìn-Produzentinnen in der Schweiz. Sie erinnert sich, wie das war, als sie 2005 die kommerzielle Produktion wieder in Schwung bringen wollten: "Wir haben zwei Jahre lang diskutiert, wie genau und nach welchem Rezept wir den Zincarlìn herstellen wollten", sagt sie. "Als wir nicht weiterkamen, ging ich zu meiner Mutter und sagte zu ihr: "Zeig mir, wie man den Zincarlìn macht."

Mamma Olga erinnerte sich als Bauerntochter genau, wie sie früher den Zincarlìn gemacht hatten. Und ihr Zincarlìn kam an. Denn "das Rezept meiner Mutter ist zwar sehr alt", so die Tochter, "aber auf dem Markt in Mendrisio bestätigten uns die Kunden, dass das Rezept richtig ist".

Valtulini bezieht nicht Kuhmilch, sondern fertigen Frischkäse, so genannten Käseteig, von drei Milchproduzenten im Muggiotal. Diese stellen den Käseteig aus Rohmilch her, was sehr anspruchsvoll in Bezug auf die Hygiene ist. Dazu geben sie Lab in die Milch und lassen sie 24 Stunden ruhen. Die kombinierte Lab-Säuregerinnung bewirkt, dass sich ein leicht säuerlich schmeckender Käseteig bildet. Nach weiteren 24 bis 48 Stunden ist er so weit abgetrocknet, dass er die benötigte geschmeidige Konsistenz für die Weiterverarbeitung aufweist.

Salz, Pfeffer und Weisswein

Und die geht so: Die Zincarlìn-Produzentin gibt Salz und schwarzen Pfeffer zum Käseteig. Aus dem gut durchgekneteten Teig formt sie sodann die Zincarlìn-Käse: Wie bereits erwähnt, sollen sie die Form auf den Kopf gestellter Tassen aufweisen. Damit sich kein ungewollter Schimmel bildet, waschen Valtulinis Teilzeit-Mitarbeiterinnen Rosanna und Marusca jeden Käse während zwei Monaten fast täglich im Weisswein, bis sie genug gereift sind. Dieses Prozedere macht zusammen mit Salz und Pfeffer aus einem Weichkäse einen haltbaren Käse: den Zincarlìn.


Ein tägliches Weisswein-Bad hält den Schimmel fern. (Bild: Brigitte Weidmann)

Die Pflege des Käses mit Weisswein findet dort statt, wo der Zincarlìn auch lagert und reift: in einem alten traditionellen Käsekeller, der sich im selben Haus wie der Zincarlìn-Produktionsbetrieb befindet, in Salorino, am Fusse des Monte Generoso. Ein weiterer Teilzeit-Mitarbeiter hilft mit bei schwereren Arbeiten, etwa beim Herumhieven der Käsemasse oder der Kisten mit dem verkaufsbereiten Zincarlìn. Denn ausser dem Teigkneten wird der Zincarlìn von A bis Z von Hand in Salorino hergestellt: vom Käseteig bis hin zum fertig abgepackten und etikettierten Produkt. "Wir alle tragen zum Resultat, dem Zincarlìn, bei", meint Valtulini, "er ist ein Gemeinschaftswerk".

Erfolgreiche Vermarktung

Die dritte im Bunde für die Neulancierung der Zincarlìn-Produktion ist Cristina Solari. Als Regional-Sekretärin des Gemeindevereins Valle di Muggio, Val Mara und Salorino hat sie das Projekt mitverfolgt und unterstützt. Wichtig für den Erfolg des Zincarlìn-Projektes war die Gründung der Zincarlìn Sagl, das heisst GmbH. "Knapp die Hälfte des Kapitals kommt vom privatrechtlich organisierten Gemeindeverein", so Solari. Die andere Hälfte steuerten Privatpersonen bei sowie die Bauernvereinigung des Val die Muggio, "l’associazione prodotti Val di Muggio".

Mit ihrer Produktions- und Vermarktungsstrategie war die Zincarlìn Sagl bis anhin erfolgreich. Obwohl die Nachfrage nach Zincarlìn nicht immer dann am grössten ist, wenn es auch am meisten Milch und Zincarlìn gibt, nämlich im Frühling. Als wichtigste Abnehmer konnten Manor Tessin und Coop gewonnen werden. Zudem verkauft Valtulini den Zincarlìn auf dem Wochenmarkt in Mendrisio. Die viele Handarbeit macht den Zincarlìn allerdings teuer, denn jeder Zincarlìn braucht eine ganze Stunde Handarbeit vom Formen bis in die verkaufsbereite Verpackung.

Die Käsemasse-Produzenten erhalten Fr. 1.50 bis 1.60 pro Liter Milch. Sie liefern allerdings nicht Rohmilch, sondern Käsemasse, für deren Herstellung sie auch eine Entlöhung brauchen. Hinzu kommt der Faktor Rohmilchrisiko, denn "die Verarbeitung von Rohmilch ist heikel", wie Valtulini sagt. Die risikoreiche Produktion lohnt sich aber: 2005 holte der Zincarlìn am Schweizer Wettbewerb der Regionalprodukte eine Silbermedaille, 2007 sogar eine Goldmedaille.



Anspruchsvolle Produktion

Frischkäse aus Rohmilch herzustellen ist seit anfangs der Neunzigerjahre sehr schwierig geworden. Denn damals wurde die Lebensmittelverordnung verschärft, insbesondere was die maximal zulässige Zahl ganz bestimmter Keime im Frischkäse anbelangt. Dies hat dann auch dazu geführt, dass der Zincarlìn nur noch in Privathaushalten des Muggiotals und nicht mehr kommerziell produziert wurde. Um Rohmilch zu Käse verarbeiten zu können, müssen die Käseproduzenten seit der Verschärfung der Lebensmittelverordnung jede Käseteig-Lieferung auf bestimmte Keime überprüfen lassen sowie die Rückverfolgbarkeit jeder Lieferung gewährleisten können. Dies ist sehr aufwendig.

Wieder das Terroir essen

Der Präsident von Slow Food Tessin, Luca Cavadini, möchte die Leute dahin bringen, "dass sie wieder das Terroir essen". Dies habe nichts mit Selbstversorgung zu tun, sagt er. Sondern damit, das zu essen, was an einem Ort vorhanden ist oder was dort ein bestimmter Boden (oder auch Gewässer) unter gegebenen klimatischen Verhältnissen hervorbringt.

Was er mit "wieder das Terroir essen" meint, erklärt Cavadini am Beispiel des Schicksals der Tessiner Seefische: bis vor kurzem wurden etwa 80 Prozent davon zu Hühnerfutter verarbeitet. Dabei seien die Fische wie beispielsweise Egli, Trüsche oder Zander exzellente Speisefische. Ein Erfolg ist für Cavadini der rote Mais, "il rosso del Ticino", eine alte lokale Tessiner Maissorte, wurde fast nicht mehr angebaut im Tessin. Erst die Vermarktung durch Slow Food und weitere Organisationen konnte den Anbau des rosso del Ticino wieder ankurbeln. (Text und teilweise Bilder: LID / Brigitte Weidmann)
(gb)

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